Nachlaufende Betriebsausgaben bei Photovoltaik: Was ist mit der Ertragsteuerbefreiung 2022

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Mit der Einführung der steuerlichen Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen ab 2022 (§ 3 Nr. 72 EStG) entfällt auch die Möglichkeit, Betriebsausgaben für diese Anlagen steuerlich abzuziehen. Besonders umstritten ist die Frage, ob sogenannte "nachlaufende" Betriebsausgaben – Kosten, die wirtschaftlich früheren steuerpflichtigen Jahren zuzurechnen sind, aber erst ab 2022 bezahlt wurden – weiterhin abziehbar bleiben. Während das FG Nürnberg dies verneint, hat das FG Münster gegenteilig entschieden. Beide Urteile sind beim BFH anhängig. Wir empfehlen, entsprechende Betriebsausgaben in der Steuererklärung geltend zu machen, bei Ablehnung Einspruch einzulegen und das Verfahren ruhen zu lassen.

Betriebsausgaben bei steuerbefreiten Photovoltaikanlagen ab 2022

Vor 2022 konnten Betreiber von Photovoltaikanlagen, die ihre Anlagen gewerblich betrieben, ohne Weiteres Betriebsausgaben steuerlich geltend machen. Dies änderte sich grundlegend mit der gesetzlichen Ertragsteuerbefreiung, die für bestimmte Photovoltaikanlagen ab 2022 eingeführt wurde (§ 3 Nr. 72 EStG). Neben der Steuerbefreiung für die Einnahmen entfällt seitdem auch die Möglichkeit, Betriebsausgaben steuerlich abzuziehen. Besonders strittig ist dabei die Behandlung sogenannter "nachlaufender" Betriebsausgaben – also solcher Kosten, die erst nach 2022 bezahlt werden, aber wirtschaftlich in frühere steuerpflichtige Jahre gehören. Zwei finanzgerichtliche Entscheidungen beleuchten diese Problematik.

Rechtlicher Hintergrund

Die neue Regelung des § 3 Nr. 72 EStG sieht eine Befreiung von der Ertragsteuer für bestimmte Photovoltaikanlagen vor. Im Gegenzug entfällt der Betriebsausgabenabzug für diese Anlagen. Unklar war jedoch, wie mit nachlaufenden Betriebsausgaben umzugehen ist, die wirtschaftlich in die Zeit vor 2022 gehören.

Finanzgerichtliche Entscheidungen

Urteil des FG Nürnberg (19.09.2024, 4 K 1440/23): Kein Betriebsausgabenabzug

Das FG Nürnberg hat entschieden, dass nachlaufende Betriebsausgaben für steuerbefreite Photovoltaikanlagen ab dem Jahr 2022 nicht mehr abzugsfähig sind. Der Wortlaut des § 3 Nr. 72 EStG sei hier eindeutig: Sobald Einnahmen steuerbefreit sind, dürfen auch damit verbundene Ausgaben nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden.

Urteil des FG Münster (06.11.2024, 7 K 105/24): Betriebsausgabenabzug zulässig

Demgegenüber vertritt das FG Münster die Auffassung, dass nachlaufende Betriebsausgaben steuerlich abziehbar bleiben, sofern diese in Zusammenhang mit früheren, steuerpflichtigen Einnahmen stehen. Zur Begründung stützt sich das Gericht auf § 3c Abs. 1 EStG, der den Betriebsausgabenabzug nur bei einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen ausschließt.

Praxisempfehlung

Da die Frage der steuerlichen Behandlung nachlaufender Betriebsausgaben noch nicht abschließend geklärt ist, wurden gegen beide Entscheidungen Revisionen zum Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt (Az. III R 35/24 und X R 30/24). Bis zu einer endgültigen Entscheidung empfehlen wir Ihnen folgendes Vorgehen:

  1. Betriebsausgaben geltend machen: Auch nachlaufende Betriebsausgaben aus früheren Jahren sollten in der Steuererklärung angesetzt werden.

  2. Einspruch einlegen: Sollte das Finanzamt die Berücksichtigung ablehnen, legen Sie Einspruch ein.

  3. Verfahren ruhen lassen: Beantragen Sie das Ruhen Ihres Verfahrens unter Verweis auf die anhängigen BFH-Verfahren.

Treten Sie gerne mit uns in Kontakt und wir können mit unserer Energie Ihnen beratend zur Seite stehen.

Jasper Stein

Foto(s): Jasper Stein


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