Maskenpflicht an Schule gekippt

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Eine Mutter hat für ihre beiden 8 und 14-jährigen Kinder ein Verfahren vor dem Familiengericht in Weimar wegen Gefährdung des Kindeswohls angestrengt. Als Begründung hierfür führt sie an, dass die Kinder durch die Pflicht zum Tragen von Masken, die Einhaltung der Abstandsregeln und durch die anstehenden Testungen "physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt würden, ohne dass dem ein verhältnismäßiger Nutzen für die Kinder oder Dritte gegenüberstehe. Zugleich würden zahlreiche Rechte der Kinder und ihrer Eltern aus Gesetz, Verfassung und internationalen Konventionen verletzt".

Nach der Pressemitteilung des Amtsgerichts Weimar vom 12.04.2021 teilte der für dieses Verfahren zuständige Richter diese Auffassung. Der Familienrichter hat am 08.04.2021 im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung unter anderem beschlossen, dass es den Leitungen und Lehrern an zwei Schulen sowie deren Vorgesetzten untersagt ist, anzuordnen, dass die Kinder Masken tragen, Abstände einhalten und an Schnelltests teilnehmen sollen (AG Weimar, Beschl. vom 08.04.2021, Az.: 9 F 148/21). Zudem müsse weiterhin Präsenzunterricht stattfinden. Die Entscheidung entfalte ihre Wirkung auch gegenüber den Mitschülern. Die 192 Seiten umfassende Entscheidung des Einzelrichters weist als Verfahrensbeteiligte zwei minderjährige Kinder, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, sowie den durch den Einzelrichter bestellten Verfahrensbeistand auf.

Der Einzelrichter geht von der Zuständigkeit der Familiengerichte aus und hat die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges verneint. Die für die Schulen zur Eindämmung der Pandemie beschlossenen Maßnahmen stammen aus der Allgemeinverfügung vom 31. März 2021 zum Vollzug der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sport (ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO), für welche eigentlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

Der Richter begründet seine Entscheidung mit einer Sonderzuweisung an die Familiengerichte im Falle von Kindeswohlgefährdung. Die Maßnahmen aus der Allgemeinverfügung hält er für das Kindeswohl gefährdend und unverhältnismäßig – und damit für verfassungswidrig und nichtig. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob es in den Kompetenzbereich eines Familienrichters fällt oder es nicht sogar seine Verpflichtung ist über die Verfassungsmäßigkeit einer Allgemeinverfügung und deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, hier § 1666 BGB, zu überprüfen. Der Erlass von Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 BGB fällt zumindest unstreitig in seinen Kompetenzbereich.

Das Bildungsministerium Thüringen stellt am 11.04.2021 hierzu fest, der Beschluss habe keine Auswirkungen auf Thüringen. Er werfe erhebliche verfahrensrechtliche Zweifel auf. Eine ordnungsgemäße Bekanntgabe des Beschlusses sei bisher nicht erfolgt, so dass der Beschluss weder den Schulen noch der Landesregierung in schriftlich ausgefertigter Form vorlege. Bisher kenne man lediglich eine Mail an die Schulleitungen.

Da wirft jedoch die Frage auf, wie in Unkenntnis des konkreten Beschlusses bereits jetzt erhebliche verfahrensrechtliche Zweifel bestehen können und die Feststellung getroffen werden kann, dass dieser Beschluss keinerlei Auswirkungen auf Thüringen haben kann. Auch wenn die Entscheidung viele Fragen aufwirft, handelt es sich dennoch um eine gerichtliche Entscheidung, welche befolgt werden sollte und deren Inhalt, wie die Nichtigkeit der Allgemeinverfügung, nicht einfach ignoriert werden darf. Für die Überprüfung solcher unliebsamer Entscheidungen bleibt, wie auch in allen anderen Fällen, der Rechtsweg offen.

Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, besteht die Möglichkeit auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden. Im Anschluss wäre der Beschwerdeweg zum Oberlandesgericht Jena eröffnet.

Zudem seien zwischenzeitlich drei Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung bei der Staatsanwaltschaft Jena eingegangen.

Es bleibt nunmehr abzuwarten, welche Gerichtsbarkeiten, wie Amts-, Oberlandes- und Strafgericht künftig noch mit der Angelegenheit befasst werden.

Bei weiteren Fragen stehen Ihnen die im Familienrecht erfahrenen Anwälte in der Kanzlei WTB Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne zur Verfügung. Selbstverständlich beraten und vertreten wir Sie dabei bundesweit.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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