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Sind Studienkosten der Kinder als Betriebsausgaben absetzbar?

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Einzelunternehmer wünschen sich verständlicherweise, dass der Betrieb irgendwann an das eigene Kind bzw. die eigenen Kinder übergeht. Voraussetzung ist jedoch, dass der Nachwuchs auch fachlich für den Job geeignet ist. Weil Eltern die oftmals sehr teuren Ausbildungskosten übernehmen, stellt sich die Frage, ob sie die Aufwendungen wenigstens steuermindernd als Betriebsausgaben geltend machen können.

Sind Ausbildungskosten beruflich veranlasst?

Ein Unternehmensberater hatte zwei Kinder, die bereits vor ihrem Schulabschluss als geringfügig Beschäftigte in seinem Betrieb unterstützend tätig wurden. Um das Unternehmen in der Zukunft übernehmen zu können, entschied sich der Sohn nach dem Abitur für ein Bachelor-Studium „Business and Management Studies“. Die Tochter begann dagegen, Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) zu studieren. Zu Beginn ihres Studiums schloss der Vater mit seinen Kindern jeweils eine Vereinbarung, wonach sich diese verpflichteten, nach ihrem Abschluss mindestens drei Jahre im Unternehmen des Vaters tätig zu werden oder die Ausbildungskosten zurückzuzahlen.

Obwohl sich beide Kinder nach ihrem Studienabschluss noch für ein Masterstudium entschieden, forderte der Vater die Studienkosten nicht zurück. Vielmehr schloss er zumindest mit seinem Sohn eine Folgevereinbarung, die unter anderem erneut eine dreijährige Bindung an das Unternehmen vorsah. Die entstandenen Studienkosten wollte der Vater als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen.

Schließlich seien die Aufwendungen beruflich veranlasst, weil damit die Unternehmensnachfolge durch seine Kinder ermöglicht werde und er sich qualifiziertes Personal für die Zukunft sichere. Denn er helfe nicht nur seinem Nachwuchs finanziell bei der Ausbildung, sondern bezahle unter anderem auch die Fortbildung für eine Angestellte, mit denen er ebenfalls aus Gründen der Unternehmensbindung eine Rückzahlungsvereinbarung geschlossen habe. Als das zuständige Finanzamt die Ausbildungskosten der Kinder nicht als Betriebsausgaben durchgehen lassen wollte, zog der Familienvater vor Gericht.

Ein Studium ist „Privatvergnügen“

Das Finanzgericht (FG) Münster kam zu dem Ergebnis, dass die Kosten für das Studium der Angestellten durchaus Betriebsausgaben darstellten, da sie beruflich veranlasst waren.

Keine Betriebsausgaben waren dagegen die Aufwendungen für die Studien der Kinder. Schließlich sind Eltern nach den §§ 1601, 1610 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gesetzlich ohnehin dazu verpflichtet, ihren Kindern eine angemessene Erstausbildung zu ermöglichen und sie zur Selbstständigkeit zu erziehen. Die hierbei entstehenden Kosten sind deshalb in der Regel dem privaten Lebensbereich zuzuordnen – und zwar selbst dann, wenn die Kosten den Beruf bzw. die Tätigkeit des Steuerzahlers fördern. Hier ist zu berücksichtigen, dass nach § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) für private Lebenshaltungskosten ein sog. Abzugsverbot gilt.

Vertrag zwischen nahen Angehörigen

Ausnahmsweise können Ausbildungskosten der Kinder jedoch Betriebsausgaben nach § 4 IV EStG darstellen, sofern die Kosten allein bzw. überwiegend beruflich veranlasst sind. Davon ist auszugehen, wenn eine Vereinbarung zwischen dem Steuerzahler und dem Kind existiert, die klar und deutlich formuliert ist, tatsächlich durchgeführt wird und einem sog. Fremdvergleich standhält. Das bedeutet, dass Fremde die Vereinbarung mit demselben Inhalt geschlossen hätten.

Eltern müssen Erstausbildung zahlen

Auch wenn vorliegend mit der Ausbildung die spätere Unternehmensübernahme durch die Kinder ermöglicht werden sollte, verneinte das Gericht eine berufliche Veranlassung. Wie bereits erläutert, musste der Vater seinen Kindern ohnehin eine Erstausbildung zahlen. Somit können Ausbildungskosten nur dann beruflich veranlasst sein, wenn die Eltern freiwillig eine Fort- bzw. Weiterbildung bezahlen. Vorliegend absolvierten beide Kinder allerdings zunächst ihre Erstausbildung, sodass der Vater mit der Übernahme der Kosten seiner Unterhaltspflicht nachkam.

Keine Ausbildungsverträge abgeschlossen

Eine berufliche Veranlassung lag des Weiteren fern, weil die Arbeit der Kinder im Unternehmen des Vaters nichts mit ihrer Ausbildung zu tun hatte. So hatten sie weder einen Ausbildungsvertrag miteinander geschlossen noch war ihre Tätigkeit mit den jeweiligen Studieninhalten abgeklärt, wie z. B. bei einem dualen Studium. Beide Kinder wurden im Betrieb des Vaters vielmehr nur unterstützend tätig.

Rückzahlungsvereinbarungen nicht durchsetzbar

Die Aufwendungen waren auch nicht deshalb beruflich veranlasst, weil der Vater mit beiden Kindern jeweils eine Rückzahlungspflicht vereinbart hatte, sofern sie vor Ablauf von drei Jahren aus dem Unternehmen ausscheiden. Denn die Vereinbarungen waren gar nicht durchsetzbar: Grund dafür war erneut die Unterhaltspflicht des Vaters nach § 1610 II BGB. Der Vater darf die Ausbildungskosten unter keinen Umständen zurückverlangen.

Im Übrigen hätte ein familienfremder Beschäftigter keine Folgevereinbarung abgeschlossen. Denn die dreijährige Bindungsfrist nach der ersten Vereinbarung war längst abgelaufen – der Sohn hätte das Unternehmen theoretisch „folgenlos“ verlassen können. Letztendlich blieb bis zuletzt unklar, ob die Tochter nach Abschluss ihres Studiums überhaupt für ihren Vater tätig geworden ist. Dennoch hat der Vater zu keinem Zeitpunkt die Rückzahlung der Kosten verlangt. Damit sind die Vereinbarungen niemals tatsächlich umgesetzt worden.

Die berufliche Förderung der familienfremden Angestellten führte zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Frau hatte bereits eine Ausbildung abgeschlossen und war in Vollzeit für den Unternehmensberater tätig. Ihre Fortbildung war beruflich veranlasst. Im Gegensatz dazu waren die Kinder eigentlich in Vollzeit mit ihrer Erstausbildung beschäftigt – nur ab und zu wurden sie im Unternehmen des Vaters unterstützend tätig, von einer beruflichen Veranlassung der Studienkosten konnte daher keine Rede sein.

Fazit: Die Unternehmensübernahme ist ein kompliziertes Thema, das bereits bei der Ausbildung des Nachfolgers zu Problemen führen kann. So ist es etwa unzulässig, die eigenen Kinder zur Rückzahlung der Kosten für eine Erstausbildung zu verpflichten, wenn sie sich irgendwann entscheiden, nicht mehr für den elterlichen Betrieb tätig zu sein.

(FG Münster, Urteil v. 15.01.2016, Az.: 4 K 2091/13 E)

(VOI)

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