Update: Zur Pflicht der Erhebung von Straßenbaubeiträgen in Hessen

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1. Was sind Straßenbaubeiträge? 

Straßenbaubeiträge sind Beiträge, welche die Gemeinden für bestimmte straßenbauliche Maßnahmen nach den Regelungen des Kommunalabgabengesetzes (KAG) des jeweiligen Bundeslandes i. V. m. mit der örtlichen Straßenbaubeitragssatzung erheben können. Erfasst werden zum Beispiel Erneuerungen, Erweiterungen oder Verbesserungen bestimmter Anlagen. Nicht erfasst werden jedoch die laufende Unterhaltung bzw. Reparaturen oder die Kosten der erstmaligen Herstellung der bundesrechtlich beitragsfähigen Erschließungsanlagen (siehe §§ 123 ff. BauGB). Für letztere können jedoch Erschließungsbeiträge (§§ 127 ff. BauGB) erhoben werden. Näheres regelt die örtliche Erschließungsbeitragssatzung.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Erschließungsbeiträgen und Straßenbaubeiträgen liegt darin, dass der von der Gemeinde zu tragende Anteil (= Gemeindeanteil), der die umlagefähigen Kosten und damit die Belastung für die Eigentümer reduziert, bei Maßnahmen nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) i. V. m. mit der jeweiligen Straßenbaubeitragssatzung höher ist als bei der Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die erstmalige Erschließung eines Grundstücks. 

2. Einmalige oder wiederkehrende Straßenbaubeiträge?

Straßenbaubeiträge werden in der Regel als einmalige Straßenbaubeiträge von den Eigentümern der anliegenden Grundstücke erhoben. Dabei werden die von den Anliegern zu tragenden beitragsfähigen Kosten einer entsprechenden Straßenbaumaßnahme auf die Eigentümer/Anlieger verteilt, die hierdurch einen Vorteil haben (können). Einmalige Straßenbaubeiträge belaufen sich in der Regel auf mehrere tausend Euro.

In einigen Bundesländern haben die Kommunen auch die Möglichkeit, sog. wiederkehrende Straßenbaubeiträge zu erheben. Dabei werden zunächst Abrechnungsgebiete innerhalb des Gemeindegebietes gebildet. Die Kosten beitragsfähiger Straßenbaumaßnahmen innerhalb dieses Gebietes werden sodann auf die Eigentümer innerhalb dieses Abrechnungsgebietes in Form von wiederkehrenden (jährlichen) Beiträgen verteilt. Da der Kreis der Verpflichteten bei widerkehrenden Beiträgen größer ist als bei der Erhebung einmaliger Straßenbaubeiträge, ist die Belastung für den einzelnen Eigentümer geringer – wenn auch wiederkehrend. Die Ermittlung und Abrechnung widerkehrender Beiträge ist mit einem größeren Verwaltungsaufwand für die Gemeinde verbunden. Die Bildung von Abrechnungsgebieten ist u. U. schwierig und streitanfällig.

2. VGH Kassel: Pflicht zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen (Urteil vom 12.01.2018)

Im Hinblick auf die Höhe einmaliger Straßenbaubeiträge für den einzelnen Eigentümer wächst der Widerstand in der Bevölkerung gegen die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen. Nicht wenige Kommunen wollen für beitragspflichtige Maßnahmen nach dem Kommunalabgabengesetz keine Beiträge mehr von den Eigentümern erheben. So auch die hessische Gemeinde Schlitz.

In diesem Fall hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH Kassel) am 12. Januar 2018 jedoch entschieden, dass eine Gemeinde – jedenfalls bei defizitärer Haushaltslage – verpflichtet ist, die ihr möglichen Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen und Straßenbaubeiträge zu erheben.

Komme die Gemeinde dieser Verpflichtung nicht nach, so sei die Kommunalaufsichtsbehörde berechtigt, die Gemeinde anzuweisen, eine entsprechende Straßenbaubeitragssatzung als Grundlage für die Erhebung von Straßenbaubeiträgen zu erlassen. Erlasse die Kommune gleichwohl keine Straßenbaubeitragssatzung, so sei auch der Erlass einer solchen durch die Kommunalaufsicht rechtlich nicht zu beanstanden und die Gemeinde nicht in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt. 

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit, hat der VGH Kassel die Revision bei dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig zugelassen.

3. Hessischer Landtag beschließt Gesetz zur Aufhebung des Erhebungszwangs von Straßenbeiträgen.

Während die hessischen Kommunen bislang also die Kosten beitragsfähiger Straßenbaumaßnahmen auf die Anlieger umlegen „sollten“ und hierzu nach dem v. g. Urteil des VGH Kassel verpflichtet waren, hat der Hessische Landtag am 24.05.2018 das „Aufhebung des Erhebungszwangs von Straßenbaubeiträgen und für mehr kommunale Selbstverwaltung“ beschlossen. 

Danach „können“ Städte und Gemeinden in Hessen künftig selbst entscheiden, ob sie (einmalige oder wiederkehrende) Straßenbaubeiträge erheben, oder davon absehen. 

Ob Kommunen, die bisher Straßenbaubeiträge erhoben haben – und dies ist die Mehrzahl – künftig davon absehen werden, bleibt abzuwarten. So oder so haben die Bürger am Ende die Kosten zu tragen.


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