Lkw-Fahrer ohne eigenen Lkw sind regelmäßig Beschäftigte

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„Sind Sie selbstständig oder …“ hieß es einst beim „Fröhlichen Beruferaten“. Diese so einfache Frage ist tatsächlich oft gar nicht leicht zu beantworten. Macht man es sich mit der Antwort – im „richtigen Leben“, außerhalb eines Spieles – zu leicht, kann dies fatale Konsequenzen nach sich ziehen.

Ob eine Erwerbstätigkeit als Selbstständiger oder in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird, ist weichenstellend für viele sozialversicherungsrechtliche Problematiken. Dies muss nicht bloß der Erwerbstätige, sondern insbesondere sein Auftrag- bzw. Arbeitgeber im Blick behalten. Denn „Scheinauftraggeber“, d. h. die Arbeitgeber von „Scheinselbstständigen“, bleiben regelmäßig alleine auf den gesamten Beitragsnachzahlungen zur Sozialversicherung (zur Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung) – also auch auf den Arbeitnehmeranteilen – „sitzen“.

Vor einigen Jahren stellte sich bei einem Speditionsunternehmen ein – vermeintlich – selbstständiger Unternehmer vor, der im Hauptgewerbe „Transportdienstleistungen, Be- und Entladen, Ersatzfahrer ohne eigenes Fahrzeug“ angemeldet hatte. Hierbei kam auch zur Sprache, dass die Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit von der Arbeitsverwaltung unterstützt worden war und dass die Rentenversicherung befristet von der Beitragspflicht für Selbstständige befreit hatte. Daraufhin erteilte der Speditionsunternehmer immer wieder Aufträge betreffend die Umsetzung leerer Wechselbehälter. Diese Aufträge wurden regelmäßig irgendwann nachts außerhalb der Geschäftszeiten mit Fahrzeugen des Speditionsunternehmens ohne Anleitung durch einen Vorgesetzten ausgeführt. Als Vergütung wurde jeweils eine Pauschale gemäß einem Rahmenvertrag abgerechnet.

Nach einer Betriebsprüfung durch die Rentenversicherung wurde das Speditionsunternehmen mit einer erheblichen Sozialversicherungsbeitragsnachforderung überrascht.

Da der Widerspruch in derartigen Fällen keine aufschiebende Wirkung hat und weil das Speditionsunternehmen zumindest eine vorläufige richterliche Entscheidung haben wollte, wurde – quasi als „Testballon“ – ein Eilantrag beim Sozialgericht eingereicht.

Mit Beschluss vom 28.02.2018 – S 38 KR 997/17 ER – bestätigte das Sozialgericht Chemnitz, dass die Gewerbeanmeldung, die Förderung durch die Arbeitsverwaltung und die daran anknüpfende Befreiung von der Rentenversicherungsbeitragspflicht unerheblich sind und dass es an einem relevanten Unternehmerrisiko fehlt, sodass nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung spricht. Entsprechend konnte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Sozialversicherungsbeitragsnachforderung nicht angeordnet werden.

Auch wenn es vorliegend nicht der Fall war, sei angemerkt, dass vermeintliche Selbstständige bei einer derartigen Konstellation ggf. auch Lohnnachzahlungen wegen eines etwaigen Verstoßes gegen den (nicht für Selbstständige, aber auch für „Scheinselbstständige“ geltenden) gesetzlichen Mindestlohn geltend machen können.


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