Sittenwidrigkeit der Arbeitnehmerbürgschaft? Der BGH hat entschieden: Es kommt auf den Einzelfall an

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Die Bürgschaft eines Arbeitnehmers für Verbindlichkeiten des Arbeitsgebers ist nicht schon deswegen sittenwidrig, weil sie vom Arbeitnehmer ohne eine Gegenleistung des Arbeitgebers in dessen wirtschaftlicher Notlage übernommen wurde (BGH, Urt. v. 11.09.2018, XI ZR 380/16).

Die Übernahme einer Bürgschaft ist nur dann als sittenwidrig einzustufen, wenn der Bürge durch die Bürgschaftsübernahme finanziell erheblich überfordert wird und nach den Umständen in seinem Entscheidungsvermögen erheblich beeinträchtigt ist. 

Im Fall der emotionalen Verbundenheit (namentlich bei einer Ehegatten- und Angehörigenbürgschaft) wird insoweit vermutet, dass das Näheverhältnis des Bürgen zum Schuldner die freie Willensbildung bei der Bürgschaftsübernahme beeinträchtigt.

Unabhängig davon kann die Übernahme einer Arbeitnehmerbürgschaft für einen solventen Arbeitnehmer, etwa für eine gut verdienende, leitende Angestellte, ein hinnehmbares Risiko darstellen, dass sich bei wirtschaftlicher Gesundung seines Arbeitgebers für ihn auszahlen kann, ist ein solches Handeln von der Privatautonomie des bürgenden Arbeitnehmers gedeckt und steht nicht in Widerspruch zu grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung, so der BGH. 

Anders kann sich der Fall freilich darstellen, wenn der Anspruchsteller/Gläubiger, welcher den Bürgen aus der Bürgschaft in die Haftung nimmt, in unzulässiger Weise auf dessen Entscheidungsfreiheit eingewirkt hat, namentlich dann, wenn er die Tragweite dessen Haftung als Bürge verharmloste oder verschleiernde Erklärungen oder durch beschönigende Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse und Aussichten des Hauptschuldners/des Arbeitgebers auf den Bürgen eingewirkt hätte.

Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, vertritt bundesweit Ihre Interessen gegenüber Banken und Bürgschaftsgläubigern.


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