Leitungswasserschaden während des Urlaubs - zu OLG Celle 14 U 135/20

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Das Abdrehen des Hauptwasserhahns ist keine Obliegenheitspflicht dar, die der Versicherungsnehmer nach dem Verlassen einer versicherten Immobilie vornehmen muss, um einem Leitungswasserschaden vorzubeugen, wenn er keinerlei Anhaltspunkte für einen drohenden Schaden hat. 


Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall schrieb der Versicherte eine Zahnarztpraxis und war gegen Leistungswasserschäden versichert. Die Zahnarztpraxis verfügte über eine Desinfektionsanlage, die an Rohrleitungen der Wasserversorgung angeschlossen war.

Während eines zweiwöchigen Urlaubs der Praxis kam es wegen einer fehlerhaften Rohrverbindung zu einem Wasserschaden.


Die Versicherung hatte den Schaden gegenüber der Zahnarztpraxis reguliert und wollte sich dann gegenüber dem Handwerksbetrieb wegen der fehlerhaften eingebauten Rohrverbindung schadlos halten. Dabei stellte sich die Frage, ob den Praxisbetreiber ein Mitverschulden traf. In diesem Zusammenhang waren die Obliegenheitspflichten des Versicherten zu klären.


Die Auffassung der Versicherung

Die Versicherung vertrat die Auffassung, dass den Versicherungsnehmer ein Mitverschulden trifft, weil er den Hauptwasserhahn während der Urlaubszeit nicht abgedreht hatte.


Die Auffassung des Gerichtes

Das OLG Celle entschied den Fall zulasten des Versicherersdahingehend, dass es für den Versicherungsnehmer keine Obliegenheit darstellt, während einer zweiwöchigen Abwesenheit den Hauptwasserhahn zuzudrehen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für ein defektes Rohrsystem erkennbar sind.

"Welche Maßnahmen zur Verhinderung eines Wasserschadens zu treffen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, zum Beispiel nach dem Alter des Anwesens und seinen Versorgungsleitungen, nach der Aufteilung der Wohneinheiten, nach der Umgebung des Hauses sowie nach der jeweiligen jahreszeitlichen Witterung (BGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – VII ZR 74/15 –, Rn. 25, juris). Schutz- und Obliegenheitspflichten, die ein Mitverschulden begründen, müssen danach der Vermeidung realistisch drohender Schäden dienen. Nicht jede denkbare, mögliche und ggf. sogar sinnvolle Schutzmaßnahme führt bei ihrem Unterlassen zu einem Mitverschulden des Versicherungsnehmers, wenn im Gegenzug der Schadenseintritt denkbar unrealistisch ist.


Nach diesen Maßstäben erachtet der Senat die Anforderung, der Hauptwasserhahn müsse bei Verlassen der Praxis zugesperrt werden, um der Gefahr von Rohrbrüchen vorzubeugen, für überspannt. Denn das Abdrehen eines Hauptwasserhahnes nach dem Verlassen einer Wohnung, um einen Rohrbruch zu verhindern, ist weder üblich, noch kann es von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verlangt werden."


Resümee

Letztlich bleibt es immer eine Einzelfallentscheidung, welche Pflichten den Versicherungsnehmer treffen. Bei Immobilienversicherungen wird sich der Versicherungsnehmer immer an dem ihm bekannten Zustand des Objektes messen lassen müssen. Soll heißen: Den Bewohner eines Neubaus treffen geringere Obliegenheitspflichten als den Bewohner und Nutzer eines Altbaus. Zudem wird auch immer eine Rolle spielen, ob eine Besitzer eines Altbaus Vorschäden oder andere Schwachstellen bereits bekannt sind. Dies kann beispielsweise wegen bereits eingetretener Schäden aus der Vergangenheit oder wegen der Kenntnis von Schäden bei Nachbarn in einem ähnlichen Objekt der Fall sein.

Foto(s): Müller & Dr. Paul


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