Nutzungsausfall bei Beauftragung eines Anwaltes?

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Die Beauftragung eines Anwaltes mit der Regulierung eines Verkehrsunfalls führt nicht zur Kürzung des Nutzungsausfalls, auch wenn die Beauftragung den Nutzungsausfall um einige Tage verlängert.

Geschädigter beauftragte Anwalt mit der Regulierung eines Verkehrsunfalls

Das Auto des Geschädigten wurde bei einem Unfall beschädigt. Den Unfallgegner traf die Alleinschuld an dem Unfall. Der Geschädigte besorgte sich zunächst einen Termin bei seinem Rechtsanwalt. Er war lediglich Leasingnehmer und wollte bei der Regulierung wohl aus Sorge vor Ärger mit dem Leasinggeber nichts dem Zufall überlassen. Der Termin beim Anwalt wurde einige Tage nach dem Unfall angesetzt. Erst nach dem Termin beauftragte der Geschädigte einen Gutachter zur Begutachtung des Schadens. Das Gutachten wurde 7 Tage nach dem Unfall fertig gestellt.

Nach erneuter Rücksprache mit seinem Anwalt gab der Geschädigte am 7. Juni 2009, also 15 Tage nach dem Unfall, die Reparatur des Autos in Auftrag. Der Reparatur wurde aufgrund des Fehlens wichtiger Ersatzteile erst am 4. August 2009 fertig gestellt. Insgesamt war das Fahrzeug daher 42 Tage außer Betrieb.

Geschädigter verlangt Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit zwischen Unfall und Fertigstellung der Reparatur

Der Geschädigte verlangte daraufhin unter anderem eine Nutzungsausfallentschädigung für die vollen 42 Tage, in denen das Auto für ihn nicht benutzbar war.

Grundsätzlich ist es so, dass für den Zeitraum einer Reparatur Nutzungsausfallentschädigung zu leisten ist. Der Nutzungsausfall, also der vorübergehende Verlust der Möglichkeit, ein Auto zu nutzen, ist ein ersatzfähiger Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB. Der Nutzungsausfall-Schaden kommt grundsätzlich immer dann in Betracht, wenn sich der Geschädigte kein Ersatzfahrzeug beschafft. Weiterhin ist Voraussetzung, dass der Geschädigte während des Zeitraums des Nutzungsausfalls willens und in der Lage ist, das Fahrzeug auch tatsächlich zu benutzen. Dies ist zum Beispiel dann nicht der Fall, wenn er während der Dauer der Reparatur im Krankenhaus liegt und das Auto gar nicht nutzen könnte. Im vorliegenden Fall war es aber so, dass der Geschädigte das Fahrzeug benutzen wollte und konnte.

Die Voraussetzungen für einen Nutzungsausfallschaden waren daher grundsätzlich gegeben. Die Parteien stritten lediglich darum, ob der Geschädigte den Nutzungsausfall für die vollen 42 Tage zwischen Unfall und Fertigstellung der Reparatur verlangen konnte. Die Versicherung des Schädigers war der Ansicht, dass höchstens eine Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum zwischen Reparaturauftrag und Fertigstellung der Reparatur gezahlt werden müsse. Die Verzögerungen durch die Beauftragung des Rechtsanwaltes, die insgesamt mit ca. 14 Tagen zu veranschlagen sei, sei vom Geschädigten zu verantworten und eine Nutzungsausfallentschädigung für diesen Zeitraum sei nicht zu zahlen. Das Amtsgericht folgte dieser Argumentation.

Kläger geht erfolgreich in Berufung

Der Kläger ging hiergegen erfolgreich in Berufung. Der Geschädigte erstritt vor dem Landgericht die volle Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum zwischen dem Unfall und der Fertigstellung der Reparatur. Das Landgericht wies darauf hin, dass der Geschädigte verpflichtet sei, die Behebung des Schadens innerhalb einer angemessenen Frist durchzuführen. Brauche der Geschädigte zu lange, müsse er sich jedoch grundsätzlich eine Kürzung des Nutzungsausfallentschädigungs gefallen lassen.

Im vorliegenden Fall war das Amtsgericht der Meinung, dass der Geschädigte den Reparaturauftrag innerhalb von 8 Tagen nach dem Unfallereignis hätte erteilen müssen. Das Landgericht gab dem Geschädigten eine längere Frist. Die Dauer der Schadensbehebung hinge stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Vorliegend sei es so gewesen, dass der Geschädigte das Fahrzeug nur geleast habe. Daher war es besonders wichtig, die Angelegenheit gründlich von einem Anwalt klären zu lassen, um Streit mit dem Leasinggeber zu vermeiden.

Abgesehen davon, wurde die Bearbeitung des Schadens durch den Anwalt relativ zügig vorgenommen. Die erste Besprechung fand innerhalb von 4 Tagen nach dem Unfall statt. Und nach einer weiteren Besprechung am 4. Juli 2009 wurde am 7. Juli 2009 der Reparaturauftrag erteilt. Dem Geschädigten ist grundsätzlich eine gewisse Überlegungsfrist zuzugestehen. Wenn sich diese durch die Beauftragung eines Anwaltes verzögert, so sei dies nicht zu beanstanden. Die Bearbeitung durch den Rechtsanwalt solle sich jedoch im Rahmen des Üblichen halten und zügig erfolgen (LG Saarbrücken: Urteil vom 07.06.2011 - 13 S 43/11).

Fazit: Unfallschäden sollten zügig bearbeitet werden

Bei der Nutzungsausfallentschädigung sollten Sie sich nicht von der gegnerischen Versicherung übervorteilen lassen. Der Nutzungsausfall ist regelmäßig ein beliebter Streitpunkt, bei dem die gegnerische Versicherung unberechtigt Ihren Schadensersatz kürzt. Eine angemessene Überlegungsfrist unter zur Hilfe Name eines Anwaltes kann Ihnen nicht zur Last gelegt werden. Allerdings sollten Sie gleichwohl darauf achten, die Angelegenheit möglichst zügig anzugehen.



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