Veröffentlicht von:

Schadensersatz für Tattoo Artist wg. Copycat - Tattoo

  • 6 Minuten Lesezeit
Rechtsanwalt Lars Rieck in Weste mit verschränkten Armen, auf denen Tattoos zu sehen sind.

Für einen bekannten deutschen Tattoo Artist habe ich gestern vor dem Amtsgericht Hamburg erfolgreich seine Rechte wegen einer Urheberrechtsverletzung durchgesetzt. Der Urheberrechtsverletzer, der ein Tattoo meines Mandanten kopiert hatte, verpflichtete sich dazu, weitere 600 € Schadensersatz zu zahlen, nachdem er bereits außergerichtlich 2000 € gezahlt hatte.

Der Fall

Der Kläger ist erfolgreicher Tattoo Artist in Norddeutschland. Er ist für seinen außergewöhnlichen Stil bekannt, der nordische Einflüsse aufnimmt und in Tattoos verarbeitet. Über sein Schaffen wurde unter anderem bereits in diversen Zeitungen, in Fernsehsendungen und im Internet berichtet. Für eine Kundin fertigte er ein sogenanntes Custom-Tattoo an. Dieses Tattoo wird extra für die Kundin entworfen und nur einmal gestochen. Einige Zeit später erweiterte er auf Wunsch der Kundin dieses Tattoo um weitere nordische Motive, die ebenfalls ausschließlich für diese Kundin gestochen wurden. Das Tattoo kam so gut an, dass darüber in mehreren Zeitungen mit Bild berichtet wurde. Dabei wurde der Tätowierer als Urheber genannt.

Das Plagiat

Einige Monate später musste der Tattoo Artist auf der Social Media-Plattform Instagram eine schlechte Kopie seines Unikats entdecken. Der Kunde eines anderen Tätowierers aus der gleichen Region präsentierte es dort stolz. Bei dem sogenannten Copycat-Tattoo handelte es sich um eine schlechter ausgeführte Kopie seines Werks. Kurze Zeit später musste der Tattoo Artist das Copycat-Tattoo auch auf der Internetseite des Tattoo-Studios des Mitbewerbers vorfinden. Es wurde also offensichtlich sogar damit geworben.

Die Rechtsverletzungen

Der Tattoo Artist wandte sich daher an mich und fragte nach seinen Ansprüchen gegen den anderen Tätowierer. Da es sich um eine unerlaubte und noch dazu plumpe Kopie eines Unikats handelt, liegen gleich mehrere Urheberrechtsverstöße vor. So wurde nicht nur eine schlechte Kopie geschaffen, sondern diese auch noch fotografiert und ins Internet gestellt. Damit liegt nicht nur eine unerlaubte Vervielfältigung (§ 16 UrhG), sondern auch noch eine unerlaubte Verbreitung (§ 17 UrhG), unerlaubte öffentliche Zugänglichmachung im Internet (§ 19a UrhG) und die unerlaubte Veröffentlichung einer Bearbeitung (§ 23 UrhG) des von meinem Mandanten geschaffenen Tattoos vor.

Zudem wurde der Tattoo Artist nicht als tatsächlicher Urheber genannt. Sein Recht auf Nennung als Urheber aus § 13 UrhG wurde also ebenfalls verletzt. Dies ist in Hinblick auf die Höhe des Schadensersatzes wertsteigernd zu berücksichtigen.

Schließlich war der Tattoo Artist in der unangenehmen Lage, seiner Kunden erklären zu müssen, warum ihr Tattoo-Unikat kein Unikat mehr ist. Dies war zwar nicht seine Schuld, dennoch hatte er ihr aber Exklusivität zugesichert, was sich natürlich auch im Preis des Tattoos widerspiegelte.

Die Ansprüche

Wegen der oben geschilderten, dreisten Rechtsverletzungen ließ der Tattoo Artist den anderen Tätowierer durch mich abmahnen. Relativ schnell kam es auch zumindest zu einer Unterlassungserklärung. Darin verpflichtete sich der andere Tätowierer, sein Verhalten zukünftig zu unterlassen und anderenfalls eine Vertragsstrafe pro Verstoß zu zahlen.

Weiter forderte der Tattoo Artist aber auch Schadensersatz. Zum einen forderte er den Ersatz der Anwaltskosten, die ihm entstanden waren. Zum anderen forderte er Schadensersatz für die oben genannten Urheberrechtsverletzungen.

Bei derartigen Urheberrechtsverletzungen haben Urheber Schadensersatzansprüche. Um diese besser bemessen zu können, ist der Urheberrechtsverletzer aber zunächst zur wahrheitsgemäßen Auskunft darüber verpflichtet, wie umfangreich seine Verletzung tatsächlich war. Er muss also zum Beispiel angeben, wie lange ein urheberrechtsverletzendes Foto im Internet zu sehen war. Bereits hier haperte es, da der andere Tätowierer erst einige Wochen nach der Abmahnung ordnungsgemäß Auskunft erteilte. Erst nach vollständiger wahrheitsgemäßer Auskunft kann aber der Schadensersatz konkret berechnet werden. Deshalb ist ein Auskunftsanspruch sogar gerichtlich durchsetzbar.

Die Schadenshöhe

Zur Berechnung des Schadensersatzes für Urheber gibt es sodann drei Wahlmöglichkeiten. In ihren Rechten verletzte Urheber können auswählen, ob sie die Herausgabe des mit der Urheberrechtsverletzung verdienten Gewinns, den ihnen entgangenen Gewinn oder eine fiktive Lizenzgebühr fordern wollen. Meistens kommt es zur Forderung der fiktiven Lizenzgebühr, da diese aufgrund von diversen Honorarempfehlungen z. B. im Fotobereich und einer ausführlichen Rechtsprechung am einfachsten zu berechnen ist.

Für den Tattoo - Bereich gibt es eine solche Honorarempfehlung und auch Rechtsprechung nicht. Deshalb bedeutete der Fall auch ein wenig Neuland. Da jedenfalls ein Foto des illegal angefertigten Tattoos angefertigt und unerlaubt im Internet veröffentlicht worden war, griff ich auf die bei Rechtsverletzungen im Fotobereich bewährten Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) zurück. Diese werden von vielen deutschen Gerichten als maßgeblich für die Bemessung von Schadensersatz im Fotobereich anerkannt.

Darüber hinaus war aber auch und vor allem der Fakt zu berücksichtigen, dass hier ein Unikat vervielfältigt wurde. Der Kunde des anderen Tätowierers hätte auch unseren Mandanten mit der Erstellung eines anderen Unikats beauftragen können. Er hätte dann aber auch den entsprechenden Preis dafür zahlen müssen. Stattdessen ließ er sich das Copycat-Tattoo anfertigen. Als weitere Schadensersatzforderung bemaß ich deshalb die Kosten für die Erstellung des Unikats für die Kunden als angemessenen Schadensersatz für den Tattoo Artist.

Das Verfahren

Nachdem die eindeutigen Forderungen des Tattoo Artists auf dem Tisch lagen, weigerte sich der andere Tätowierer, den vollen Betrag zu zahlen. Der andere Tätowierer zahlte nur zögerlich und auch nur einen Teilbetrag der geforderten Summe. Deshalb sah sich der Tattoo Artist dazu gezwungen, den ihm zustehenden Rest an Schadensersatz i. H. v. rund 900 € gerichtlich geltend zu machen.

In seiner Klageerwiderung behauptete der andere Tätowierer plötzlich, das Tattoo sei eine sogenannte Privatkopie gemäß § 53 UrhG, weil es für einen Freund angefertigt worden sei und er kein Geld dafür genommen habe. Dabei handelt es sich um eine beliebte Verteidigungsstrategie bei dem Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung an einem Tattoo durch Erstellung eines Copycat-Tattoos. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht Hamburg machte der zuständige Richter aufgrund meines Vortrags dazu jedoch deutlich, dass er diese Argumentation für nicht stichhaltig halte. Auch liege eindeutig eine Urheberrechtsverletzung vor, zumal auch auf der gewerblichen Internetseite des anderen Tätowierers dafür geworben worden sei. Dieser hatte zwischenzeitlich behauptet, dies sei nur versehentlich geschehen. Auch fahrlässige Urheberrechtsverletzungen sind aber Urheberrechtsverletzungen, sodass auch diese Verteidigungsstrategie das Gericht nicht beeindrucken konnte.

Der Erfolg

Bedenken hatte der Richter lediglich hinsichtlich der Höhe des geforderten Schadensersatzes, weil er sich selbst jedenfalls nach vorläufiger Einschätzung als nicht kompetent genug dafür ansah, den Wert der Urheberrechtsverletzung durch ein Copycat-Tattoo zu bemessen. Es drohte damit die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Solche Sachverständigengutachten lösen meist Kosten im deutlich vierstelligen Euro-Bereich aus. Beiden Seiten drohte damit eine erhebliche Verteuerung des Rechtsstreits über rund 900 €. Darüber hinaus ist es im Tattoo - Bereich nahezu unmöglich, kompetente Sachverständige zu finden. Aus diesem Grund und im Interesse einer raschen Beilegung des Rechtsstreits einigten sich Tattoo Artist und Urheberrechtsverletzer auf eine Restzahlung von 600 € und eine Kostenverteilung von einem Drittel (Kläger) zu zwei Dritteln (Beklagte).

Das Fazit

Mit diesem Ergebnis ging der Tattoo Artist zufrieden nach Hause. Ihm ging es hauptsächlich darum, gegen Nachahmung seines Stils vorzugehen und dreiste Copycats nicht ungeschoren davonkommen zu lassen. Dieses Ziel wurde erreicht. Auch ich bin mit diesem Ergebnis sehr zufrieden, auch wenn ich mir für die Tattoo Branche mehr Rechtsprechung gewünscht hätte. Dies darf aber niemals auf Kosten meiner Mandanten geschehen.

Noch Fragen?

Wenn Sie Fragen zu den Rechten von Tätowierern wegen Urheberrechtsverletzungen oder zum Urheberrecht an Tattoos haben, so stehe ich gerne zur Verfügung.  Rufen Sie gleich an oder senden Sie mir eine Mail. Die Kontaktdaten finden Sie hier in meinem Profil.

Foto(s): Axel Fröbel


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Lars Rieck

Beiträge zum Thema