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Schmerzensgeldanspruch bei nicht vertragsgemäßer Beschäftigung?

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland Pfalz vom 1. September 2020.

LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 1.9.2020 – 6 Sa 431/19, BeckRS 2020, 27328

 

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1996 unter anderem für die Bereiche Brandschutz und Bauwesen zuständig. Der Kläger war hierarchisch seit vielen Jahren unmittelbar einem Gesellschafter unterstellt. Im Jahr 2018 führten die Parteien ergebnislos mehrere Gespräche über eine Änderung des Aufgabenbereichs des Klägers und auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ende 2018 wies die Beklagte dem Kläger im Wege des Direktionsrechts die Stabsstelle Energie und Feuerschutz zu, wobei der Kläger zukünftig nicht mehr an einen Gesellschafter, sondern an einen Betriebsleiter berichtete. Der Kläger klagte auf vertragsgemäße Beschäftigung und auf die Zahlung von Schmerzensgeld. Er argumentiert, man habe ihm die Leitung des Bauwesens rechtswidrig entzogen. Durch die offenkundige Degradierung habe die Beklagte ihn in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, wodurch die Zahlung eines Schmerzensgeldes gerechtfertigt sei. Die Beklagte argumentiert, dass sie auch durch die Überlastung des Klägers im Rahmen ihrer unternehmerischen Entscheidung Aufgabengebiete getrennt habe. Aus diesem Grund habe sie dem Kläger ausschließlich die Stelle Energie und Feuerschutz zugewiesen. Man habe den Kläger nicht degradiert. Die Zuordnung des Klägers entspreche seinem Aufgabenbereich und der aktuellen Struktur des Unternehmens.

 

Die Gerichte haben folgendes entschieden:

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, den Kläger ausschließlich einem Gesellschafter disziplinarisch schon fachlich zu unterstellen. Außerdem hat das erstinstanzliche Gericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld i.H.v. 16.000 € zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass die einseitige Degradierung vom Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt gewesen ist. Wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts stehe dem Kläger ein Schmerzensgeldanspruch zu.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, was die hierarchische Unterstellung des Klägers anbelangt. Der Kläger hat im Ergebnis ein Anspruch darauf, an einen Gesellschafter zu berichten und diesem unmittelbar unterstellt zu sein. Was die Zahlung von Schmerzensgeld anbelangt, so war die Berufung der Beklagten erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, an den Kläger Schmerzensgeld zu zahlen. Zwar liegt in der nicht vertragsgemäßen und nicht vom Direktionsrecht gedeckten hierarchischen Unterstellung des Klägers innerhalb der letzten 2 Jahre ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vor. Dieser ist jedoch nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld setzt zusätzlich voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt. Ob es sich tatsächlich um eine schwerwiegende Verletzung handelt, ist jeweils aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei ist insbesondere die Bedeutung und die Tragweite des Eingriffs sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen. Durch die Unterstellung an den hierarchisch tiefer angesiedelten Betriebsleiter beschäftigt die Beklagte den Kläger zwar nicht vertragsgemäß, was auch zu einem Ansehensverlust des Klägers im Betrieb und zu einer Form von Degradierung geführt hat. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch ebenfalls berücksichtigt, dass Anlass für die Degradierung des Klägers eine zwischen den Parteien bereits im Vorfeld langwierig geführte Auseinandersetzung gewesen ist. Vor diesem Hintergrund hatte die Beklagte auch sachliche Erwägungen für die nicht vertragsgemäße Beschäftigung des Klägers. Daher hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis einen Schmerzensgeldanspruch abgelehnt, da im Ergebnis kein schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vorlag.

 

Fazit:

Das Landesarbeitsgericht hat die bisherige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte bestätigt. Grundsätzlich kommt ein Schmerzensgeldanspruch auch bei nicht vertragsgemäßer Beschäftigung in Betracht. Voraussetzung ist jedoch immer ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Ob ein solch schwerwiegender Eingriff vorliegt, entscheidet ein Gericht immer in jedem Einzelfall. Schmerzensgeld wird von den Gerichten bei vertragswidriger Beschäftigung regelmäßig nur dann zugesprochen, wenn die nicht vertragsgemäße Beschäftigung mit weitergehenden gesundheitlichen körperlichen oder psychischen Schäden verbunden ist.

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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