LG Traunstein: Formfehler in Abmahnung: Keine Abmahnkosten, Rechtsverteidigungskosten sind zu ersetzen

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Seit Dezember 2020 gibt es erhebliche Änderungen im Wettbewerbsrecht (UWG). Der Gesetzgeber wollte gegen die vielfachen Massenabmahnungen, gerade bei Verstößen im Internet vorgehen. Seit Dezember 2021 gilt die nächste Stufe dieser Gesetzesänderung. Folge ist, dass eine Abmahnung erhebliche formale Anforderungen erfüllen muss. Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG muss über die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG informiert werden.

In der Praxis bedeutet dies, dass über das Wettbewerbsverhältnis in der Abmahnung selbst informiert werden muss. Der früher übliche Hinweis, die Parteien würden im Wettbewerb stehen, weil sie gleiche oder ähnliche Waren anbieten, reicht somit nicht mehr aus. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche können nur von dem Mitbewerber geltend gemacht werden, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt. Der Abmahner muss daher ein „echter“ Wettbewerber sein. Der Gesetzgeber wollte insbesondere verhindern, dass quasi nicht existente Online-Anbieter massenhaft abmahnen, was früher häufig vorkam.

Jedenfalls muss in jeder Abmahnung im Wettbewerbsrecht (UWG) von einem Wettbewerber seit Dezember 2021 etwas darüber gesagt werden, wo und wie umfangreich der Abmahner tätig ist.

Fehlt diese Information, ist die Abmahnung zwar nicht unberechtigt. Unterlassungsansprüche können weiterhin geltend gemacht werden. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten. Der Abgemahnte kann zudem seine Rechtsverteidigungskosten (Rechtsanwaltskosten) gegenüber dem Abmahner geltend machen. Der Abgemahnte spart sozusagen doppelt.

In der Praxis wird diese Neuregelung im UWG immer noch übersehen.

LG Traunstein: Rechtsverteidigungskosten sind zu ersetzen, wenn keine Informationen zum Wettbewerbsverhältnis

Das Landgericht Traunstein (LG Traunstein, Urteil vom 23.09.2022, Az. 1HK O 436/22, n. rkr.) hatte über genau so einen Fall zu entscheiden. Wir von internetrecht-rostock.de hatten in diesem Verfahren den Abgemahnten vertreten.

Es war zweimal abgemahnt worden, für eine Abmahnung waren ausschließlich die Abmahnkosten eingeklagt worden. Die Rechtsverteidigungskosten für eine der beiden Abmahnungen waren im Wege der Widerklage geltend gemacht worden. Das Gericht hatte den Abmahner dazu verurteilt, die Rechtsverteidigungskosten des Abgemahnten zu erstatten, da die formellen Voraussetzungen der Abmahnung nicht eingehalten wurden:

„Die Klägerin hat entgegen des § 13 II Nr. 2 UWG in der Abmahnung nicht klar und verständlich über die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 III UWG informiert. Nach dieser Vorschrift, die seit dem 02.12.2020 gilt, muss die Klägerin als Abmahnende darlegen, dass sie eine Mitbewerberin der Beklagten ist, die Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichen Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt. Insoweit ist mit der gesetzlichen Neuregelung eine Verschärfung der Anforderungen an die Anspruchsberechtigung nach § 8 III Nr. 1 und 2 UWG erfolgt, woraus eine Steigerung der Darlegungslast in der Abmahnung folgt. Auch wenn sich bei einem Mitbewerber die Anspruchsberechtigung aus den Umständen ergeben wird, sind mit Blick auf § 8 III Nr. 1 UWG Angaben darüber erforderlich, dass der abmahnende Mitbewerber die Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichen Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt. In der Abmahnung sind daher unverlangt jedenfalls Größenkategorien der Zahl der Verkäufe anzugeben und diese Angaben müssen hinreichend aussagekräftig sein…“

Hinweis auf Mitbewerbereigenschaft reicht nicht, selbst wenn zuvor bereits abgemahnt wurde

Hierzu führt das Landgericht aus:

„Die Abmahnung der Klägerin enthält in dieser Richtung keinerlei Angaben.

Die Klägerin führt lediglich aus, dass die Beklagte eindeutig Mitbewerberin der Klägerin sei; es fehlen aber jegliche Ausführungen zum Umfang der Vertriebstätigkeit. Das ist nach den gesetzlichen Vorgaben ungenügend.

§ 242 BGB steht dem nicht entgegen und die Beklagte kann sich auf Verletzung der vorgenannten Anschrift berufen.

Soweit sich beispielsweise Parteien kennen oder es sich um allgemein bekannte Marktakteure handelt, kann es im Einzelfall treuwidrig sein, soweit der Unterlassungsverpflichtete konkrete Angaben in Richtung der Mitbewerberstellung fordert, da er diese bereits kennt.

In diese Richtung trägt die aber Klägerin nichts vor. Der Kammer ist die Klägerin jedenfalls nicht als Marktakteurin allgemein bekannt. Der bloße Umstand, dass die Klägerin drei Monate zuvor am …bereits eine Abmahnung - in der sie ebenfalls keinerlei Ausführungen zu ihrer Vertriebstätigkeit machte - gegen die Beklagte ausgesprochen hat, genügt nicht. Auch wurde erstmals im gegenständlichen Verfahren die frühere Abmahnung gerichtlich geprüft.“

Im Rahmen einer Beratung einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung prüfe ich selbstverständlich, ob die Formalien eingehalten wurden. Rechtsfolge kann sein, dass die Abmahnkosten nicht zu erstatten sind und Ihre Kosten für eine anwaltliche Vertretung gegenüber dem Abmahner durch diesen zu erstatten sind.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

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Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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