Sachverhalt in Ruhe ermitteln - auch bei außerordentlicher Kündigung ist keine Hetze angezeigt

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Die genauen Umstände, die zu einer fristlosen (außerordentlichen) Kündigung führen, exakt und haltbar zu ermitteln, ist oft nicht auf die Schnelle getan. Wenn auch der § 626 Abs. 2 BGB eine Frist von 2 Wochen ab Kenntnis des Fehlverhaltens regelt, muss der Arbeitgeber nicht hetzen. Er hat Zeit, genau zu ermitteln, wie der Sachverhalt liegt und ob es überhaupt einen Pflichtverstoß gab. Der Arbeitgeber muss dazu ermitteln. Das kann Wochen dauern.

Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Frist erst dann beginnt, wenn alles genau festgestellt ist, was zur fristlosen Kündigung führt. (Beschluss LAG Baden-Württemberg v. 28.01.15 – 13 Ta BV 6/14)

Der Fall der dem Beschluss des LAG zugrunde lag, trug sich in einer Bank zu. Ein Mitarbeiter, noch dazu Betriebsratsvorsitzender – hatten seinen Arbeitgeber um Provisionen, die ihm nicht zustanden, betrogen. Der Mitarbeiter war zu 80% freigestellt und hat zu 20 % als Wertpapierberater gearbeitet. Bei der Bank gab es die Betriebsvereinbarung, dass die Berater Provisionen für abgeschlossene Aufträge erhalten. Die Orderaufträge wurden unter der entsprechenden Beraternummer zugeordnet. Der „clevere“ Betriebsratsvorsitzende hat in 47 Fällen seine Beraternummer eingetragen, obwohl er die Aufträge nicht bearbeitet hatte. Es ging um 2.000 €, die ihm nicht zustanden.

Am 17.01.2014 hatte der Vorstand der Bank von den Ungereimtheiten erfahren und am darauf folgenden Montag die Innenrevision mit der genaueren Prüfung beauftragt. Es ging zunächst um 15 Verdachtsfälle von Betrug. Der Arbeitgeber wollte noch mehr Gewissheit. Am 05.02.2014 hatte der Arbeitgeber Gewissheit  und hörte am 07.02.2014 den Betriebsrat zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden an. Der Betriebsrat muss in diesem Fall - Kündigung eines Betriebsratsmitglieds - die Zustimmung erteilen. Das tat er nicht. Dem Arbeitgeber blieb nur der Ersatz der Zustimmung durch das Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht war der Ansicht, dass er schon beim Anfangsverdacht hätte kündigen müssen. Dies wies das LAG zurück: Dem Arbeitgeber ist durchaus genug Zeit zuzugestehen, die er zur Prüfung der Umstände benötigt. Aus Sicht des LAG hat der Arbeitgeber zügig genug gehandelt, so dass der Zustimmungsantrag beim Betriebsrat am 07.02.2014 rechtzeitig in der Frist des § 626 Abs. 2 BGB einging.

Außerordentlich gekündigt werden durfte auch. Die Gründe hierfür waren ausreichend.

FAZIT:

Genau recherchieren, Ruhe bewahren und am besten einen Anwalt hinzuziehen.


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