OLG Karlsruhe 14 U 256/21 bestätigt Rückzahlungsanspruch gegen online-Casino

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Neben Urteilen und Beschlüssen verschiedener Oberlandesgerichte aus der letzten Zeit zugunsten glückloser Spieler reiht sich nun auch das OLG Karlsruhe 14 U 256/21 mit Urteil vom 06.04.2023 in die länger werdende Liste der Oberlandesgerichte ein, welche Rückzahlungsansprüche von Spielern gegen online-Casino-Betreiber ausdrückliche zugestehen.

Zwischenzeitlich liegt nun auch die Urteilsbegründung des OLG Karlsruhe 14 U 256/21 vor. Wirklich wesentlich Neues gibt es nicht, das Gericht schlägt in die gleiche Kerbe, wie schon all die anderen Oberlandesgerichte zuvor. Tenor. Das online-Glücksspiel-Angebot war illegal nach deutschem Recht, sodass die entsprechende Teilnahme-Verträge nach § 134 BGB nichtig und Verluste zurückzuzahlen sind. Mit der ein oder anderen Abweichung in der jeweiligen Begründung kommen bislang alle mit Rückforderungsansprüchen befassten Oberlandesgerichte genau zu diesem Ergebnis. Ob und was der BGH dazu sagen wird, bleibt weiterhin offen (siehe dazu hier).

Dennoch sollen einige Punkte des OLG Karlsruhe zusammenfassend aufgegriffen werden.


Keine „Rechtswahlklausel“ zu Lasten des Spielers als Verbraucher.

Diskutiert wurde seitens des OLG Karlsruhe zunächst, inwieweit durch eine Klausel der Casino-AGB nicht deutsches Recht, sondern maltesisches Recht zur Anwendung kommen soll. Das OLG Karlsruhe weist hier ausdrücklich daraufhin, dass eine solche Klausel intransparent ausgestaltet ist. Solche Rechtswahlklauseln sind gegenüber Verbrauchern nur dann zulässig, wenn auf bestimmte Ausnahmen hingewiesen wird, welche sich nicht zuletzt aus europarechtlichen Vorgaben ergeben. In aller Regel enthalten solche Rechtswahlklauseln in Spielverträgen nicht die gebotenen Ausnahmehinweise, sodass diese am Ende unbeachtlich sind. Auch wenn die jeweiligen Casino-Betreiber regelmäßig in Klageverfahren auf den Bestand und die Wirksamkeit ihrer AGB beharren, scheitern sie letztlich - wie auch vor dem OLG Karlsruhe - an der Ausgestaltung der einzelnen Klauseln im Detail.


Keine rückwirkende Legalisierung durch Änderungen des GlüStV

Gern wird seitens der Casino-Betreiber darauf verwiesen, dass bereits durch die Änderung des GlüStV im Jahr 2021 deutlich werden sollte, dass, salopp gesagt, das Verbot von online-Casinos nur halb so wild war, im Grunde die Gesetzesänderung dies auch bestätigt habe. Vor allem sei aus der Änderung des GlüStV 2021 herauszulesen, dass die vorherige Regelung falsch bzw. rechtswidrig war, der Gesetzgeber dies mit der Änderung des GlüStV korrigieren wollte. Dazu werden dann regelmäßig verschiedene Berichte und Evaluationen vorgelegt, welche diesen Punkt bestätigen sollen. Wie bislang alle Oberlandesgerichte vermag auch das OLG Karlsruhe dem nicht wirklich folgen. Es führt dazu aus:

„Hintergrund der neuen Regelung war daher nicht, dass europarechtliche Bedenken aufgekommen wären. Der Gesetzgeber sah sich vielmehr veranlasst, aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse Regeländerungen vorzunehmen, vorrangig mit dem Ziel der Schwarzmarktbekämpfung und zur Effektivitätssteigerung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen. Ein solches Vorgehen des Gesetzgebers lässt aber entgegen der Auffassung der Beklagten keine Rückschlüsse dahingehend zu, wonach die Vorgängerregelung rechtswidrig gewesen wäre.“

Wirklich überraschend ist das nun nicht. Es dürfte nachvollziehbar sein, dass nicht jede Gesetzesänderung aufzeigt, dass die jeweilige Vorgängerregelung grundlegend falsch war. Schon gar nicht kann aus solch einer Änderung eine rückwirkende Legalisierung zuvor verbotenen Verhaltens hergeleitet werden. Das ist ein Grundprinzip deutscher Gesetzgebung und keine besondere Eigenheit des Glücksspielrechts. Das wird nur zu  gern übersehen.


Keine abweichende Betrachtung aufgrund etwaiger Duldung des illegalen Spielangebots durch Aufsichtsbehörden 

Alternativ dazu wird gern auf eine Duldung des illegalen Spielangebots durch die zuständigen Aufsichtsbehörden verwiesen. Eine solche Duldung gab es tatsächlich. Hierzu wird stets der sogenannte „Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September 2020“ herangezogen. Grob gesagt gab es in diesem eine Übereinkunft, dass in Anbetracht der bevorstehenden Änderung des GlüStV im Jahr 2021 keine Maßnahmen mehr ergriffen werden sollen, jedenfalls dann nicht, wenn das jeweilige Casino offensichtlich die Zulassungsvoraussetzungen nach dem neuen GlüStV erfüllen würde.

Hierzu führt das OLG Karlsruhe aus:

„Durch den Umlaufbeschluss vom 08.09.2020 der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder sind die unerlaubten Online-Angebote von Casino- und Automatenspielen nicht im Wege eines Verwaltungsakts legalisiert worden. Die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder haben sich lediglich auf ein koordiniertes Vorgehen in der Glücksspielaufsicht verständigt, ohne verbindlich vorzugeben, dass gegen bestimmte unerlaubte Glücksspielangebote nicht mehr vorgegangen werden soll. Eine (rückwirkende) Legalisierung kann hieraus nicht abgeleitet werden.“

Auch diese Auffassung steht im Einklang mit der bisherigen OLG-Rechtsprechung, soweit es in den jeweiligen Verfahren darauf überhaupt ankam. Das ist grundsätzlich auch nachvollziehbar, denn vor allem für den Zeitraum vor dieser Übereinkunft der Länder kann es schon denklogisch keine Aussagen zu einer Duldung illegaler Angebote kommen. Dass eine reine Duldung, also ein verwaltungsrechtlicher Verzicht auf Reglementierungsmaßnahmen, keine Aussage über die grundsätzliche Zulässigkeit des Angebots im zivilrechtlichen Sinne trifft, sollte daher auf der Hand liegen. Anders gesagt: nur deshalb, weil ein Verbot nicht durchgesetzt wird/ nicht durchgesetzt werden kann, wird aus dem Verbot kein legales Angebot.


Keine Anwendung der Grundsätze des BGH zu Rückforderungsansprüchen gegen Zahlungsdienstanbieter

Ebenso „neu“ in der Bandbreite der Argumentation gegen die Rückforderung ist ein Beschluss des BGH aus dem September 2022. Dort weist der BGH einen Rückforderungsanspruch im Zusammenhang mit einem online-Glücksspiel zurück, der gegen einen Zahlungsdienstanbieter geltend gemacht wird. Seitdem wird regelmäßig auf eben diesen Beschluss verwiesen, dass dessen Wertungen auch auf das Verhältnis Spieler zu Casino-Betreiber anzuwenden sei. Neben dem OLG Düsseldorf und dem OLG Braunschweig lehnt nun auch das OLG Karlsruhe solche Rückgriffe ab. Hierzu führt das OLG Karlsruhe aus:

„In dem dort entschiedenen Fall ging es um eine Klage gegen einen Zahlungsdienstleister, dessen Tätigkeit – im Unterschied zu der Tätigkeit der hiesigen Beklagten – nicht schlechthin unerlaubt war. Denn nach der Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 war das Online Angebot von Casinospielen (…) nach damaliger Rechtslage nicht erlaubnisfähig und damit grundsätzlich verboten Das Angebot der Beklagten war daher im hier maßgeblichen Zeitraum von vornherein auf eine (…) unerlaubte Tätigkeit gerichtet.“

Das OLG Karlsruhe betont damit das grundsätzlich bestehende Verbot etwaiger online-Casinos vor der Änderung des GlüStV 2021. Ob sich daraus etwas anderes ergeben könnte, wenn ein Casino-Betreiber ohne Lizenz in Deutschland nach Juli 2021 auftritt und sich Rückzahlungsansprüchen für den Zeitraum ab Juli 2021 ausgesetzt sieht, sei dahingestellt und musste auch nicht seitens des OLG Karlsruhe problematisiert werden.

Hinweis jedoch: gerade mit Blick auf den Beschluss zu Rückforderungsansprüchen gegenüber Zahlungsdienstanbietern hatte das OLG Braunschweig die Revision zum BGH zugelassen. Zumindest das OLG Braunschweig sah dazu also Klärungsbedarf.


Keine Zulassung der Revision, da keine grundsätzliche Bedeutung

Letztendens hat das OLG Karlsruhe - wie mit Ausnahme des OLG Braunschweig bislang alle Oberlandesgerichte - in der Sache nicht die Revision zum BGH zugelassen. Natürlich kann das unterlegene Casino noch eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde erheben mit dem Ziel, dass der BGH sich letztlich doch mit der Sache beschäftigt. Allerdings sind solche Beschwerden überwiegend erfolglos. Mit Blick auf das derzeit bereits anhängige Verfahren am BGH ist jedoch die Option der verbindlichen Klärung im Rahmen von Rückforderungsstreitigkeiten weiterhin gegeben.

Dennoch: im Grunde klarstellend ist der letzte Satz der Urteilsbegründung. Hier weist das OLG Karlsruhe ausdrücklich daraufhin, dass eine Zulassung der Revision zum BGH schon deshalb unbeachtlich sei, da es schlicht keine ungeklärten Rechtsfragen gibt. Mit anderen Worten: soweit bisher alle Oberlandesgerichte einheitlich Rückzahlungsansprüche aufgrund fehlender Lizenz bestätigt haben, kann nicht gesehen werden, welche „unklare Rechtslage“ durch den BGH geklärt werden soll. Aus Sicht der Spieler ist dem eigentlich nichts weiter hinzuzufügen.


Sollten Sie Rückfragen zu diesem oder einem anderen Sachverhalt haben, können Sie mich gern kontaktieren. Sie erreichen mich idealerweise über das Kontaktformular oder per Email.


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