Opferrechte: Kostenübernahme durch Krankenkassen – Urteil LG Stuttgart vom 21.01.2020

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Bisher gab es für die Spurensicherung bei Sexualdelikten ohne Strafanzeige keine einheitliche Regelung der Kostenübernahme. Opfer einer Vergewaltigung und anderer Sexualdelikte müssen sie nun nicht mehr selbst tragen. Spurensicherungen nach Sexualdelikten werden zur Krankenkassenleistung.

Was sollte das Opfer nach der Tat machen?

Viele Opfer zeigen die Täter einer Sexualstraftat erst spät – oft nach Jahren – oder nie an.

Wenn Sie Opfer einer Straftat wurden und noch nicht die Energie oder den Willen haben, die Tat zur Anzeige zu bringen, können Sie nun aber zumindest die Spuren ohne Kosten sichern lassen.

So sind nun etwa Tests wegen der vermuteten Verabreichung von K.o.-Tropfen oder Spermaspuren durch die Krankenkassen übernahmefähig.

Was ist, wenn das Opfer befürchtet, nervös und unsicher im Prozess aufzutreten?                    Urteil LG Stuttgart vom 21.01.2020

Das Landgericht Stuttgart hat im Urteil vom 21.01.2020 einen Mann, der seine Frau mehrfach vergewaltigte, zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.

Die Aussagen der 42-Jährigen waren teilweise durcheinander und widersprüchlich. Der Vorsitzende Richter sagte, dies ändere nichts an der Beurteilung des Kerngeschehens. Insgesamt seien die Aussagen der 42-jährigen glaubhaft – und übereinstimmend mit den Aussagen der Zeugen.

Kann das Opfer einer Straftat bereits im Strafverfahren Schmerzensgeld erhalten? 

Das Adhäsionsverfahren im Strafverfahren (§§ 403-406c StPO) ermöglicht der oder dem Verletzten einer Straftat, ihre oder seinen materiellen Schaden und Schmerzensgeld bereits im Strafverfahren geltend zu machen. Vorteil dieses Antrags ist, dass ein weiterer, mit einem Kostenrisiko verbundener Prozess erspart bleibt.

Kann in einem Zivilprozess mit Erfolg ein weiterer Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht werden?

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 20. Januar 2015 – Az: VI ZR 27/14 –hierzu festgestellt, dass die in einem Strafverfahren ergangene rechtskräftige Entscheidung über den Antrag, durch den der Verletzte den ihm aus einer Straftat des Beschuldigten erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch (§§ 403 f. StPO) geltend macht, einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen rechtskräftigen Urteil gleichstehe (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2012 – VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 Rn. 8). Nur soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er nach § 406 Abs. 3 Satz 3 StPO anderweit geltend gemacht werden.

Der Verfasser des Berichts, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Steffgen ist seit 2001 als Opferanwalt spezialisiert. Er hat viele Opfer bundesweit von der Anzeige über die Beistandsleitung in der Verhandlung bis zum rechtskräftigen Urteil betreut. In vielen Fällen konnten Schadensersatzansprüche unmittelbar im Strafverfahren oder vorab durchgesetzt werden.

Opfer einer Straftat mit geringen finanziellen Einkünften und Vermögensverhältnissen haben die Möglichkeit, durch Beiordnung durch das Gericht oder über Opferschutzorganisationen, wie dem Weissen Ring, einen Opferbeistand zu erhalten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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