🗺️ Nach Zugang der Kündigung: Roadmap Kündigungsschutzklage

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Eine Kündigung kann - trotz des anfänglichen Schocks - der Anfang eines neuen und besseren Kapitels im Arbeitsleben sein (s. hierzu auch: Der Umgang mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber: Emotionen, Rechte und Perspektiven). 

Frühzeitige Weichenstellung nach Zugang Ihrer Kündigung 🚀

Zunächst müssen Sie entscheiden, ob Sie gegen die Kündigung Ihres Arbeitgebers vorgehen wollen. Hierzu werden Sie ohnehin tendieren, wenn Sie sich durch die Kündigung ungerecht behandelt fühlen. Möglicherweise sind Sie aber auch froh, dass ein schwieriges Arbeitsverhältnis mit dem Ausspruch der Kündigung einen Schlusspunkt erfährt. Auch in diesem Fall ist es jedoch - wenn Sie Ihre Rechtsposition verbessern wollen - fast immer sinnvoll, sich gegen die Kündigung mit gerichtlicher Hilfe zur Wehr zu setzen. 

Über das taktisch sinnvolle Vorgehen berät Sie ihr Rechtsanwalt und begleitet Sie auf dem Weg zu Ihrem individuell festgelegten Ziel.

  • Die Praxis zeigt, dass die meisten Arbeitsverhältnisse mit dem Ausspruch einer Kündigung (ob wirksam oder nicht) ihr Ende finden. 
  • Zumeist wird Ihr Ziel daher auf den Erhalt einer Abfindung gerichtet sein. 
  • In manchen Fällen lässt sich der Konflikt im Arbeitsverhältnis jedoch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (doch noch) beseitigen und das Arbeitsverhältnis findet eine Fortsetzung.

Roadmap Kündigungsschutzverfahren:

Entscheiden Sie sich nach Beratung durch Ihren Rechtsanwalt für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, ergibt sich folgende Roadmap für das Kündigungsschutzverfahren:

  1. Wahrung der 3-Wochen-Frist: Die wohl für Sie wichtigste Frist ist die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Diese beträgt 3 Wochen nach Zugang der Kündigung. Versäumen Sie diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam. So manche Hoffnung auf Abfindung zerschlägt sich an dieser Feststellung. Suchen Sie sich nach Erhalt einer Kündigung daher bitte frühzeitig rechtlichen Rat, sodass die Kündigungsschutzklage rechtzeitig erhoben werden kann.
  2. Gütetermin vor dem Arbeitsgericht: Nach Erhebung der Kündigungsschutzklage beraumt das Arbeitsgericht den sogenannten Gütetermin an. In der Regel findet dieser ca. 1-2 Monate nach Erhebung der Klage statt. Ziel des Gütetermins ist es, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu finden.

    Der Termin dauert im Schnitt ca. 15 Minuten und findet mit den Parteien vor dem oder der Vorsitzenden Richter/in statt.

    Ihre persönliche Anwesenheit ist nur dann erforderlich, wenn das Arbeitsgericht diese anordnet. Hier gibt es regionale Unterschiede. Fehlt es an der Anordnung des persönlichen Erscheinens, müssen Sie nicht selbst vor Gericht erscheinen, sondern es genügt, dass Ihr Anwalt den Termin für Sie wahrnimmt.

    Die meisten Kündigungsschutzverfahren enden im Gütetermin mit einem (wirtschaftlich sinnvollen) Vergleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, der in der Regel die Zahlung einer Abfindung beinhaltet. Für die Höhe der Abfindung gibt es abseits von "Daumenregeln" keine gesetzlichen Vorgaben, sondern die Höhe der Abfindung ist Ausdruck der individuellen Erfolgschancen und Risikobereitschaft der Parteien (und ggf. deren Verhandlungsgeschick).

    Wichtig: Sie bleiben Entscheider. Ob das Verfahren mit einen Vergleich endet oder nicht, hängt von Ihrer Entscheidung ab. Ohne Ihre Zustimmung gibt es keinen Vergleich. Oftmals ist es auch möglich, einen Vergleich "auf Widerruf" mitzunehmen, sodass Sie zusätzliche Bedenkzeit erhalten.
  3. Vorbereitung des Kammertermins: Endet das Verfahren nicht bereits im Gütetermin mit einem Vergleich, beraumt das Arbeitsgericht den sogenannten Kammertermin an. Dieser liegt - je nach Auslastung des Gerichts - ca. weitere 3 Monate in der Zukunft. Der Kammertermin wird durch Schriftsätze vorbereitet.

    Das bedeutet in der Regel: Der Arbeitgeber (bzw. dessen Anwalt) nimmt im Rahmen eines ausführlichen Schriftsatzes zur Begründung der Kündigung Stellung, worauf Ihr Anwalt ebenso schriftlich erwidern wird. Je nach Komplexität kommt es zu einem mehr oder weniger regen schriftlichen Austausch zwischen den Parteivertretern.

    Auf Basis dieser schriftsätzlichen Ausführungen bereitet das Arbeitsgericht die mündliche Verhandlung vor der Kammer (die aus dem oder der Vorsitzenden Richter/in und zwei ehrenamtlichen Richter/innen besteht) vor. In dem Kammertermin soll diese Kammer in der Lage sein, den Rechtsstreit durch ein Urteil zu entscheiden. Ggf. kommt es in diesem Termin auch zu einer Beweisaufnahme, d.h. etwa zur gerichtlichen Vernehmung von Zeugen.

    Wichtig: Bis zum Urteil können sich die Parteien noch immer auf einen Vergleich verständigen. Hierhin wird meist auch das Arbeitsgericht versuchen, die Parteien zu lenken. Auch hier gilt jedoch - Sie bleiben Entscheider. Nur mit Ihrer Zustimmung kommt es zu einem Vergleich. Ihr Anwalt wird Sie über die Erfolgschancen und Risiken stets aufklären und beraten.
     
  4. Urteil: Einigen sich die Parteien nicht auf einen Vergleich und ist der Rechtsstreit entscheidungsreif (sind also bspw. alle erforderlichen Zeugen vernommen worden) fällt das Arbeitsgericht ein Urteil. Dabei sind der oder die Vorsitzende Richter/in und die ehrenamtlichen Richter/innen mit ihren Stimmen gleichberechtigt.

    Die Entscheidung (der sogenannte Tenor des Urteils) wird meist am Ende des Sitzungstages verkündet, d.h. in der Regel erfahren Sie am Folgetag, wie der Rechtsstreit im Ergebnis ausgegangen ist. Eine ausführliche schriftliche Urteilsbegründung erhalten Sie einige Wochen nach dem Kammertermin.

    Mit dem Urteil des Arbeitsgerichts endet die I. Instanz des Rechtsstreits.

  5. Berufung? Anhand der schriftlichen Urteilsbegründung wird die jeweils unterlegene Partei des Rechtsstreits prüfen, ob sie sich mit dem Urteil des Arbeitsgerichts zufrieden gibt, oder hiergegen Rechtsmittel einlegt. Das Rechtsmittel ist die Berufung zum Landesarbeitsgericht.

    Wird die Berufung binnen 1 Monats nach Zugang des vollständigen Urteils erhoben, setzt sich der Rechtsstreit in der 2. Instanz fort.

Fazit

Im Vergleich zu anderen Gerichtsbarkeiten geht es vor dem Arbeitsgericht schnell zur Sache. 

Führen Sie sich vor Augen, dass Sie es nach dem Ausspruch der Kündigung in der Hand haben, wohin Sie Ihr Weg führt. Sie bleiben in jeder Phase des Verfahrens Entscheider, ob es zu einer Klage, zu einem Vergleich oder zu einem Urteil kommt. 

Da es sich jedoch vermutlich um Ihre erste Kündigung handelt: Lassen Sie sich frühzeitig rechtlich über Erfolgsaussichten und die richtige Taktik beraten. Entscheiden Sie, aber entscheiden Sie gut beraten.

Foto(s): Guido Rottmann

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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