Private Berufsunfähigkeitsversicherung – erhebliche Bedeutung der Tätigkeitsbeschreibung im Antrag

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Die private Berufsunfähigkeitsversicherung soll krankheitsbedingte Einkommensverluste auffangen, wenn ein Arbeitnehmer oder Selbstständiger aufgrund Krankheit seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann. Vielfach werden Leistungsanträge durch Versicherungen jedoch abgelehnt mit der Begründung, es würde keine Berufsunfähigkeit im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen vorliegen. Durch sorgfältigere Formulierung der Leistungsanträge und fachkundige Begleitung ließe sich dies vielfach vermeiden.

Nach der grundsätzlichen Definition des Versicherungsvertragsgesetzes (§ 172 VVG) ist berufsunfähig, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. Als weitere Voraussetzung einer Leistungspflicht des Versicherers kann vereinbart werden, dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die Ausbildung und Fähigkeiten entspricht. Unter einer Berufsunfähigkeit im Sinne der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung ist mithin etwas vollständig anderes zu verstehen als unter dem Begriff der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung im Sinne des Sozialversicherungsrechts.

Über die gesetzliche Definition hinausgehend regeln die Versicherungen die Leistungsvoraussetzungen in ihren Versicherungsbedingungen jeweils individuell. Entscheidend sind immer die Leistungsvoraussetzungen des konkreten Versicherungsvertrages. Diese können sehr unterschiedlich ausfallen. Es ist daher wichtig, immer die konkret anwendbaren Versicherungsbedingungen zu lesen und dahingehend zu prüfen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um die Leistungen beanspruchen zu können.

Vielfach wird in den Versicherungsbedingungen geregelt, dass Leistungen erst beansprucht werden können, wenn die Berufsunfähigkeit einen Grad von 50 % erreicht hat. Diese 50- %-Grenze wird vorrangig in zeitlicher Hinsicht geprüft. In der Praxis fragen die Versicherer in ihren Antragsformularen daher die Arbeitszeiten der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ab. Die Antwort auf diese Fragen sollte wohl überlegt sein, da die Versicherung natürlich prüft, ob trotz vorhandener Erkrankung der Beruf zu mehr als 50 % ausgeübt werden kann.

Keine Berufsunfähigkeit nach diesen Versicherungsbedingungen würde beispielsweise dann vorliegen, wenn der Arbeitsplatzbeschreibung unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung entnommen werden kann, dass bei einem 8 Stunden Arbeitstag die Arbeit noch 4,5 Stunden geleistet werden kann. Die Leistungen würden dann abgelehnt werden, unabhängig davon, ob es eine Möglichkeit gibt, mit der eingeschränkten Gesundheit den Lebensunterhalt zu verdienen. Arbeitsrechtlich gesehen liegt nämlich krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit so lange vor, bis der Arbeitnehmer wieder in der Lage ist, zu 100 % zu arbeiten. Der Arbeitgeber muss erst dann wieder den Arbeitslohn bezahlen, wenn der Arbeitnehmer die volle vereinbarte Arbeitszeit tatsächlich arbeitet.

Auch bei der bevorstehenden medizinischen Begutachtung sollte Wert darauf gelegt werden, dass dem Gutachter die Anforderungen des konkreten Berufs und Arbeitsplatzes bekannt sind. Es kann nicht unbedingt vorausgesetzt werden, dass sich ein medizinischer Gutachter mit den jeweiligen Anforderungen in verschiedenen Berufen 100-prozentig auskennt.

Vor einem vorschnellen und unüberlegten Ausfüllen der Antragsformulare muss daher dringend gewarnt werden. Es sollten vorab die vereinbarten Versicherungsbedingungen nach den konkreten Leistungsvoraussetzungen geprüft werden. Unter Berücksichtigung dieser Leistungsvoraussetzungen sollte eine realistische und wahrheitsgetreue Tätigkeitsbeschreibung eingereicht werden. Dadurch lassen sich viele Leistungsablehnungen und langwierige Rechtsstreitigkeiten vermeiden.


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