Prozessfinanzierung – Kosten und Risiken vor Gericht erfolgreich umgehen

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Oftmals ist der Weg zu Gericht die letzte Möglichkeit einen Streitfall zu lösen. Die Frage nach Prozesskosten und Prozessrisiko sind neben den Erfolgsaussichten die meist gestellte Frage. Was viele Verbraucher nicht wissen: Das Risiko hoher Prozesskosten lässt sich umverteilen. In diesem Beitrag erhalten Sie Informationen, wie Sie einen Gerichtsprozess finanzieren können. Speziell wird die gewerbliche Prozessfinanzierung beleuchtet und von den anderen Möglichkeiten abgegrenzt.

Anfallende Prozesskosten und Risiken in einem Gerichtsverfahren

In einem Streit vor Gericht kommen auf den Kläger Gerichtskosten sowie außergerichtliche Kosten zu. 

Zu den Gerichtskosten gehören sämtliche Kosten, die mit der Arbeit des Gerichts zusammenhängen. Diese sind zum einem die anfallenden Gebühren des Gerichts. Zum anderen sind dies Auslagen für Privatgutachten oder Sachverständige, Entschädigung von Zeugen sowie Kosten für Telekommunikation. 

Das Honorar für den eigenen sowie den gegnerischen Anwalt gehört zu den außergerichtlichen Kosten. 

Vor Prozessbeginn muss der Kläger einen Gerichtskostenvorschuss leisten. Erst danach wird das Gericht tätig. Somit ist bereits vor Prozessbeginn mit Auslagen seitens des Klägers zu rechnen.

Mit einem Urteil entscheidet das Gericht dann, wer die gesamten Prozesskosten übernimmt. Im Erfolgsfall wird der Vorschuss erstattet. Bei einer Niederlage trägt der Verlierer die Prozesskosten sowie die Kosten für den gegnerischen Anwalt. 

Aus diesem Grund ist eine gute und umfassende Beratung durch einen kompetenten und geeigneten Rechtsanwalt bereits vor Prozessbeginn essentiell.

Prozesskosten können mit einer Prozessfinanzierung umverteilt werden, sodass einer Klage nichts mehr im Wege steht

Prozessfinanzierung: verschiedene Möglichkeiten im Überblick 

Wer die Kosten eines Rechtsstreits nicht alleine stemmen kann oder will, der hat verschiedene Möglichkeiten das eigene Prozessrisiko zu vermeiden. Neben der Eigenfinanzierung gibt es die:

  • Rechtschutzversicherung
  • Prozesskostenhilfe
  • Erfolgshonorare für Anwälte und die
  • gewerbliche Prozessfinanzierung

Private Rechtsschutzversicherung

Bei der privaten Rechtsschutzversicherung werden Anwalts- und Gerichtskosten in einem Rechtsstreit vom Versicherer direkt übernommen. Der Anwalt übernimmt in der Regel die Einholung der Deckungszusage durch die Rechtsschutzversicherung. Hier fällt dann in der Regel nur eine minimale Selbstbeteiligung an, die im Erfolgsfall vom Gegner übernommen werden muss. 

Prozesskostenhilfe

Bei geringem Einkommen und Vermögen kann die Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden. Die Prozesskosten für das Gericht und den Anwalt werden hier teilweise oder ganz vom Staat getragen. Nichtsdestotrotz müssen bei gerichtlicher Niederlage die Kosten des gegnerischen Anwalts bezahlt werden, sodass ein gewisses Kostenrisiko bestehen bleibt. Verbessert sich die wirtschaftliche Lage des Mandanten im Anschluss stark, kann der Staat eine Rückzahlung der Prozesskostenhilfe fordern.

Erfolgshonorar für Anwälte

In Einzelfällen, bei denen der Kläger seinen Anspruch nicht geltend macht, kann auf das Erfolgshonorar für Anwälte zurückgegriffen werden. Voraussetzung hierbei ist, dass die wirtschaftliche Lage des Mandanten einen Rechtsstreit nicht zulässt. Die Vergütung des Rechtsanwalts hängt vom Erfolg vor Gericht ab. Im Falle einer Niederlage erhält der Anwalt kein Honorar. Der Mandant trägt dennoch alle anderen Prozesskosten – inklusive die des gegnerischen Anwalts.

Gewerbliche Prozessfinanzierung

Im Falle einer gewerblichen Prozessfinanzierung (oder auch Prozesskostenfinanzierung) übernimmt eine Gesellschaft bei Rechtsstreitigkeiten das gesamte finanzielle Risiko. Es handelt sich um eine Finanzdienstleistung, bei der ein Unternehmen als Geldgeber für den Kläger fungiert. Geht der Prozess verloren, trägt der Geldgeber sämtliche Prozessgebühren, Gutachterkosten und Anwaltshonorare – auch die der gegnerischen Partei. Im Gegenzug erhält das Unternehmen im Erfolgsfall (oder einem Vergleich) ein Erfolgshonorar. 

In den folgenden Abschnitten wird die gewerbliche Prozessfinanzierung weiter im Detail beleuchtet.

Gewerbliche Prozessfinanzierung und ihre Vorteile

Der größte Vorteil einer gewerblichen Prozessfinanzierung ist die finanzielle Risikoübertragung der Prozesskosten. Der Mandant finanziert den Gerichtsprozess nicht vor. Bei einer Abweisung der Klage übernimmt der Prozesskostenfinanzierer sämtliche Prozesskosten – auch die des gegnerischen Anwalts.

Auch prüft das Unternehmen die Bonität des Gegners. Damit stellt der Geldgeber sicher, dass er im Erfolgsfall nicht auf den Auslagen sitzen bleibt.

Darüber hinaus begibt sich der Kläger durch die finanzielle Waffengleichheit mit dem Gegner in eine bessere Verhandlungsposition.

Für solch eine Finanzierung müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein, die im Folgenden erläutert werden.

Gewerbliche Prozessfinanzierung und die Voraussetzungen 

Für eine Prozessfinanzierung müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Diese lassen sich in drei Punkte unterteilen:

1. Höhe des Streitwerts

Einige Unternehmen bieten eine Finanzierung ab einem Streitwert von 10.000 € an. In der Regel ist die Mindesthöhe jedoch fünfmal so hoch. Grundsätzlich gilt: Je höher der Streitwert, desto niedriger das Erfolgshonorar des Prozesskostenfinanzierers.

2. Prüfung der Erfolgsaussichten

Um sicherzustellen, dass das finanzielle Risiko gering bleibt, werden primär Fälle mit hohen Erfolgsquoten angenommen. Diese wird anhand bereits gefällter Urteile in ähnlichen Prozessen berechnet und muss über 50 Prozent liegen.

3. Prüfung der Zahlungsfähigkeit des Gegners

Der Prozesskostenfinanzierer prüft vor Vertragsschluss, ob der Gegner des Verfahrens zahlungsfähig ist. Das Unternehmen möchte damit sicherstellen, dass es bei gerichtlichen Sieg die vereinbarte Erfolgsbeteiligung erhält. Achten Sie bei Vertragsabschluss in diesem Fall also auf Klauseln, die bei der Insolvenz des Gegners greifen.

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Kostenübernahme durch gewerbliche Prozessfinanzierung

Die gewerbliche Prozessfinanzierung beinhaltet alle gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die mit dem Rechtsstreit in Verbindung stehen. Zu diesen gehören:

  • Eigene Anwaltskosten
  • Gegnerische Anwaltskosten
  • Gerichtskosten
  • Kosten für Zeugen und Sachverständige
  • Kosten für Privatgutachten
  • Kosten für die Zwangsvollstreckung

Bei einem negativen Urteil vor Gericht übernimmt der Prozesskostenfinanzierer das Risiko und sämtliche Prozesskosten, die hierbei entstanden sind. Im Gegenzug erhält das Unternehmen im Erfolgsfall (oder einem Vergleich) ein Erfolgshonorar, welches zwischen 20 Prozent und 50 Prozent der erstrittenen Summe ausmacht. 

Gewerbliche Prozessfinanzierung und die Rolle des Anwalts

Der Anwalt ist die erste Ansprechperson für den Mandanten. Die Auswahl eines geeigneten Rechtsbeistands entscheidet neben dem Streitgegenstand häufig auch über den Ausgang des Prozesses. 

Der Anwalt und der Prozesskostenfinanzierer haben keinen gesonderten Vertrag. Beide Instanzen sind dem Mandanten gegenüber so verpflichtet, wie es ihr jeweiliger Vertrag vorsieht. Der Anwalt fungiert zwischen den Parteien als Vermittler. Vor Vertragsabschluss zwischen dem Mandanten und dem Geldgeber leitet er neben der Klageschrift auch weitere relevante Dokumente weiter. Nach Vertragsabschluss informiert er ihn fortlaufend über den Status der Gerichtsverhandlungen. Auch ist der Prozesskostenfinanzierer oder ein Stellvertreter bei Verfahren und bei Gerichtsterminen anwesend. Er weiß stets über taktische und prozessuale Vorgehen Bescheid.

Damit zwischen den drei Parteien kein Interessenkonflikt entsteht, ist es wichtig, einen Anwalt zu wählen, der nicht im Unternehmen des Geldgebers beschäftigt ist. Bestenfalls bestehen vertrauensvolle Verbindungen zwischen dem Prozesskostenfinanzierer und dem Anwalt.




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