Schwangerschaft: Wann beginnt der Kündigungsschutz? (Urteil des Bundesarbeitsgerichts)

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Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Dr. Attila Fodor, Berlin.


Während der Schwangerschaft haben Arbeitnehmerinnen einen weitreichenden Kündigungsschutz. Dieser gilt auch in der Probezeit sowie im Kleinbetrieb. Von Ausnahmen abgesehen kann einer Schwangeren also nicht gekündigt werden. Wann aber beginnt dieser Kündigungsschutz genau? Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 24.11.2022 entschieden. Worauf es für Schwangere demnach ankommt, sagt der Kündigungsschutzexperte Anwalt Bredereck:


Relevant ist die Frage, ab wann der Kündigungsschutz gilt, vor allem bei einer Kündigung im ersten halben Jahr des Arbeitsverhältnisses. Dort gilt nämlich das Kündigungsschutzgesetz noch nicht, und es kommt für die Wirksamkeit der Kündigung oft allein darauf an, ob eine Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden hat, oder nicht.


Grundsätzlich gilt: Ist die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger und weiß der Arbeitgeber das, ist die Kündigung unwirksam. Hat die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft, muss sie den Arbeitgeber spätestens 14 Tage nach der Kündigung informieren. Versäumt sie diese Frist unverschuldet, muss sie ihren Arbeitgeber unverzüglich informieren, nachdem Sie erfährt, dass sie schwanger ist. 


Wie aber lässt sich in solchen Fällen, wenn die Arbeitnehmerin erst nach ihrer Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfährt, genau sagen, ob sie zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war? Das Bundesarbeitsgericht äußert sich dazu wie folgt: Ausgehend vom ärztlich festgestellten Geburtstermin liegt der Beginn der Schwangerschaft 280 Tage zurück; an dem Tag beginnt der Sonderkündigungsschutz wegen Schwangerschaft. Bei der Berechnung wird der Tag des Geburtstermins nicht mitgerechnet.


Zuvor hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg den Beginn der Schwangerschaft auf 266 Tage vor dem Entbindungstermin gesetzt. Diese Berechnungsmethode hat das Bundesarbeitsgericht nun auf 280 Tage erweitert.


Liegt der Schwangerschaftsbeginn so gerechnet am Tag oder vor dem Zugang des Kündigungsschreibens, kommt es in Fällen, in denen die Arbeitnehmerin die genannte Zweiwochenfrist versäumt, darauf an, wann die Arbeitnehmerin Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hatte. Hier gilt, dass ein frei verkäuflicher Schwangerschaftstest dafür nicht ausreicht. Die Schwangerschaft muss ärztlich festgestellt worden sein. Erst dann ist die Arbeitnehmerin verpflichtet, ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft unverzüglich mitzuteilen.


Ob es ausreicht, dass die Arbeitnehmerin die Schwangerschaft ihrem Anwalt mitteilt und dieser diese Information in einem anwaltlichen Schriftsatz unterbringt, wurde ebenfalls vom Bundesarbeitsgericht entschieden. Demnach hätte die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber zwar unmittelbar informieren müssen, und ihr Anwalt hätte sie darüber auch in Kenntnis setzen müssen. Dass ihr Anwalt das nicht tat und den Arbeitgeber ebenfalls nicht direkt informierte, sondern die Schwangerschaft im Gerichtsverfahren mitteilte, konnte der Arbeitnehmerin aber nicht zugerechnet werden.


Es reicht demnach regelmäßig aus, wenn die Arbeitnehmerin ihren Anwalt unverzüglich über die Schwangerschaft in Kenntnis setzt. Ein Verschulden von Vertretern oder Boten wird ihr grundsätzlich nicht zugerechnet.


Praxistipps für Arbeitnehmerinnen: Teilen Sie Ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber unverzüglich, direkt und nachweisbar mit. An Ihrem Kündigungsschutz sollte so wenig Zweifel, wie möglich aufkommen.


Achten Sie darauf, Ihrem Arbeitgeber nur gesicherte Informationen über Ihre Schwangerschaft mitzuteilen. Falls Sie ihm nur aufgrund eines einfachen Schwangerschaftstests sagen, Sie seien schwanger, und es stellt sich heraus, dass der Test fehlerhaft war, riskieren Sie eine Kündigung, falls Sie beim Arbeitgeber nicht länger als ein halbes Jahr beschäftigt sind und deshalb noch keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz haben.


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