Anspruch auf Kindergeld während der Ausbildung
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Grundsätzlich können Eltern nur für ihren minderjährigen Nachwuchs Kindergeld verlangen. Bei volljährigen Kindern ist ein Kindergeldbezug dagegen nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig (§ 32 IV Einkommensteuergesetz (EStG)). So besteht insbesondere ein Anspruch auf Kindergeld, wenn der Sprössling das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird.
Doch besteht der Anspruch fort, wenn das Kind bereits eine Ausbildung erfolgreich absolviert hat, aber einen weiterführenden Abschluss anstrebt?
Kindergeld gibt es nur in der Erstausbildung
Eine junge Frau wollte Immobilienfachwirtin werden. Zu diesem Zweck musste sie zunächst eine Ausbildung zur Immobilienkauffrau erfolgreich absolvieren, eine mindestens einjährige Berufserfahrung in Vollzeit vorweisen und den Lehrgang „geprüfter Immobilienfachwirt/geprüfte Immobilienfachwirtin“ besuchen.
Weil sie daher nach ihrer Lehre zur Immobilienkauffrau einer Vollzeitbeschäftigung in einem Unternehmen nachging, wollte die Familienkasse im Jahr 2015 kein Kindergeld mehr zahlen. Dem trat die Mutter der Lernwilligen entgegen. Ihre Tochter habe ihr angestrebtes Berufsziel noch lange nicht erreicht – sie befinde sich bis Februar 2017 vielmehr noch immer in ihrer Erstausbildung. Weil sie erst im Dezember 2016 25 Jahre alt werde, müsse auch bis zu diesem Zeitpunkt Kindergeld gezahlt werden. Der Streit der Parteien endete vor Gericht. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz entschied, dass die Familienkasse bis einschließlich Dezember 2016 Kindergeld an die Mutter der Auszubildenden zahlen musste.
Kindergeld trotz Erwerbstätigkeit?
Vorliegend hatte die junge Auszubildende von Anfang an den Abschluss „Immobilienfachwirtin“ angestrebt. Diesen konnte sie aber nicht erreichen, ohne zuvor einen entsprechenden Lehrgang besucht, eine Ausbildung zur Immobilienkauffrau absolviert und mindestens ein Jahr Berufserfahrung gesammelt zu haben. Zwar entfällt der Anspruch der Eltern auf Kindergeld grundsätzlich, wenn das Kind in seinem Ausbildungsberuf tätig wird. Hier aber diente die Arbeit in Vollzeit allein der Erfüllung der Ausbildungsvoraussetzungen.
Auch begann sie mit der weiterführenden Ausbildung kurz nach Abschluss der Lehre zur Immobilienkauffrau. Weil somit der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang der Ausbildungsmaßnahmen zu bejahen war und auch der Vollzeitjob lediglich dazu diente, ihr angestrebtes Berufsziel „Immobilienfachwirtin“ zu erreichen, gab es keinen Grund, der Mutter den Anspruch auf Kindergeld bis einschließlich Dezember 2016 – dem Geburtsmonat ihrer Tochter – zu verwehren (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 28.06.2017, Az.: 5 K 2388/15).
Mehrere Ausbildungsmaßnahmen als Erstausbildung?
Solange das Kind noch keine 25 Jahre alt ist und sich in seiner Erstausbildung befindet, können seine Eltern Kindergeld nach den §§ 62 I Nr. 1, 63 I 1 Nr. 1, 32 IV I Nr. 2a EStG fordern. Bei der Frage, wann die Erstausbildung abgeschlossen ist, kommt es jedoch maßgeblich darauf an, welches Berufsziel das Kind von Anfang an angestrebt hat. Kann dieses Berufsziel nur erreicht werden, indem zunächst eine andere Ausbildung absolviert wird, führt deren Abschluss noch nicht zum Entfallen des Kindergeldanspruchs. Voraussetzung ist aber nicht nur, dass die weiterführende Ausbildung kurz nach Abschluss der ersten Lehre fortgesetzt wird – erforderlich ist vielmehr auch ein sog. sachlicher Zusammenhang, indem beide Ausbildungsberufe insbesondere demselben Fachbereich angehören.
Beispiele:
Schließt das Kind zuerst eine Lehre zum Bankkaufmann ab und beginnt es danach eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker, liegen zwei unterschiedliche Ausbildungen vor, die fachlich nichts miteinander zu tun haben. Hier stellt der Abschluss der ersten Ausbildung keine Voraussetzung für die zweite dar. Die Eltern können daher kein Kindergeld mehr verlangen.
Strebt das Kind den Abschluss „Master“ an, muss es zuvor zwingend bereits einen Studiengang abgeschlossen haben. So setzt z. B. der juristische Abschluss LL.M. (Master of Laws) voraus, dass der Nachwuchs zuvor entweder das Erste Juristische Staatsexamen oder den LL.B. (Bachelor of Laws) abgeschlossen hat. Hier besteht im Regelfall ein zeitlicher und – aufgrund desselben Fachgebiets – auch ein sachlicher Zusammenhang. Der Kindergeldanspruch entfällt somit nicht bereits mit Abschluss des Bachelors, sondern grundsätzlich erst mit Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes oder – wenn es den Abschluss früher schafft – mit Erhalt des Masters.
Kein Anspruch auf Kindergeld bei nebenberuflicher Ausbildung
Volljährige Kinder, die schon eine Erstausbildung absolviert haben, können kein Kindergeld mehr für eine berufsbegleitende Weiterbildung beanspruchen, wenn ihre Erwerbstätigkeit überwiegt. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit darf nicht mehr als 20 Stunden betragen. In einem Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) weitere Voraussetzungen genannt.
Der BFH wies die Klage auf Kindergeld der Mutter einer 1993 geborenen Tochter ab. Letztere hatte im September 2015 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an einer Dualen Hochschule mit einem Bachelortitel abgeschlossen. Anschließend nahm sie ein fünfsemestriges Masterstudium im Fach Wirtschaftspsychologie auf. Zugleich arbeitete die junge Frau ab Oktober 2015 Vollzeit in ihrem früheren Ausbildungsbetrieb. Die Vorlesungen ihres Masterstudiums fanden teilweise am Wochenende und am Abend statt.
Weitere Kindergeldzahlungen lehnte die Familienkasse ab. Die Begründung lautete, die Tochter habe ihre Erstausbildung mit ihrem Bachelorstudium abgeschlossen. Die während ihres danach begonnenen Masterstudiums ausgeübte Erwerbstätigkeit sei zu umfangreich. Das schließe einen weiteren Kindergeldanspruch aus. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Mutter gegen die Ablehnung statt. Es nahm an, das Masterstudium sei noch Teil der Erstausbildung. Die Familienkasse legte gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof in München ein.
Der BFH stimmte der Entscheidung der Familienkasse zu. Zwar bestehe auch nach dem Abschluss eines Erststudiums oder einer erstmaligen Berufsausbildung ein Kindergeldanspruch, wenn ein Kind anschließend eine weitere Ausbildung verfolgt. Der Anspruch hat jedoch folgende weitere Voraussetzungen:
Das Kind ist noch keine 25 Jahre alt.
Die weitere Ausbildung hat einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erstausbildung.
Das Kind darf während der Ausbildung keine Erwerbstätigkeit ausüben, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst.
Damit ein Kindergeldanspruch besteht, muss die weitere Ausbildung dagegen die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellen. Andere Anzeichen dafür, dass stattdessen die Erwerbstätigkeit überwiegt, sind,
ein unbefristeter oder auf mehr als 26 Wochen befristeter Arbeitsvertrag mit Vollzeitbeschäftigung oder annähernd Vollzeitbeschäftigung.
Ausbildungszeiten, die sich nach der Beschäftigung richten, wie z. B. Abend- oder Wochenendkurse.
Das Kindergeld beträgt 255 € je Kind seit Beginn 2025. Die unterschiedliche Kindergeldhöhe für das dritte Kind, vierte Kind und weitere Kinder ist bereits 2023 entfallen.
(VOI; KKA)
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