Medizinische Notwendigkeit: Häufigster Streitpunkt mit der PKV

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Die PKV will nicht zahlen

Eine medizinische Behandlung, neue Brillengläser, Hörgeräte oder sonstige medizinische Anschaffungen können teuer sein. Umso ärgerlicher ist es, wenn die eingereichte Rechnung des Arztes oder von getätigten Aufwendungen von der Privaten Krankenversicherung nicht übernommen wird. Hierüber streiten Privatversicherte mit Ihrer PKV am häufigsten. Dabei berufen sich die Privaten Krankenversicherungen auf das Argument, dass eine medizinische Notwendigkeit für die Behandlung oder Anschaffung nicht bestand.

Damit müssen Sie sich nicht abfinden. 

Um böse Überraschungen zu vermeiden, haben Sie nach den gängigen Versicherungsbedingungen der Privaten Krankenversicherungen die Möglichkeit, bei Ihrer privaten Krankenversicherung zu erfragen, ob sie die Kosten der Heilbehandlung übernimmt, falls diese voraussichtlich über 2000 Euro liegen werden. In den Musterbedingungen des PKV-Verbandes MB/KK 09, die viele Versicherer zur Vertragsgrundlage gemacht haben, ergibt sich dieses Auskunftsrecht aus § 4 Abs. 7 MB/KK 09. Falls es zu einer negativen Entscheidung kommt, Ihr Krankenversicherer sich also weigert, entstehende Kosten zu übernehmen, können Sie die ablehnende Entscheidung Ihres Versicherers - notwendigenfalls unter anwaltlicher Zuhilfenahme - überprüfen lassen. 

Im nächsten Abschnitt erläutern wir Ihnen, wann aus juristischer Sicht von medizinischer Notwendigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen der Privaten Krankenversicherungen auszugehen ist. Liegt diese vor, ist die PKV zur Übernahme der Kosten verpflichtet. 

Bei medizinischer Notwendigkeit müssen Kosten übernommen werden

Die medizinische Notwendigkeit ist Dreh- und Angelpunkt bei der Frage, ob die PKV die Kosten einer medizinischen Behandlung oder Anschaffung übernehmen muss oder nicht. Für den Bundesgerichtshof ist eine Behandlung medizinisch notwendig, wenn sie aus medizinisch objektiver Sicht im Zeitpunkt der Behandlung berechtigterweise als solche angesehen werden durfte (BGH mit Urteil vom 30.6.2010 – IV ZR 163/09).

Dabei ist nicht entscheidend, dass mit der gewählten Behandlungsmethode seitens des Arztes der Heilungserfolg eintritt. Es reicht aus, wenn hierdurch eine Linderung erzielt werden kann oder die Therapie nach dem Stand des medizinischen Wissens zur Heilung geeignet ist.

Dabei können im Streitfall weder der behandelnde Arzt selbst noch die PKV bestimmen, ob die medizinische Notwendigkeit bestand. In einem Rechtsstreit würde diese Beurteilung maßgeblich von einem unabhängigen Sachverständigen vorgenommen werden.

Was können Sie im Streit mit der PKW tun!?

Lehnt die PKV die Kostenübernahme ab, können Sie dies von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen. Denn oftmals sind die Argumente des Ablehnungsbescheids angreifbar. Entweder bestreitet die PKV, dass eine Krankheit vorgelegen habe oder sie führt an, dass eine andere Behandlungsmethode kostengünstiger gewesen wäre und zum gleichen Erfolg geführt hätte. Das sind die von uns, KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei, meist gehörten Einwände.

Dabei ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Urteil des BGH vom 12.3.2003, IV ZR 278/01 m.w.N.) klar, dass eine Kostenübernahme mit dem alleinigen Hinweis auf kostengünstigere Behandlungsmethoden nicht abgelehnt werden darf: „Es kommt nicht auf die bloße Vertretbarkeit aus medizinischer Sicht, sondern auf die Vertretbarkeit der medizinischen Notwendigkeit an. Die medizinische Notwendigkeit darf nicht mit dem Hinweis verneint werden, dass es billigere Behandlungsmöglichkeiten gibt.“

Wichtig zu wissen ist, dass innerhalb der PKV mitunter Uneinigkeit darüber besteht, ob die gewählte Behandlungsmethode als medizinisch notwendig angesehen werden kann. Das hängt nämlich auch vom jeweiligen Sachbearbeiter ab. Ein Rechtsanwalt erkennt schnell, ob der Einwand von der Privaten Krankenversicherung vorgeschoben wird, um Kosten zu vermeiden.

Falls Ihnen die Kostenübernahme verweigert wird, haben Sie folgende Handlungsmöglichkeiten:

  • Sie können den Arzt bitten, eine gutachterliche Stellungnahme abzufassen, die Sie der PKV vorlegen können.
  • Ein anwaltliches Gutachten oder Schreiben kann der PKV Fehler vor Augen führen und zu einem Einlenken bewegen.
  • Bei geringen Streitwerten kann selbst vor den Zivilgerichten geklagt werden; bei höheren Streitwerten muss vor dem Landgericht geklagt werden, vor denen jedoch gesetzlich bestimmt nur mit einem Rechtanwalt verhandelt werden kann.


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