Persönlichen Risiken für Führungskräfte von Kapitalgesellschaften (GmbH Geschäftsführer, AG Vorstände u.a.)

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Als Anwalt mit 23 Jahren Erfahrungen im Bereich Sanierung von kmU & Insolvenzrecht & Wirtschaftsstrafrecht möchte ich auf die persönlichen Risiken hinweisen, denen Führungskräfte von Kapitalgesellschaften wie GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände, aber auch faktische Geschäftsführer ausgesetzt sind. Insbesondere möchte ich auf den Umfang der Schadensersatzpflicht eingehen, die ein wesentlicher Aspekt dieses Risikos ist.


# Die Rolle der Führungskräfte


Führungskräfte von Kapitalgesellschaften haben eine immense Verantwortung. Sie sind nicht nur für die strategische Ausrichtung und das tägliche Management des Unternehmens verantwortlich, sondern auch für die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften und die Wahrung der Interessen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter.


# Persönliche Haftung und Schadensersatzpflicht

Trotz der grundsätzlichen Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen können Geschäftsführer und Vorstände persönlich haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Pflichten verletzen. Diese persönliche Haftung kann erhebliche finanzielle Folgen haben und sogar zur Privatinsolvenz des betroffenen Organs und auch strafrechtlichen Verantwortlichkeit führen.


## Haftung nach § 15b Insolvenzordnung (InsO) gegenüber der Gesellschaft

Die Ansprüche der Gesellschaft gegenüber den Organen werden in der Regel vom Insolvenzverwalter geltend gemacht. Der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zu sichern und zu verwerten, um die Gläubiger bestmöglich zu befriedigen. Er ist Organ der Gläubigerversammlung und nicht der Freund derjenigen, die er ggf. in die Haftung nehmen soll.

Ein wichtiger Haftungstatbestand ist die Haftung nach § 15b InsO. Hierbei ist der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet werden. Diese Regelung hat zum 01.01.2021 die vorherige Regelung des § 64 GmbHG ersetzt.

Dieser Haftungstatbestand ist ausufernd. Wenn Sie bedenken, dass Sie in der Regel bereits bei einer Deckungslücke von 10 % zur Insolvenzantragstellung verpflichtet sind und ab diesem Zeitpunkt der Insolvenzreife alle für das Unternehmen bezahlten Beträge noch einmal persönlich an die Gesellschaft erstatten müssen. Die Verteidigungsmöglichkeiten gegen diese Haftung sind nur sehr eingeschränkt, wenn die Insolvenzreife ermittelt wurde. Letzteres ist aber nicht so einfach und es gibt viele Unschärfen. Und dennoch hilft oftmals nur der Einwand der begrenzten persönlichen Leistungsfähigkeit.


## Haftung nach §§ 129 ff Insolvenzordnung (InsO) Insolvenzanfechtung aufgrund der Gesellschafterstellung

Oftmals sind die Organe auch Gesellschafter und haften dann, wenn sie in dieser Eigenschaft Zahlungen der Gesellschaft erhalten haben. Diese Haftung steht dann neben der Haftung aus der Organstellung und wird in der Regel nicht saldiert. D.h. Sie müssen 2 x ggf. etwas erstatten, was Sie nur 1 x erhalten haben.

2 Beispiele aus der Praxis:

Verspätete Zahlung der Geschäftsführergehälter

Der redliche Kaufmann ist natürlich um das Wohlergehen seines Unternehmens besorgt und nimmt dafür auch einmal persönliche Einschränkungen hin. Keine gute Idee ist es aber z.B. sich selbst immer verspätet die Gehälter zu zahlen. Dann in der Zeit zwischen Fälligkeit des Gehalts und der Zahlung, stunden Sie dem Unternehmen ihre Forderung. Und die spätere Zahlung ist dann eine Darlehenstilgung, die anfechtbar ist, nach § 134 InsO bis zu 10 Jahren rückwirkend. Besser wäre es ggf. die Fälligkeit und / oder Höhe der Vergütung anzupassen.

Zahlung auf Forderungen, für die Sie gebürgt haben

Das Freiwerden von einer Verbindlichkeit steht einer Zahlung gleich. Wenn Sie eine Zahlung auf eine solche besicherte Forderung leisten, reduziert sich die persönliche Haftung aus der Bürgschaft um diesen Betrag und kann nach § 134 InsO bis zu 10 Jahren rückwirkend angefochten werden.

## Haftung auf Schadensersatz für die Verletzung der Insolvenzantragspflicht gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft

Ein weiterer wichtiger Haftungstatbestand ist die Haftung auf Schadensersatz für die Verletzung der Insolvenzantragspflicht nach § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 15a InsO. Wenn der Geschäftsführer seiner Insolvenzantragspflicht nicht rechtzeitig nachkommt, entsteht häufig ein Schaden bei den Geschäftspartnern, z.B. wenn der Insolvenzverwalter bei ihnen Zahlungen anficht und die Forderungen anschließend als Insolvenzforderung angemeldet werden müssen.


# Strafrechtliche Risiken


Neben den zivilrechtlichen Haftungsrisiken gibt es auch strafrechtliche Risiken, die Geschäftsführer und Vorstände beachten müssen. Zu den relevanten Straftatbeständen zählen Insolvenzverschleppung, Betrug (§ 263 StGB), Untreue (§ 266 StGB), Vorenthaltung und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) sowie die Insolvenzstraftatbestände der §§ 283 ff. StGB und Steuerhinterziehung.


# Prävention, Risikomanagement und Sanierung

Um solche Risiken zu minimieren, ist es wichtig, die gesetzlichen Pflichten genau zu kennen und ein effektives Risikomanagement zu betreiben. Eine professionelle Rechtsberatung kann dabei helfen, potenzielle Risiken zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen.

Eine erfolgreiche Sanierung des Unternehmens kann oft dazu beitragen, eine persönliche Haftung der Organe zu verhindern. Durch die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit und die Beseitigung der Überschuldung kann die Insolvenzantragspflicht entfallen und damit auch das Haftungsrisiko reduziert werden. Manchmal hilft auch der Rechtsformwechsel. Die strafbewährte Insolvenzantragspflicht ist nur für juristische Personen festgeschrieben. Die steuerlichen Auswirkungen müssen berücksichtigt werden. Das Freiwerden von Verbindlichkeiten, z.B. bei einem Teilverzicht von Gläubigern, erhöht den Gewinn. Daher muss das mit eingeplant werden und ggf. auch ein Sanierungserlaß beim FA beantragt werden.


Meine Erfahrungen als Anwalt aus den vielen Fällen der Insolvenzanfechtung, Wirtschaftsstrafrecht, etc. fließen in die Sanierungskonzepte mit ein, an denen ich mitgewirkt habe.


# Fazit


Die Haftungstatbestände im Insolvenzrecht sind vielfältig und komplex. Es ist daher wichtig, dass Geschäftsführer und Vorstände sich ihrer Verantwortung bewusst sind und angemessene Maßnahmen ergreifen, um potenzielle Haftungsrisiken zu minimieren.


# Unterstützung durch einen erfahrenen Anwalt


Als erfahrener Anwalt im Bereich Sanierung und Insolvenz stehe ich Ihnen gerne zur Seite, um Sie über Ihre Pflichten und Risiken aufzuklären und Sie bei der Entwicklung von Strategien zur Risikominimierung zu unterstützen, aber natürlich auch ggf. bei der Forderungsabwehr gegen Insolvenzverwalter oder Gläubiger und ggf. auch als Strafverteidiger in Wirtschaftsstrafsachen. Ggf. stehe ich auch zur Verfügung, wenn Sie sich als Gläubiger eines insolventen Unternehmens  über die Durchsetzung Ihrer Forderungen gegen die Organe oder den Insolvenzverwalter informieren wollen. Wenn Sie Fragen haben oder eine Beratung wünschen, zögern Sie bitte nicht, Kontakt mit mir aufzunehmen.


Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel nur allgemeine Informationen enthält und nicht als Rechtsberatung angesehen werden sollte. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie einen Rechtsanwalt oder eine andere qualifizierte Rechtsberatung in Anspruch nehmen.

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Foto(s): DALL E


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