Signa spricht 40 Kündigungen aus: Was bringt die Zukunft für Mitarbeiter von Galeria, Kaufhof & Karstadt?

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Die insolvente Signa Holding hat angekündigt, sich von einem Großteil Ihrer Angestellten zu trennen. Die Holding kündige danach insbesondere Personal für Flüge, Sicherheit, Veranstaltungen, Geschäftsanbahnungen und Jagden, teilte der Sanierungsverwalter Christof Stapf mit.

Viel brisanter ist aber die Frage, was mit den zahlreichen Gesellschaften, die der Signa Holding untergeordnet sind, geschieht. Denn zur Signa Gruppe gehören sowohl zahlreiche Immobilienprojekte, wie der Elbtower als auch Kaufhäuser wie Galeria Karstadt und Kaufhof oder das Berliner KaDeWe.

Bislang haben neben der Holding auch die Online-Sporthandelssparte und eine Immobilienverwaltungseinheit in Deutschland Insolvenzen angemeldet. Die Signa Retail Selection AG mit Sitz in der Schweiz kündigte an, die Gesellschaft geordnet abzuwickeln. Signa Retail ist auch die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof zugeordnet. Damit aber stellt sich schon jetzt für zahlreiche Angestellte der Signa Gesellschaften in Deutschland die Frage, welche Konsequenz eine Insolvenz für ihr Arbeitsverhältnis hätte.

Kündigung aufgrund von Insolvenz: Ihre Rechte als Mitarbeiter*In

Wenn ein Gericht ein Insolvenzverfahren über einen Betrieb eröffnet, sind dies für Mitarbeiter*Innen natürlich keine guten Neuigkeiten. Doch grundsätzlich ändert sich zunächst nichts am Bestand des Arbeitsverhältnis selbst, wenn das Insolvenzverfahren über den Arbeitgeber eröffnet wird. Denn der Insolvenzverwalter tritt an die Stelle des Arbeitgebers, wobei sämtliche Rechte und Pflichten übernommen werden.

Eine Ausnahme bildet jedoch die Kündigungsfrist, die gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 der Insolvenzordnung (InsO) auf drei Monate festgesetzt wird. Dieses Sonderkündigungsrecht steht dem Insolvenzverwalter zu, es sei denn, es wurde vertraglich eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart. Gesetzliche Sonderkündigungsschutzbestimmungen für Frauen im Mutterschutz, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder bleiben weiterhin gültig. Wenn aufgrund langer Betriebszugehörigkeit eine längere Kündigungsfrist zugestanden hätte, können Insolvenzgläubiger nach §113 InsO Schadenersatz geltend machen.

Wer zahlt den Lohn während der Insolvenz? 

Auch wenn ein Insolvenzverfahren über den Arbeitgeber eröffnet wurde, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vereinbarten Lohn. Falls der Arbeitgeber vor der Insolvenzeröffnung teilweise oder gar keinen Lohn gezahlt hat, springt die Agentur für Arbeit mit Insolvenzgeld ein. Allerdings erfolgt die Zahlung rückwirkend nur für drei Monate. Wenn sich die Insolvenzeröffnung über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten erstreckt und während dieser Zeit nur teilweise oder gar kein Lohn gezahlt wurde, besteht keine Möglichkeit für nachträgliche Lohnzahlungen. Arbeitnehmer müssen das Insolvenzgeld eigenständig bei der Agentur für Arbeit beantragen.

Kündigung aufgrund von Insolvenz: Unter welchen Umständen ist das möglich?

Die Insolvenz selbst ist allein kein Grund für eine Kündigung. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Betrieb können jedoch andere Umstände eintreten, die eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. Insolvenzverfahren führen häufig zu Betriebsstillegungen, dem Wegfall von Arbeitsplätzen oder einem Rückgang von Aufträgen. Diese Ereignisse begründen betriebsbedingte Kündigungsgründe. Damit eine Kündigung erfolgreich ist, muss der Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter darlegen, aus welchem Grund die Tätigkeiten des gekündigten Arbeitnehmers entfallen. Zudem muss in einer Zukunftsprognose nachgewiesen werden, dass der Arbeitsanfall dauerhaft abnimmt und es sich nicht nur um eine saisonale Schwankung handelt. Es ist ebenso erforderlich zu zeigen, dass keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit existiert, andernfalls müsste eine Änderungskündigung angestrebt werden. Eine Kündigung ist nur möglich, wenn keine Aufträge mehr eingehen oder Betriebsteile stillgelegt werden.

Wie kann man sich gegen eine Kündigung wehren?

Gegen eine Kündigung aufgrund von Insolvenz, ebenso wie gegen andere Kündigungen, kann eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden. Dabei gilt die übliche Frist von drei Wochen ab Zustellung der Kündigung. Eine Klage ist ratsam, wenn Ansprüche geltend gemacht werden sollen, etwa auf Urlaubsentgelt oder betriebliche Altersversorgung. Durch die Einreichung einer Kündigungsschutzklage besteht im besten Fall die Möglichkeit, bei einer Unternehmenssanierung die ausstehenden Ansprüche zu erhalten. Ohne Kündigungsschutzklage besteht diese Möglichkeit jedoch nicht.

Wogegen richtet sich die Kündigungsschutzklage?

Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, bei Kündigungen eine Sozialauswahl zu treffen. Dabei werden Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, bestehende Unterhaltspflichten und andere Aspekte wie eine Schwerbehinderung berücksichtigt. Falls Zweifel an der Fairness und Rechtmäßigkeit der getroffenen Auswahl bestehen oder keine Sozialauswahl stattfindet, kann dagegen geklagt werden. Des Weiteren ist der Arbeitgeber verpflichtet, Massenentlassungen im Voraus anzuzeigen. Dies bedeutet, dass er bei der Agentur für Arbeit melden muss, dass er plant, innerhalb von 30 Tagen eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern zu entlassen. Unterlässt er dies oder macht Fehler bei der Anzeige, kann die Kündigung unwirksam sein.

Ein weiterer Klageweg betrifft Urlaubsansprüche, die trotz Insolvenzverfahrens bestehen bleiben. Gleiches gilt für Urlaubsentgeltansprüche. Wenn der Arbeitgeber den zuvor bewilligten Urlaub nicht mehr gewähren kann, muss er unter Umständen anfallende Stornogebühren übernehmen, vorausgesetzt es gibt ausreichend Vermögen, um diese zu bezahlen.

Wie definiert sich eine Massenentlassung?

Eine Massenentlassung wird anhand der Anzahl der zu entlassenden Mitarbeiter im Verhältnis zur Betriebsgröße festgestellt. Die gesetzlichen Staffelungen lauten:

  • 21 bis 59 Mitarbeiter: mehr als 5 Entlassungen
  • 60 bis 499 Mitarbeiter: mehr als 25 oder 10 Prozent der Belegschaft
  • Ab 500 Mitarbeiter: mindestens 30 Entlassungen

Was sollte man tun, wenn der insolvente Arbeitgeber noch ausstehenden Lohn oder Gehalt schuldet?

Die Insolvenz eines Betriebs kündigt sich oft durch diverse Anzeichen an, wie beispielsweise ausstehende Lohn- oder Gehaltszahlungen. Ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung sind Arbeitnehmer Gläubiger ihres Arbeitgebers, wenn dieser ihnen noch Lohn oder Gehalt schuldet. Ausstehenden Lohn sollten Arbeitnehmer schriftlich einfordern, entweder beim Arbeitgeber oder beim Insolvenzverwalter. Falls der Arbeitgeber vor der Insolvenzeröffnung bereits Lohn- oder Gehaltszahlungen nicht vollständig vorgenommen hat, sollten Arbeitnehmer ihre Forderungen schriftlich auflisten und den Arbeitgeber auffordern, die fehlenden Teile des Gehalts zu zahlen. Falls das Insolvenzverfahren bereits eröffnet wurde, müssen Arbeitnehmer ihre Liste mit Forderungen schriftlich an den Insolvenzverwalter senden und ihn zur Zahlung auffordern. Es ist zu beachten, dass für Forderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung Fristen gelten, bis zu denen diese geltend gemacht werden müssen.


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Foto(s): Pixabay


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