Masernimpfung eines Kindes

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Das Amtsgericht Dieburg hat am 7. Dezember 2020 der Kindesmutter die Entscheidungsbefugnis betreffend die altersentsprechende Durchführung der Standardimpfungen gemäß den Empfehlungen der ständigen Impfkommission des Robert Koch-Instituts übertragen.

Eltern eines 2 Jahren alten Kindes streiten um die Durchführung der Standard Schutzimpfungen für ihr Kind.

Das Gericht hatte deshalb darüber zu entscheiden, einem Elternteil die Entscheidung unter Wahrung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG zu übertragen. Dadurch soll der im Rahmen der Sorgerechtsausübung aufgetretene Konflikt der Eltern gelöst werden. Die aufgrund § 1628 BGB zu treffende Entscheidung richtet sich gemäß § 1697a BGB nach dem Kindeswohl. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. Ob und inwiefern das Kindeswohl berührt ist, ist nach der Eigenart der zu regelnden Angelegenheit zu beurteilen, aus der sich auch die konkreten Anforderungen an die für die Entscheidung zutreffende Prüfung ergeben.

Die Kindesmutter will das Kind impfen lassen, der Kindesvater hat seine Zustimmung verweigert, das Gericht hat entschieden, dass die Kindesmutter für das Kindeswohl das bessere Konzept verfolgt. Der Nutzen der Impfungen überwiegt das Impfrisiko. Die Impfempfehlungen der STIKO sind in der Rechtsprechung des BGH als medizinischer Standard anerkannt. Die STIKO ist eine Kommission die beim Robert Koch-Institut eingerichtet ist. Sie hat als sachverständiges Gremium die Aufgabe, Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen und anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten zu geben und Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung zu entwickeln. Zweck Desinfektionsschutzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Impfungen dienen demnach dem Wohl des einzelnen im Hinblick auf eine mögliche Erkrankung und in Bezug auf die Gefahr einer Weiterverbreitung dem Gemeinwohl. Auch mit dem letztgenannten Aspekt haben sie einen Bezug zum Schutz des individuellen Kindeswohl, weil das Kind -wenn es etwa noch nicht im impffähigen Alter ist- von der Impfung anderer Menschen, insbesondere anderer Kinder und der damit gesenkten Infektionsgefahr profitiert.

Einem dem entgegenstehenden Erfahrungssatz hat der Kindesvater nicht aufgezeigt. Seine Behauptung, geimpfte Kinder würden genauso häufig oder häufiger krank als nicht geimpfte Kinder, hat er weder konkret dargelegt noch nachgewiesen. Es gibt keine Belege für diese Behauptung. Das RKI kommt zu dem Schluss, dass Krankheiten wie grippale Infekte, Mittelohrentzündungen oder Bronchitis weder wesentlich häufiger noch seltener bei geimpften Kindern auftreten. Selbst wenn die Behauptung des Kindesvaters der Wahrheit entspräche, haben diese Krankheiten weitaus weniger schwerwiegende Folgen für die Kinder als z.B. Masern oder Polio. Die Behauptung des Kindesvaters alleine vermochte bei dem Gericht keine Zweifel an der Einschätzung der STIKO hervorrufen.

Die Vorteile der Impfungen überwiegen die Nachteile. Als Nachteil ist lediglich die Gefahr von Nebenwirkungen zu bewerten. Das Gericht führte aus, dass der Nutzen jegliches Risiko überwiegen würde. Ein weiterer Vorteil der Impfungen sei bezüglich der Masernimpfung die Aufnahme in den Kindergarten. Seit dem 1. März 2020 gilt in Deutschland das Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention, nach dem Eltern nachweisen müssen, dass ihr Kind gegen Masern geschützt ist, bevor es in die Schule oder den Kindergarten geht. Ohne die Masernimpfung könnte das Kind also nicht in den Kindergarten gehen. Für eine soziale Entwicklung ist der Kindergarten jedoch förderlich. Im Kindergarten wird durch die pädagogische Betreuung der Kinder gewährleistet, dass die Entwicklung der Kinder im wichtigen Bereich gefördert wird. Wahrnehmung, Sprache sowie Bewegung und Koordination, Denken, Emotionalität und Empathie werden spielerisch ausgebaut. Dies kann weder die Kindesmutter noch der Kindesvater zu Hause leisten. Auch der Kontakt zu anderen Kindern sei besonders wichtig.

Denn spätestens mit 6 Jahren besteht die Schulpflicht, sodass Kinder der Masernimpfung nicht dauerhaft entgehen können.

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