Mietminderung wegen Corona - Wie und wann muss ich weniger zahlen?

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Am Beispiel eines zum Betrieb einer Gasstätte gemieteten Ladenlokals lässt es sich gut erklären: Der Staat ordnet auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes die Schließung aller Restaurants, Bars, Clubs und Gaststätten an, der Mieter muss aber weiterhin die volle Pacht zahlen. Schon nach allgemeinem Rechtsempfinden und ganz ohne juristische Kenntnisse kommt man da zu dem Ergebnis: Das kann nicht richtig sein.

Die juristische Ausgangslage

Wenn man in dieser Situation juristisch begründen möchte, warum der Mieter während der Zeit des "Lockdowns" keine oder nur eine geminderte Miete zahlen muss, dann kommen zwei Ansätze in Frage:

a) Das Verbot zum Betrieb einer Gaststätte könnte die Mietsache mangehaft machen

Gem. § 535 Abs. 2 BGB ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten, während der Vermieter gem. § 535 Abs. 1 BGB durch den Mietvertrag verpflichtet ist, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Dies bedeutet, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten hat. 

Aufgrund staatlicher Verordnungen ist die das Ladenlokal übergangsweise aber gerade nicht zum Betrieb einer Gaststätte geeignet. Man kann also gut argumentieren, dass ein Mangel vorliegt.

b) Die "Geschäftsgrundlage" könnte gestört sein

Von einer Störung der Geschäftsgrundlage spricht das Gesetz in § 313 Abs. 1 BGB, wenn " sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben" und "die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten." 

Auch dieser Falls scheint klar vorzuliegen. Die Parteien des Mietvertrages hätten kaum vereinbart, dass der Mieter dauerhaft die vollen Mietzins zahlen muss, auch wenn er seinen Gastronomiebetrieb monatelang schließen muss. Dieses Problem haben die Vertragspartner aber in der Regel vor Vertragsschluss nicht gesehen und deshalb im Vertragstext keine Regelung dafür getroffen.

Die  charmante Lösung, die das Gesetz für eine solche Störung der Geschäftsgrundlage vorsieht, besteht in der nachträglichen Anpassung des Vertragsinhalts. In unserem Fall könnte dies am besten über eine zeitweilige Reduzierung die Mietzahlungspflicht geregelt werden.

Die Gerichte urteilen unterschiedlich 

Tatsächlich entschied etwa das Landgericht Frankfurt am Main mit Blick auf ein Textil-Einzelhandelsgeschäft, dass die staatlich verordnete Schließung keinen Mangel darstelle und somit keine Mietminderungen rechtfertige.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage sahen die Richter ebenfalls nicht (Az. 2—15 O 23/20). Das Landgericht München stufte hingegen die Corona-Schließungen als Mietmangel ein (Az. 3 O 4495/20).

Unsere Kanzlei vertritt in diesen Fällen eher die Auffassung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage die Vertragsparteien veranlassen muss, die Miethöhe für die Dauer der Schließung drastisch und gegebenfalls bis auf "Null" zu reduzieren.

Hilfe des Gesetzgebers 

Für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Covid-19 Maßnahmen betroffen sind, gilt künftig eine gesetzliche Vermutung, dass die Einschränkungen ein Umstand im Sinne von § 313 BGB sind, der zu einer Anpassung des Mietvertrages unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage führen kann. Ein Automatismus, dass Gewerbemieter bei coronabedingten Maßnahmen eine Reduzierung der Miete oder eine sonstige Vertragsanpassung verlangen können, ist mit der Neuregelung allerdings nicht verbunden.

Die vom Bundestag beschlossene Regelung im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) lautet:

Artikel 240 § 7 EGBGB Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.

Der Einzelfall bleibt entscheidend

Laut der  Gesetzesbegründung gilt die Vermutung nur für das sogenannte reale Merkmal des § 313 Absatz 1 BGB, dass sich also ein Umstand, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

Auch nach der gesetzlichen Neuregelung muss ein Mieter daher darlegen und beweisen, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten (hypothetisches Element) und dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (normatives Element).

Auch an der Rechtsfolge, dass eine Vertragsanpassung nur im angemessenen Umfang begehrt werden kann, soll sich durch die Neuregelung nichts ändern. 

Was wir für Sie tun können

Wir beraten die gerade zum Abwarten verdammten Betreiber von Gastronomiebetrieben, Clubs, Kneipen und Bars derzeit dahin, sich mit unserer Hilfe auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen und ihren Vermieter über uns freundlich aber bestimmt zu kontaktieren. Ihre Rechte zur Mietpreisminderung sollten jedenfalls zeitnah geltend gemacht werden. 

Aus Vermietersicht prüfen wir, ob das Mietminderungsbegehren Ihres Mieters gerechtfertigt ist. 

Nach Prüfung des Einzelfalls bestehen nach unserer Erfahrung in vielen - aber eben nicht allen - Konstellationen gute Erfolgsaussichten, die laufenden Kosten der gebeutelten Gastronomen für die Dauer des Betriebsverbot ihrer Gaststätte erheblich zu senken. 

Gerne sprechen wir mit Ihnen über Ihre Möglichkeiten!

Stephan Stiletto

- Rechtsanwalt -

Tel.: 0221/913 959 25

Fax: 0221/913 959 29

anwalt@ra-stiletto.de

Foto(s): (C) Doreen Kühr


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