Polnische Errungenschaftsgemeinschaft vs. Deutsche Zugewinngemeinschaft

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Wenn eine Ehe mit einem polnischen Ehegatten geschlossen wird, können die ehelichen Vermögensverhältnisse der Eheleute sowohl dem polnischen wie als auch dem deutschen Güterrecht unterliegen. Welches Recht hier zur Anwendung kommt hängt - mangels der bewussten Rechtswahl - maßgeblich davon ab in welchem Staat die Gemahlen nach der Hochzeit zunächst wohnten[1] oder gerade wohnen[2]. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen dem polnischen gesetzlichen Güterrecht der Errungenschaftsgemeinschaft und der Deutschen Zugewinngemeinschaft. Diese sollen hier angesprochen werden und anhand einiger Beispiele erläutert werden.  

A. Das Wesen der Zugewinngemeinschaft

Das Wesen der Zugewinngemeinschaft lässt sich aus den §§ 1364, 1366, 1373 ff. BGB herauslesen. Es handelt sich dabei um - bildlich ausgedrückt - eine Gütertrennung mit Ausgleichsanspruch im Falle einer Scheidung oder - nach besonderen Regeln - im Todesfall. Aus diesem Grunde ist zu ermitteln, welches Vermögen die beiden Ehegatten jeweils am Anfang sowie am Ende der Ehezeit hatten. Der Ausgleichsanspruch steht dieser Partei zu, welche den niedrigeren Zugewinn erzielt hat. Dieser Anspruch wird durch einen Auskunftsanspruch flankiert, wodurch ein Ehegatte vom Anderen in der Form eines Verzeichnisses Angaben zum Endvermögen erlagen kann[3].

B. Das Wesen der Errungenschaftsgemeinschaft

Errungenschaftsgemeinschaft ist Europas am weitesten verbreitete Güterstand, welcher u.a. Frankreich oder in Polen gilt. In Polen kommen folgende Grundregel zur Anwendung: Es bestehen drei Vermögensmassen, ein gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten und zwei private Sondervermögen beider Eheleute[4]. Das gemeinschaftliche Vermögen setzt sich - vereinfacht ausgedrückt - daraus zusammen, was die Ehegatten während der Ehe mittels deren beruflichen oder gewerblichen Verdiensten erstehen werden. Das Privatvermögen umfasst dagegen vor allem dies, was die Gemahlen vor der Ehe sich angehäuft haben, ferner Erben, Schenkungen oder persönliche Urheberrechte[5]. Erlischt das eheliche Zusammenleben durch eine Trennung oder Scheidung, wird nur gemeinschaftliches, vorhandenes Vermögen geteilt. Beim Erben sind die Ehegatten und die Kinder gleicherbberechtigt, mit dem Vorbehalt, dass der überlebende Ehegatte mindestens ¼ vom Erbe bekommt.

C. Gegenüberstellung

Beim immer noch in Europa weitverbreitetem Model, wonach die Frauen weniger als die Männer verdienen[6] und die Ehegatten nach der Hochzeit als größte Investition eine gemeinsame Immobilie finanzieren, die im Schnitt zwischen 30. und 40. Lebensjahr gekauft wird[7] und die durch ein Kreditinstitut mitfinanziert wird und dies bei einer Familie mit zwei Kindern ergeben sich folgende Unterschiede.

a) Wenn die Ehe durch Tod eines Ehegattens endet, wird - mangels testamentarischer Regelung - der überlebende Ehegatte in Polen 2/3 des Hauses haben[8]. In Deutschland würde die Ehegatte über ¾ des Hauses verfügen, denn zu seiner Hälfte kommt von der zweiten Haushälfte noch ¼ vom Erbe als Zugewinnausgleich und ¼ als einfacher Anteil am Erbe in Betracht.

b) Im unglücklichen, aber leider nicht seltenen Falle einer Scheidung, beim noch laufenden Kredit und dem vorzeitigen Verkauf des Hauses mit Tilgung des Kredites inklusive Vorfälligkeitsentschädigung, erhalten in beiden Ländern die Ehegatten ½ des Überschusses, welcher nach der Tilgung verbleibt. Hatte ein Ehegatte eine Immobilie bereits vor der Ehe gehabt und die bis zur Scheidung weitgehend abbezahlt, während der andere Ehegatte kleineres Vermögen erwirtschaftet hat, steht in Deutschland der ärmeren Partei einen Ausgleichsanspruch, welcher inflationsbereinigt wird und ein reiner Geldanspruch darstellt. In Polen dagegen kann die ärmere Partei nur Zurückerstattung der Hälfte der Aufwendungen auf das Privat Sondervermögen geltend machen. Dies führt etwa bei den Situationen eines Hausbaues zu erheblichen Beweisproblemen, zur kostspieligen Begutachtung, die etwa darauf abzielt festzustellen, welchen Teil des Gesamtkostenbedarfs für den Bau die Aufwendungen gedeckt haben und welchen Wert diese zum Zeitpunkt des Urteils haben.[9]  

3. Der Zugewinnausgleich zum vereinfachten Versorgungsausgleich führt, was in Polen auf solche Art und Weise nicht Fall ist, obwohl grundsätzlich die Rentenersparnisse den gemeinsamen Vermögen angehören[10].

 

[1] Vgl. Art. 26 Abs. 1 Bch. a) der VERORDNUNG (EU) 2016/1103 DES RATES, der an ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben der Ehegatten anknüpft.

[2] Vgl. Art. 51 Abs. 1, 2 des polnischen IPR-Gesetzes.

[3] Vgl. §§ 1379 I 1, 260 BGB.

[4] Vgl. Art. 31 § 1, 2 polnischen Familiengesetzbuches.

[5] Das Gesetz sieht eine abschließende Aufzählung des zum Sondervermögen der beiden Ehegatten gehörenden Gegenstände, vgl. Art. 33 polnischen Familiengesetzbuches.

[6] Laut EU Kommission die s.g. Gender Pay Gap in der EU selbst an den identischen Stellen 14,1% betrug, in Deutschland sogar 19,2%.

[7] In diesem Alter kaufen 45% aller Deutsche seine erste Immobilie, vgl. https://www.sparkasse.de/themen/eigenheim-finanzieren/das-richtige-alter-beim-immobilienkauf.html#:~:text=Durchschnittsalter%20beim%20ersten%20Erwerb%20einer,deutlich%20%C3%BCber%2040%20Jahre%20alt, zuletzt am 30.1.2022 abgerufen, in Polen über 80% der Menschen kaufen die erste Wohnung vor dem 30 Lebensjahr, vgl. https://www.bankier.pl/wiadomosc/Mieszkanie-a-wiek-kupujacego-Sprawdzamy-jakie-wymagania-i-mozliwosci-maja-nabywcy-w-kolejnych-dekadach-zycia-8244582.html, zuletzt am 30.1.2022 abgerufen.

[8] ½ ist sein Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen, 1/6 kommt aus dem 1/3 der 1/2, die der Erbfolge unterliegt.

[9] Vgl. Entscheidung des polnischen BGH, III CZP 46/80.

[10] Vgl. Art. Art. 31 § 2 Pkt 4 polnischen Familiengesetzbuches.


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