Schiedsstelle nach SGB XII muss Protokoll von Verhandlung herausgeben und Gebühr zurückzahlen

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Im Rahmen eines (durch einen Vergleich abgeschlossenen) Rechtsstreits hat das Sächsische Landessozialgericht – L 8 SO 75/16 KL – in der mündlichen Verhandlung am 29.05.2018 klargestellt, dass

  • den Parteien (bzw. den von diesen mandatierten Rechtsanwälten) Abschriften von Protokollen über vor der Schiedsstelle für Vergütungen in der Sozialhilfe im Freistaat Sachsen durchgeführte Verhandlungen zu erteilen sind,
  • die Aufhebung eines Schiedsspruchs auch die Aufhebung der etwaigen Festsetzung einer Schiedsgebühr mit umfasst und (zumindest nach der im Freistaat Sachsen geltenden Rechtslage) eine Rückzahlungsverpflichtung der Schiedsstelle auslöst,
  • wenn die Schiedsstelle einen besonderen Beschluss betreffend die Nicht-Rückzahlung einer wegen eines Schiedsverfahrens erhobenen Gebühr erlässt, Klage gegen den Antragsgegner im Schiedsverfahren zu erheben ist.

Hintergrund für den Rechtsstreit war, dass das SGB XII die Durchführung von Schiedsverfahren vor einer besonderen Schiedsstelle vorsieht, wenn sich ein Leistungserbringer (ein freier Träger der Wohlfahrtspflege, der beauftragt wurde, Sozialleistungen wie z. B. Betreuung von Wohnungslosen durch Sozialarbeiter anstelle der Behörde zu erbringen) mit dem Sozialleistungsträger nicht über die Höhe der zu zahlenden Vergütung einigen kann.

Um den sich aus dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention ergebenden Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz Genüge zu tun, können Entscheidungen der Schiedsstelle nach dem SGB XII vor dem Landessozialgericht angefochten werden.

Vorliegend war ein entsprechendes Schiedsverfahren durchgeführt und eine Einigung der Parteien in einer Verhandlung vor der Schiedsstelle in der Niederschrift der Schiedsstelle protokolliert worden. Als der vom Leistungserbringer beauftragte Rechtsanwalt eine Abschrift des Protokolls verlangte, wurde er darauf verwiesen, dass die Geschäftsordnung der Schiedsstelle nur vorsehe, dass die Mitglieder der Schiedsstelle Abschriften erhalten.

Das Landessozialgericht bestätigte jedoch, dass sich der Anspruch auf Erteilung einer Abschrift des Protokolls aus allgemeinen sozialverwaltungsrechtlichen Grundsätzen ergibt und dass dieser durch keine Geschäftsordnung „ausgehebelt“ werden kann.

In der Verhandlung am 29.05.2018 ging es auch um eine andere Problematik.

Das Schiedsverfahren betreffend einen bestimmten Leistungszeitraum war bereits einige Jahre vorher begonnen und (wie sich dann herausstellte: vorläufig) dann durch einen schließlich durch das Landessozialgericht aufgehobenen Schiedsspruch (vermeintlich) beendet und dann von den Parteien wieder aufgerufen worden. Nachdem sich die Parteien darauf verständigt hatten, dass der Sozialleistungsträger die ursprüngliche Forderung des Leistungserbringers in vollem Umfang akzeptiert, beantragt der Leistungserbringer die Rückzahlung des aufgrund einer entsprechenden Regelung in dem (zwischenzeitlich aufgehobenen) Schiedsspruch erhobenen Gebühr für das Schiedsverfahren. Daraufhin beschloss die Schiedsstelle, keine Rückzahlung vorzunehmen, da die Vorschriften keine Rückzahlung regeln und da es sich um ein abgeschlossenes Schiedsverfahren handele.

Das Landessozialgericht bestätigte, dass es sich nicht um ein neues, sondern um das fortgesetzte Schiedsverfahren (aufgrund des „unverbrauchten“ ursprünglichen Antrages) handelt, dass mit der Aufhebung der (gesamten) Schiedsentscheidung (einschließlich der Gebührenfestsetzung) der Rechtsgrund für die Zahlung der Gebühr entfallen ist und dass die (zumindest gemäß den sächsischen Regelungen) streng von der Unterliegensquote abhängige Kostenentscheidung nunmehr (diametral umgekehrt) zulasten des Sozialleistungsträgers zu treffen ist.

Im Übrigen teilt der Senat seine vorläufige Rechtsauffassung mit, dass wegen der Rückzahlungsverweigerungsentscheidung der Schiedsstelle eine Anfechtungsklage gegen den Sozialleistungsträger neben der Leistungsklage auf Rückzahlung gegen die Schiedsstelle zu erheben sei.


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