Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zum Teil unwirksam ( BGH )

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BGH, Urteil vom. 10.03.2021 – IV ZR 353/19

Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung zum Teil unwirksam 

 

  • Bei einer Prämienanpassung nach § 203 II VVG wird erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 V VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordneten Frist in Lauf gesetzt. Die Prämie kann also erst dann wirksam angehoben werden.
  •  Auch eine spätere Mitteilung, die den Voraussetzungen genügt kann lediglich die Wirksamkeit für die Zukunft begründen. Der Versicherer kann also durch eine nachträgliche Begründung seinen Fehler nicht für die Vergangenheit beheben, sodass die Erhöhung für den vergangenen Zeitraum nicht bezahlt werden muss und zurückgefordert werden kann.

 

In dem Urteil stritten die Parteien über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung ( PKV ):

Im Informationsschreiben über die Beitragsanpassung hieß es auszugsweise, dass die einmal vertraglich vereinbarten Leistungen ein Leben lang garantiert werden.
Es werde dabei darüber hinaus berücksichtigt, dass der medizinische Fortschritt bei Diagnostik, Therapiemethoden und Medikamenten im Versicherungsschutz eingeplant werde. Damit wachse also auch der Versicherungsschutz. 

Um das Leistungsversprechen dauerhaft aufrechterhalten zu können, müssen einmal im Jahr alle Beiträge überprüft werden. Dies erfolge in der Kranken-, Krankentagegeld- und Pflegeergänzungsversicherung für jeden Tarif getrennt nach Alter und Geschlecht. Bei der Überprüfung werden die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen Ausgaben verglichen. Ferner hieß es: Weichen die Zahlen um den in den allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Prozentsatz nach oben oder unten voneinander ab, müssen die Beiträge angepasst werden. Hierzu seien sie gesetzlich verpflichtet. Neben den Leistungsausgaben beeinflussen weitere Faktoren den Beitrag:

Steigende Lebenserwartung (…)
Kapitalmarktsituation (…)
Entwicklung des Versichertenbestandes (…).
 
 Auch bereits im Vorjahr ( 2014 ) erfolgte eine inhaltsgleiche Mitteilung und Erhöhung. Weitere Beitragserhöhungen erfolgten sowohl 2017 als auch 2018.

 
Nach Ansicht des BGH sind die Prämienerhöhungen für die Jahre 2014 und 2015 bis zum 30.11.2017 nicht wirksam geworden. Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Erhöhungen zu bezahlen.

Das Begründungsschreiben nebst Anlagen genügte nicht den Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe i.S.d. 
§ 203 V VVG. 
Der Versicherer müsse nämlich zur Begründung der Berechnungsgrundlage die Berechnungsgrundlage nennen, deren Veränderungen die Prämienanpassung ausgelöst hat.

Es muss mit der erforderlichen Klarheit ersichtlich sein, dass sich die Berechnungsgrundlage durch Versicherungsleistungen über dem geltenden Faktor geändert hat und dadurch die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst wurde.

Dagegen muss der Versicherer aber nicht mitteilen, in welcher Höhe sich die Berechnungsgrundlage konkret verändert hat. Er muss auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, die die Prämienhöhe beeinflusst haben ( z.B.: Rechnungszins ) angeben.

Durch Zustellung der Klageerwiderung im Jahr 2017 konnte die unzureichende Begründung geheilt werden, sodass die Prämienerhöhungen zum 1.12.2017 wirksam werden konnten. Für die Vergangenheit ging dies aber nicht mehr.
 
 Ein Entreicherungseinwand des Versicherers war nicht erfolgreich, da es nach Ansicht des BGH an einem dauerhaften Vermögensverlust fehlte.

Der BGH stellt aber auch klar, dass der Begriff der „maßgeblichen Gründe“ der Auslegung bedurfte. Es ist daher immer noch eine Frage des Einzelfalls, ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 V VVG genügt.
 

Die „Informationen zur Beitragsanpassung“ wahren die Voraussetzungen jedenfalls nicht, wenn sie nur in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Prämienüberprüfung erläutern ohne das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitzuteilen.


Benötigen Sie Hilfe bei der Klärung versicherungsrechtlicher Probleme, so wenden Sie sich gerne an die Kanzlei WBK.
Gerne helfen wir Ihnen dabei ihre Ansprüche zu prüfen und gegebenenfalls auch gerichtlich durchzusetzen.
 
BGH, Urteil vom 10.03.2021 – IV ZR 353/19
 


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