Mythen im Arbeitsrecht: Kennen Sie Ihre Rechte und Pflichten?

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Im Arbeitsrecht gibt es Rechtsirrtümer.

Im Arbeitsrecht halten sich hartnäckig einige Rechtsirrtümer und Mythen. Wichtig ist jedoch, dass Sie in einigen arbeitsrechtlichen Bereichen Ihre grundlegenden Rechte und Pflichten kennen. Das erspart Ihnen vermutlich viel Ärger und vielleicht sogar den Gang zum Anwalt für Arbeitsrecht. Nachfolgend finden Sie die richtigen Antworten zu den wichtigsten arbeitsrechtlichen Irrtümern.


Im Krankenstand darf ich das Haus nicht verlassen.

Das ist falsch. Sofern Ihnen Ihr Arzt keine Bettruhe verordnet hat, dürfen Sie jederzeit das Haus verlassen. Im Krankenstand haben sie sich genesungsfördernd zu verhalten. Dazu zählen (je nach Krankheitsbild) auch Spaziergänge an der frischen Luft. Zum Beispiel rechtfertigen schwere Erkrankungen der Atemwege oder ein Burnout durchaus auch einen Aufenthalt am Meer.

Eine genaue Definition des genesungs-fördernden Verhaltens gibt es im Arbeitsrecht nicht. Das kommt stets auf den Einzelfall an. Beachten Sie jedoch, dass Sie während Ihres Krankheitsausfalls dennoch auf Partys und ähnliche Veranstaltungen verzichten. Trotz der hohen Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (AU) hat der Arbeitgeber bei begründeten Zweifeln die Option, diese vor dem Arbeitsgericht anzuzweifeln.


Ich muss meinem Chef den Grund meiner Krankheit angeben.

Das ist so nicht richtig. Sie sind in der Regel nicht verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber mitzuteilen, an welcher Diagnose Sie leiden. Ausnahmen gibt es nur, wenn der Arbeitgeber ein betriebliches Interesse an der Diagnose hat. Beispiel: Es besteht der Verdacht, dass Sie womöglich Kollegen und/oder Kunden mit einer hochansteckenden, meldungspflichtigen Krankheit infiziert haben. Ansonsten müssen Sie lediglich Ihrem Arbeitgeber rechtzeitig mitteilen, dass und wie lang Sie voraussichtlich arbeitsunfähig sind. Denken Sie daran, rechtzeitig eine AU vorzulegen.


Wenn ich krank bin, darf mich mein Chef nicht kündigen.

Doch, das darf er in begründeten Fällen. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist möglich, wenn Ihr Chef ein berechtigtes Interesse hat. Das liegt zum Beispiel vor, wenn Sie die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung künftig nicht mehr erbringen können. Zuvor muss der Arbeitgeber allerdings alle milderen Mittel ausgeschöpft haben. Greift bei Ihnen der Kündigungsschutz, haben Sie die Möglichkeit, beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutz-Klage einzureichen.


Ich muss einspringen, wenn ein Kollege kurzfristig (krankheitsbedingt) ausfällt.

Nein, das müssen Sie nicht. Sobald Ihr Dienstplan steht, ist dieser für Sie und Ihren Arbeitgeber arbeitsrechtlich bindend. Änderungswünsche sind dann nur noch jeweils mit der Zustimmung des anderen möglich. Oftmals üben Arbeitgeber zwar emotionalen Druck aus, eine rechtliche Handhabe haben diese allerdings nicht. Ob Sie Ihrem Arbeitgeber den Gefallen tun, entscheiden Sie allein. Einzige Ausnahme: Sie befinden sich in Rufbereitschaft.


Ich muss für meinen Chef auch in der Freizeit erreichbar sein.

Auch das müssen Sie nicht. In Ihrer Freizeit sind Sie keinesfalls verpflichtet, Nachrichten, Mails oder Anrufe Ihres Arbeitgebers zu beantworten. Ihre Freizeit ist dazu da, dass Sie sich vom Arbeitsalltag erholen.


Eine mündliche Kündigung ist rechtlich bindend.

Das ist falsch. Eine Kündigung ist ausschließlich in Schriftform gültig. Dabei ist die Papierform zu wahren. Das schließt Kündigungen in elektronischer Form aus. Das heißt: Mündliche Kündigungen oder Kündigungen per E-Mail oder Textnachricht sind nicht rechtsgültig.


Wenn ich kündige, muss ich meinem Arbeitgeber den Grund dafür nennen.

Nein, dazu sind Sie nicht verpflichtet. Sie haben die Möglichkeit, ohne Angaben von Gründen Ihr Arbeitsverhältnis fristgerecht zu kündigen. Umgekehrt gilt das allerdings nicht. Das heißt: Wenn Ihr Arbeitgeber Sie kündigt, hat er die Pflicht, Ihnen den Grund anzugeben.


Bevor mein Chef eine Kündigung ausspricht, muss er mich zuvor dreimal abmahnen.

Das ist falsch. Zwar setzen bestimmte Kündigungen eine Abmahnung voraus, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu bessern. Handelt es sich aber um einen groben Vertrauensbruch, der eine weitere Zusammenarbeit unmöglich macht? Dann darf der Arbeitgeber auch ohne Abmahnung kündigen. Dazu zählen zum Beispiel grobe Beleidigungen, Bedrohungen oder Arbeitszeitbetrug.


Arbeitnehmer haben grundsätzlich bei der Kündigung Anspruch auf Abfindung.

Nein, das ist nicht richtig. Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht nur, wenn diese arbeitsvertraglich verankert ist. Ansonsten ist es einerseits möglich, mit dem Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung auszuhandeln. Im Gegenzug verzichtet der Arbeitnehmer dann auf eine Kündigungsschutz-Klage. Andererseits ist es bei einer Kündigungsschutz-Klage auch möglich, dass das Arbeitsgericht feststellt, dass die Kündigung unwirksam ist. Ist es den Parteien allerdings nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis fortzuführen? Dann ist es möglich, dass diese als Ausgleich eine Abfindung aushandeln.


Der Chef darf Arbeitnehmer mit Kindern bei der Urlaubsvergabe während der Ferienzeiten grundsätzlich bevorzugen.

Jein. Grundsätzlich hat Ihr Arbeitgeber die Urlaubswünsche seiner Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Wünschen allerdings zu viele Arbeitnehmer zu einer bestimmten Zeit Urlaub (z.B. in den Schulferien)? Dann hat der Arbeitgeber eine soziale Auswahl zu treffen. Dabei wägt er ab, wer ein besonderes Interesse am Urlaub hat. In diesem Fall ist es möglich, dass er dann einem Mitarbeiter mit schulpflichtigen Kindern den Vorrang lässt.


Beachten Sie bitte: Es handelt sich hier um allgemeine Informationen aus dem Arbeitsrecht. Bei arbeitsrechtlichen Konflikten kommt es stets auf den Einzelfall an. Daher ersetzen diese Informationen keinesfalls eine persönliche Rechtsberatung.


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Stichworte: Arbeitsrecht,  Arbeitsvertrag, Kündigung, Krankmeldung, Urlaubsanspruch, soziale Auswahl, Abfindung, Kündigungsschutz-Klage, Abmahnung

Foto(s): stock.adobe.com/163663896

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