PKV: Kündigung bedarf des Nachweises der Nachversicherung

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Kündigt ein Versicherungsnehmer eine Krankenkostenversicherung, die der Erfüllung der Versicherungspflicht dient, so muss er dem Versicherer nachweisen, dass er ohne Unterbrechung eine Anschlussversicherung abgeschlossen hat oder er wegen Wegzugs aus Deutschland der Versicherungspflicht nicht mehr unterliegt.

In der Praxis führt das dazu, dass der alte Versicherer den Versicherungsnehmer solange als Vertragspartner führen muss, bis ihm die Nachversicherung nachgewiesen wird. Viele Versicherer vertreten dabei den Standpunkt, dass die Vorlage der Nachversicherungsbescheinigung Voraussetzung für die Kündigung ist, d.h. dass die Nachversicherungsbescheinigung spätestens zum Kündigungszeitpunkt beim Versicherer eingegangen sein muss. Dementsprechend regeln die Musterbedingungen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft, die den allermeisten Verträgen zugrunde liegen, dass eine Kündigung nur dann wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer die Nachversicherung innerhalb der Kündigungsfrist nachweist. Die verspätete Vorlage der Nachversicherungsbescheinigung soll dann dazu führen, dass keine Kündigung erfolgt ist. Diese Ansicht entspricht wohl auch der ganz überwiegenden Ansicht in der juristischen Literatur.

Das LG Karlsruhe hat jedoch in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 18.07.2011 - 1 S 176/10 (abgedruckt in r+s 2013, 137 f.) entschieden, dass eine Kündigung auch dann wirksam wird, wenn die Bescheinigung erst nach der Kündigungsfrist dem Versicherer vorgelegt wird. Allerdings soll die Kündigung dann erst ab Vorlage der Bescheinigung ihre Wirksamkeit entfalten, weshalb der Versicherungsnehmer bis zu diesem Zeitpunkt 2 Versicherungsprämien zu zahlen hat. Die hiervon abweichende Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen soll wegen Verstoßes gegen § 208 VVG unwirksam sein.

Das Problem taucht in der Praxis relativ häufig auf. Da für den Versicherungsnehmer eine Kündigung des Versicherungsvertrags nur zum 31.12. eines jeden Jahres möglich ist, verlängert sich das Vertragsverhältnis nach Ansicht der Versicherer bei Vorlage der Bescheinigung über die Anschlussversicherung nach dem 01.01. um ein volles Jahr, in dem der Versicherungsnehmer dann zwei Versicherungsprämien zu zahlen hätte. Denn ein Kündigungsrecht stünde ihm im Neuvertrag auch nicht zu. Selbst wenn der Versicherungsnehmer die Zahlung auf den Altvertrag einstellt, so ist der Versicherer an einer Kündigung gehindert. Er kann lediglich das Ruhen der Leistungen feststellen. Gleichzeitig sind die Versicherer auch aufsichtsrechtlich gehalten, ihre Ansprüche zu verfolgen, um die Versichertengemeinschaft nicht zu schädigen, so dass eine gerichtliche Auseinandersetzung vorprogrammiert scheint.

Ob die vorliegende Entscheidung von weiteren Gerichten bestätigt werden wird, bleibt abzuwarten. Letztlich gibt es für die Behandlung des Problems drei Lösungsmöglichkeiten:

1.) Die Kündigung wird mit Vorlage der Bescheinigung auch rückwirkend wirksam; dies entspricht weder dem Wortlaut der Bedingungen noch dem jetzigen Urteil des LG Karlsruhe.

2.) Die Kündigung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem die Bescheinigung vorgelegt wird, frühestens aber zum Kündigungszeitpunkt; hierfür plädiert das LG Karlsruhe.

3.) Wird die Bescheinigung erst nach dem Kündigungszeitpunkt vorgelegt, so ist die gesamte Kündigung unwirksam. Dies entspricht sowohl den Versicherungsbedingungen als auch der herrschenden Literatur.

Das Ergebnis des LG Karlsruhe ist nicht zwingend. § 205 Abs. 6 Satz 2 VVG, auf den das LG abstellt, lautet: „Die Kündigung wird erst wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung versichert ist". Berücksichtigt man, dass der Versicherungsnehmer ohnehin eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Jahresende einzuhalten hat, also bis zum 30.09. kündigen muss, so verbleiben ihm drei Monate, um eine Nachversicherung nachzuweisen. Versteht man den Nachweis als Wirksamkeitsvoraussetzung, so wird die Kündigung zum 01.01. unwirksam. Schon die Frage der Rechtssicherheit für den Altversicherer könnte dafür sprechen, einen verspätet eingereichten Nachweis nur als Bestätigung der unwirksamen Kündigungserklärung und damit als neue Kündigung zum nächstzulässigen Zeitpunkt zu verstehen. Inwieweit dies den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligen soll, ist nicht nachvollziehbar.

Andernfalls bestünde für den Versicherungsnehmer die Möglichkeit vorsorglich erst einmal die Kündigung zu erklären und sich dann erst nach dem 01.01. um neuen Versicherungsschutz zu bemühen. Denn der Abschluss einer neuen Krankenversicherung ist unterjährig jederzeit möglich. Dass dies nicht gewollt sein kann, dürfte aber offenkundig sein.

Jedenfalls bleibt die weitere Rechtsprechung abzuwarten.

Rechtsanwalt Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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