Muss mein Arbeitgeber mir ein Weihnachtsgeld zahlen?

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Die kalte Jahreszeit naht und damit stellt sich für viele Arbeitnehmer wieder die Frage: Bekomme ich in diesem Jahr von meinem Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld gezahlt und ist mein Arbeitgeber überhaupt dazu verpflichtet, ein Weihnachtsgeld zu zahlen?

Zur Beantwortung der Frage hilft zunächst einmal der Blick in den eigenen Arbeitsvertrag, einen auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag oder eine anwendbare Betriebs- oder Dienstvereinbarung.

In einem Arbeitsvertrag, einem anwendbaren Tarifvertrag oder auch einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung könnte hinsichtlich der Zahlung eines Weihnachtsgeldes beispielsweise folgende Vereinbarung getroffen worden sein:

„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, an den Arbeitnehmer in jedem Jahr ein Weihnachtsgeld i. H. v. 2.500,00 € brutto zu zahlen. Das Weihnachtsgeld wird mit der Arbeitsvergütung für den Monat November ausgezahlt.“

Aus dem vorgenannten Beispiel wird deutlich, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer in jedem Jahr ein Weihnachtsgeld i. H. v. 2.500,00 € brutto zu zahlen, sodass der Arbeitgeber dies grundsätzlich nicht verweigern kann.

Oft finden sich in Arbeitsverträgen, anwendbaren Tarifverträgen oder Betriebs- und Dienstvereinbarungen auch folgende Vereinbarungen:

„Der Arbeitnehmer erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 2.500,00 € mit Rechtsanspruch. Ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers dar.“

Der Arbeitgeber möchte durch die vorgenannte Formulierung klarstellen, wenn er ein Weihnachtsgeld leistet, dass kein Rechtsanspruch darauf besteht und dies lediglich eine freiwillige Leistung darstellt, um auszuschließen, dass er auch im folgenden Jahr zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes verpflichtet ist.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 30.07.2008, Aktenzeichen: 10 AZR 606/07, in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die vorgenannte Regelung zum Teil unwirksam ist, weil die Regelung für den Arbeitnehmer nicht transparent genug ist, da im ersten Satz der Regelung („Der Arbeitnehmer erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 2.500,00 € mit Rechtsanspruch.“) ein Anspruch auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für den Arbeitgeber zugesagt, allerdings im zweiten und dritten Satz der Regelung („Ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers dar.“) genau das Gegenteil geregelt wird, nämlich, dass dem Arbeitnehmer kein Rechtsanspruch auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes zustehen und die Zahlung des Weihnachtsgeldes freiwillig und jederzeit widerrufbar sein soll. Dies widerspricht sich, so das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 30.07.2008 und ist nicht klar genug für den Arbeitnehmer geregelt, was zur Unwirksamkeit der Regelung führt. Der Arbeitnehmer hat auch nach der vorgenannten Regelung einen Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld.

Soweit überhaupt keine Regelungen im Arbeitsvertrag oder anwendbaren Tarifverträgen, Dienst- oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung des Anspruches auf Weihnachtsgeld getroffen worden sind oder wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber überhaupt keinen schriftlichen Arbeitsvertrag ausgehändigt hat, stellt sich für viele Arbeitnehmer wiederholt die Frage, ob auch in diesen Fällen ein Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld besteht.

Sollte Ihnen Ihr Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld in den vorherigen Jahren gezahlt haben, in diesem Jahr allerdings die Zahlung des Weihnachtsgeldes verweigern und bestehen keine schriftlichen Absprachen oder Vereinbarungen darüber, dass Ihnen ein Anspruch auf ein Weihnachtsgeld zustehen soll, kann Ihnen trotzdem ein Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes nach einer so genannten betrieblichen Übung zustehen. Eine betriebliche Übung stellt eine Willenserklärung des Arbeitgebers dar, nach der sich der Arbeitgeber verpflichtet, eine bestimmte Leistung auch in Zukunft erbringen zu wollen, ohne dass es hierüber eine schriftliche Vereinbarung gibt. Die betriebliche Übung entsteht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wiederholt und vorbehaltlos bestimmte Leistungen über einen bestimmten Zeitraum gewährt hat.

Eine betriebliche Übung soll bei dem Anspruch auf Weihnachtsgeld entstehen, wenn der Arbeitgeber Weihnachtsgeld dreimal aufeinanderfolgend und vorbehaltlos an den Arbeitnehmer gezahlt hat (Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 01.04.2009, Aktenzeichen: 10 AZR 394/08).

Hierzu der nachfolgende Beispielsfall:

„Der Arbeitnehmer ist bei dem Arbeitgeber seit dem Jahr 2013 beschäftigt. Es besteht kein schriftlicher Arbeitsvertrag und es sind auch keine ausdrücklichen Vereinbarungen darüber getroffen worden, ob dem Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld zustehen soll. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2014, im Kalenderjahr 2015 und im Kalenderjahr 2016 jeweils ein Weihnachtsgeld i. H. v. 2000 € brutto gezahlt. Im Kalenderjahr 2017 verweigert der Arbeitgeber die Auszahlung des Weihnachtsgeldes, da nach seiner Auffassung ein Anspruch darauf nicht begründet ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes aus seiner Entscheidung vom 01.04.2009, Aktenzeichen: 10 AZR 394/08, steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Weihnachtsgeld zu, da der Arbeitgeber dreimal in Folge ein Weihnachtsgeld gezahlt hat und hierin eine Vereinbarung gesehen wird, dass dem Arbeitnehmer in jedem Jahr ein Weihnachtsgeld zustehen soll.“

Das vorgenannte Beispiel zeigt, dass es also auch möglich ist, wenn überhaupt keine schriftlichen Vereinbarungen getroffen sind, dass Ihnen als Arbeitnehmer ein Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes zustehen kann.

Die Vereinbarungen, mit denen ein Arbeitgeber einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung von Weihnachtsgeld gewährt oder ausschließen möchte, können in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebs- und Dienstvereinbarungen mit den unterschiedlichsten Formulierungen auftreten, auch sind Ansprüche auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes durch eine betriebliche Übung auf den ersten Blick nicht immer leicht zu erkennen. Wir unterstützen Sie gerne bei der Überprüfung und Durchsetzung Ihres Anspruches auf Zahlung von Weihnachtsgeld.

Piet Klemeyer

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Bremerhaven, den 22.12.2017


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