Schadensersatzpflicht für Arbeitgeber bei nicht genommenen Urlaub

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Grundsätzlich gilt, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch befristet ist, und zwar auf die Dauer des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist, wenn nicht die Voraussetzungen für eine Übertragung vorliegen. Das ist gängige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Der Anspruch entsteht im Urlaubsjahr und nicht für das jeweilige Urlaubsjahr. Er kann also grundsätzlich nur im laufenden Kalenderjahr erfüllt werden, da er ansonsten erlischt.

Liegen dagegen die Voraussetzungen für eine Übertragung nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) vor, dann erlischt der Urlaubsanspruch nicht bereits mit dem 31.12 des jeweiligen Urlaubsjahres, sondern erst am 31. März des Folgejahres. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Die Befristung wird demgemäß um drei Monate verschoben. Wird der Urlaub auch im Übertragungszeitraum nicht genommen, verfällt er.

Nach Ansicht des EuGH steht Art. 7 I der Richtlinie 2003/88/EG einem Erlöschen des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines Übertragungszeitraums dann entgegen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, den ihm von der Richtlinie verliehenen Urlaubsanspruch auszuüben. Nach der neueren und europarechtskonformen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 14.05.2013, Az.: 9 AZR 844/11) erlischt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch erst mit Ablauf von 15 Monaten nach dem Ende des jeweiligen Urlaubsjahrs, also am 31. März des zweiten Folgejahrs, wenn der Arbeitnehmer seinen gesetzlichen Mindesturlaub wegen langdauernder Arbeitsunfähigkeit nicht in Anspruch nehmen kann.

Eine neuere Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg hat für Aufmerksamkeit gesorgt. Danach soll der Arbeitgeber auch ohne vorherigen Urlaubsantrag seines Arbeitnehmers verpflichtet sein, von sich aus rechtzeitig den Urlaub zu gewähren. Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, so soll er schadensersatzpflichtig sein. Dies ergibt sich daraus, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dient und arbeitsschutzrechtlichen Charakter hat, so das LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.06.2014, Az.: 21 SA 221/14.

Folgt man der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch nach § 7 Abs. 3 BUrlG befristet ist und mit Fristablauf verfällt, haben Beschäftigte nach § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Ersatzurlaubsanspruchs, wenn der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch nicht rechtzeitig erfüllt, es sei denn, der Arbeitgeber hat die Nichterfüllung nicht zu vertreten. Darauf, ob sich der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Verfalls des Urlaubsanspruchs im Verzug befindet, kommt es nicht an (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.06.2014, Az.: 21 SA 221/14).

Entschieden hatte das BAG bereits, dass wenn der Arbeitnehmer den Urlaub rechtzeitig beantragt hat und der Arbeitgeber ihn dennoch nicht gewährt hat, der Arbeitgeber verpflichtet ist, für den Urlaub Schadensersatz zu bezahlen (BAG, Urteil vom 14.05.2013, Az.: 9 AZR 844/11).

Es bleibt abzuwarten, ob auch hier das Bundesarbeitsgericht der Rechtsprechung des LAG Berlin-Brandenburg folgt, denn bislang ging das höchste deutsche Arbeitsgericht davon aus, dass ein Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer ohne vorherigen Urlaubswunsch nicht von sich aus Urlaub gewährt, mangels Pflichtverletzung auch keinen Schadensersatz schuldet – sofern der Urlaub mit Ablauf des entsprechenden Jahres oder des Übertragungszeitraums nach § 7 Absatz 1, Satz 1, 3 BUrlG erlischt.

Philip Keller
Rechtsanwalt Köln


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