Scheingewinne, Schneeballsystem, Anfechtung, Neues vom BGH

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Es handelt sich um den INFINUS-Komplex, jedoch ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Oktober 2020 (BGH IX ZR 247/19) auch hinsichtlich weiterer insolventer Anlagegesellschaften von Bedeutung, bei welchen ein sog. Schneeballsystem bzw. Scheingewinne im Raum stehen und deshalb Zahlungen an Anleger vom Insolvenzverwalter angefochten werden (z.B. P&R, Lombardium, EN Storage, Hanseatisches Fußball Kontor). Im hiesigen Fall ging es um die PROSAVUS AG und die Rückforderung bewusst rechtsgrundloser Leistungen auf der Basis von Genussrechtsbedingungen; Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Frank-Rüdiger Scheffler, Dresden. 

In den letzten Jahren hatte sich im PROSAVUS-Komplex erheblicher Widerstand formiert mit Anlegerveranstaltungen und Medien-Statements. Ganz im Sinne der betroffenen Anleger hielt die federführende Kanzlei auf der Gegenseite in Kooperation mit einer Interessengemeinschaft die Rückforderungen des Insolvenzverwalters für „hochgradig problematisch“. Teilweise waren sich auch die Gerichte uneins. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein gab der Beklagtenseite Recht, andere Gerichte beurteilten die Rechtslage im Sinne des Klägers. Gegen die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 25. September 2019 führte der Insolvenzverwalter die Revision zum Bundesgerichtshof. Dieser hob nun das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Die Beklagtenseite war der Ansicht, dass der Vorstand der Insolvenzschuldnerin auf das seinerzeitige Testat der Bilanzen hätte vertrauen dürfen und sich dabei keine Scheingewinne ergeben hätten. Der Insolvenzverwalter argumentierte dagegen, dass die Insolvenzschuldnerin sehr wohl Scheingewinne auswies, was dem Vorstand bekannt war, weswegen die darauf basierenden Auszahlungen von im Ergebnis anfechtbar waren. Die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs liegt noch nicht vor und bleibt abzuwarten. Allerdings stärkte der Bundesgerichtshof nun dem Insolvenzverwalter den Rücken, indem er das Urteil des OLG Schleswig aufhob, welches vorher die Position der Beklagtenseite stützte.

Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn sie bewusst rechtsgrundlos erfolgte. Dies ist offenbar auch bei Genussrechten der Fall, wenn die Geschäftsführung von der schlechten wirtschaftliche Lage des Unternehmens wusste und die Zahlungen geleistet wurden, um ein betrügerisches bzw. Schneeballsystem zu betreiben. 

Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte PartGmbB, Oktober 2020



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