Mietminderung bei Gewerbemiete während der Corona-Pandemie

  • 5 Minuten Lesezeit

Wenn von staatlicher Seite angeordnet wird, dass in der Innenstadt der Einzelhandel bis auf wenige Ausnahmen schließen muss, bleibt für den gewerblichen Mieter keine Möglichkeit einer Gewinnerzielung. Dennoch muss er laut Mietvertrag monatlich die Miete überweisen.

Dann kann der gewerbliche Mieter unter Umständen zur Mietminderung berechtigt sein.

 

I. Weshalb „Eintritt“ einer Mietminderung?

Eine Mietminderung muss nicht ausdrücklich vom Mieter erklärt werden, um wirksam zu sein. Liegt ein Mietmangel vor, so ist die Miete gemindert, bis der Mangel behoben ist. Der Mieter kann daher grundsätzlich eine geringere Miete bezahlen, ohne sich davor nachweisbar darauf berufen zu müssen. Gewerbemietverträge können jedoch die Ankündigung einer Mietminderung vorsehen. Ein Mieter kann in einem solchen Fall auch für zurückliegende Zeiträume zu viel gezahlte Miete zurückfordern. 

Wurde in der Vergangenheit trotz eines Mangels die volle Miete gezahlt, verhindert eine Regelung in den meisten gewerblichen Mietverträgen die Aufrechnung. Das bedeutet, dass der Mieter zu viel gezahlte Miete aus vergangen Zeiträumen gesondert zurückfordern kann, die Rückforderung jedoch nicht mit der aktuellen Mietzahlung verrechnen darf. Eine Verrechnung ist ausnahmsweise möglich, wenn die Rückforderung nach Grund und Höhe vom Vermieter nicht bestritten wird oder rechtskräftig (also durch Urteil) festgestellt wurde.

 

II. Grundlegend zur Mietminderung

Eine Mietminderung erfordert zunächst einen Sachmangel, der auch erheblich ist. Ein leicht tropfender Wasserhahn wird schwerlich zu einer Mietminderung führen. Ein Ausfall der Zentralheizung kann im Winter zu einer Mietminderung berechtigen. Wie hoch die Minderung der Miete im Einzelfall ist, kann nicht pauschal bestimmt werden und sollte nach einer anwaltlichen Beratung erfolgen.

Grundsätzlich ist es nicht erforderlich, dass der Mangel der Mietsache vom Vermieter schuldhaft herbeigeführt wurde. Eine Mietminderung kann daher auch bei einem Hochwasser eintreten. Jedoch muss der Mangel der Mietsache direkt „anhaften“. Bleibt ein Restaurant auf Grund von schlechter Witterung leer, besteht kein Grund, nur eine geminderte Miete zu zahlen. Der Mieter hat ein eigenes Betriebs- und Verwendungsrisiko der Mietsache.  

Zuletzt kommt es im Einzelfall auf die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit der Mietsache und deren Verwendung an. Wird in dem Mietvertrag beispielsweise die Vermietung zu dem Zweck des Betriebs eines Restaurants betrieben, hat der Vermieter dafür zu sorgen, dass das Mietobjekt für diesen Zweck auch geeignet ist.

 

III. Mietminderung bei öffentlich-rechtlichen Beschränkungen

Kommt es zu einer Beschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache durch öffentlich-rechtliche Anordnungen, muss im Einzelfall unterschieden werden.


1. Anknüpfung der Anordnung maßgebend

Richtet sich die Beschränkung gegen die Art und Weise des Betriebs, besteht grundsätzlich keine Minderungsmöglichkeit. Betrifft die Beschränkung das Mietobjekt als solches, kann eine Minderung im Einzelfall begründet sein.

Beispielsweise kann bei einer nicht ausreichenden Belüftung einer Gaststätte und einer daraufhin erfolgten Untersagung der Nutzung durch die Behörde ein Mietmangel bestehen. Nur wenn die Beschränkung das Mietobjekt als solches betrifft, also die Benutzbarkeit oder die Beschaffenheit, ist eine Mietminderung im Einzelfall möglich.

Während der Corona-Pandemie kam es zu einem deutlichen Einbruch des Einzelhandels. Ein „bloßes“ Ausbleiben von Kunden kann aber noch keinen Mietmangel begründen. Denn hier ist lediglich die Sphäre des Betriebs des Mieters betroffen. Es fehlt eine Anknüpfung an der Beschaffenheit des Mietobjekts.

 

2. Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung während der Corona-Pandemie

Anders kann es zu beurteilen sein, wenn eine öffentlich-rechtliche Anordnung als Schutzmaßnahme während der Corona-Pandemie den gewerblichen Betrieb, insbesondere Einzelhandel und Gastronomie, untersagt.

Dazu hat das LG München am 22.09.2020 entschieden, dass eine Schließungsanordnung für ein Möbelgeschäft im April 2020 zu einer Mietminderung, in diesem Fall von 80 %, führt. In der Urteilsbegründung führt das LG München aus, dass der Mietzweck im Vertrag festgehalten wurde, welcher durch die Beschränkung dann vom Vermieter nicht mehr eingehalten werden konnte. Damit sei die Mietsache selbst betroffen, da nach Vereinbarung der Parteien der Betrieb eines Einzelhandels gewollt war.

Anders haben hier die Landgerichte Heidelberg (03.07.2020), Frankfurt am Main (02.10.2020) und Zweibrücken (11.09.2020) entschieden. Die Gerichte halten sich an die Vorgaben des BGH zur Entscheidung einer Mietminderung bei einem gesetzlich geregelten Rauchverbot. Ein gesetzlich geregeltes Rauchverbot in der Gastronomie knüpft nicht an der Mietsache selbst an, sondern an dem jeweiligen Betrieb durch den Mieter. Die Beschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie seien ebenfalls völlig unabhängig vom Mietobjekt und dessen Beschaffenheit erfolgt und könnten daher einen Mietmangel nicht begründen.

Während der Dauer der Gewährung von staatlichen Hilfen für Gewerbetreibende erscheint, je nach Höhe der gezahlten Hilfen, eine Mietminderung für Gewerbemieter kaum möglich, da damit keine bzw. weniger Einbußen bestehen.

 

3. Anpassung durch Gesetzgeber

Durch § 7 Art. 240 EGBGB spricht nun eine Vermutung dafür, dass sich bei einer Einschränkung der Nutzung infolge staatlicher Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung eine Vertragsgrundlage schwerwiegend verändert hat. Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Folge sein.

Eine derartige Anpassung wurde von einigen Landgerichten, unter anderem dem LG Heidenheim, bereits abgelehnt mit der Begründung, der Mieter habe eine Existenzgefährdung bisher nicht darlegen können. Das OLG Karlsruhe bestätigte am 24.02.2021 diese Entscheidung nun.

Hierzu hat das LG Mönchengladbach am 01.11.2020 (Az. 12 O 154/20) entschieden, dass bei einer vollständigen Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts eine Vertragsanpassung in Form einer Herabsetzung der Miete auf die Hälfte angemessen ist. In diese Richtung hat am 24.02.2021 das OLG Dresden entschieden. Für die Dauer der Schließungsanordnung sei es angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. 

Aufgrund unterschiedlicher Auffassung der Gerichte ist mit einer baldigen Entscheidung des BGH zu rechnen. 


IV. Anwaltliche Beratung

Auf Grund der uneinheitlichen Rechtsprechung und verschiedener Meinungen in der Literatur ist hier vieles „im Fluss“. Ein Urteil des BGH zu dieser Rechtslage gibt es noch nicht. In der Tendenz spricht derzeit viel für eine Reduzierung der Miete im Wege einer Störung der Geschäftsgrundlage.

Daher lohnt sich eine anwaltliche Beratung. Jeder Fall ist einzeln zu betrachten, weshalb es stets unterschiedliche Ansatzpunkte gibt. Für zukünftige Vermietungen bietet sich eine Beratung zur Gestaltung Ihres gewerblichen Mietvertrages an.

Zu dem Thema Mietminderung und Vertragsanpassung helfe ich Ihnen gerne. Ich stehe Ihnen telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung. Dann können wir im Rahmen einer Erstberatung alles Weitere, insbesondere eine Einleitung von rechtlichen Schritten, ausführlich besprechen. Selbstverständlich vertrete ich Sie, falls notwendig, vor Gericht.

 



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Martin Hailer

Beiträge zum Thema