Steuerhinterziehung ist oft bereits verjährt

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Man muss einen Fachanwalt für Steuerrecht konsultieren, wenn sich die Steuerfahndung meldet. Nicht selten ist eine vorgeworfene Steuerhinterziehung bereits verjährt. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Verjährung sind für einen Steuerlaien nicht leicht zu durchschauen.

Ein Mandant von mir ist Familienunternehmer, er selbst aber nur im „Nebenberuf“ – im Hauptberuf Angestellter in Vollzeit. Zwei Steuerfahnder klingelten im Mai dieses Jahres und übergaben Ehefrau das Schreiben über Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wegen Steuerhinterziehung. Angeblich habe mein Mandant Einnahmen aus 2013 nicht vollständig in der Steuererklärung angegeben. Mein Mandant fiel aus allen Wolken und suchte Rat bei mir.

Unterschied: Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren

Ich klärte auf über die beiden verschiedenen Verfahren Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren (auch Steuerveranlagung, Steuererhebung oder Steuerfestsetzung genannt) auf.

Verschiedene Verjährungsfristen

Bei beiden Verfahren existieren unterschiedliche Verjährungsfristen: Die Steuerstraftat verjährt in vielen Fällen schon nach fünf Jahren (in besonders schweren Fällen aber erst nach 15 Jahren), wenn die Verjährung nicht z. B. durch ein Ermittlungsverfahren gegen den betroffenen Steuerpflichtigen unterbrochen wird. Die Verjährung für die Steuerfestsetzung beträgt allerdings im Falle von vorsätzlicher Steuerhinterziehung zehn Jahre, anstatt vier bzw. fünf Jahre.

Auch Verjährungsbeginn jeweils anders

Der Verjährungsbeginn ist auch unterschiedlich. Im Strafverfahren beginnt die Verjährungsfrist in der Regel mit der Bekanntgabe des (ersten) Steuerbescheids. Der Beginn der Festsetzungsfrist erfolgt meist mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung verpflichtend abzugeben war.

In meinem vorliegenden Fall wurde der – erste – betroffene Steuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2013 meinem Mandanten im Mai 2015 bekanntgegeben. Somit begann die strafrechtliche Verjährungsfrist im Mai 2015 und endete im Mai 2020. Die Steuererklärung wurde Ende 2014 beim Finanzamt eingereicht. Die steuerliche Festsetzungsfrist fing mithin am 1. Januar 2015 an und wird am 31. Dezember 2024, 24.00 Uhr ablaufen.

Ist die Straftat Steuerhinterziehung bereits verjährt? 

Antwort: Ein ganz klares „Vielleicht.“ oder „Es kommt darauf an.“

Unterbrechung der Verjährung

Erstes wichtiges Detail ist, ob die Verjährungsfrist durch Übergabe des Schreibens mit der Information über das laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten an die Ehefrau unterbrochen wurde. Das wird man hier wohl bejahen müssen, da das Schriftstück in den Machtbereich meines Mandanten gelangt ist und dieser auch nicht für längere Zeit abwesend war. 

Leider erfolgte die Unterbrechungshandlung seitens der Steuerfahndung hier nur wenige Tage vor Ablauf der (strafrechtlichen) Verfolgungsverjährung. Deshalb übergab die Steuerfahndung das Schreiben auch persönlich und – für Beweiszwecke – zu zweit.

Strafbarkeit erfordert Vorsatz

ABER: Liegt auch Vorsatz hinsichtlich der vorgeworfenen Steuerhinterziehung vor? Mein Mandant konnte zum Zeitpunkt des Strafvorwurfs beschwören, dass er keine Einnahmen verschwiegen hatte. Somit kann er womöglich nicht vorsätzlich Steuern hinterzogen haben.

Steuerhinterziehung durch Dritte

Nun war es auch schon im Jahr 2013 so, dass der Mandant den Familienbetrieb nur nebenberuflich unterhielt und die Geschäfte fast ausschließlich sein Sohn führte. Und tatsächlich, mit dem Vorwurf konfrontiert, räumte Sohnemann die verschwiegenen Einnahmen ein. Diese hatte er sich in die eigene Tasche gesteckt. Im Anschluss – genauer gesagt im Juni dieses Jahres – legte der Sohn meines Mandanten ein umfassendes Geständnis gegenüber der Steuerfahndung ab.

Liegt trotzdem eine Steuerstraftat des Mandanten vor? 

Nein. Mein Mandant wusste von den Machenschaften seines Sohnes nichts, hätte diese auch nicht bei größter Sorgfalt erkennen können und profitierte zudem nicht davon. Somit ist jeglicher Vorsatz und ebenso (grobe) Fahrlässigkeit bzw. Leichtfertigkeit ausgeschlossen.

Straftat des Sohnes auch verjährt

Wird der Sohn wegen Steuerhinterziehung oder einer anderen in diesem Zusammenhang in Betracht kommenden Straftat bestraft? Auch nein. Alle in diesem Praxisfall möglicherweise relevanten Straftatbestände sind nach fünf Jahren verjährt. Sein Geständnis legte der Sohn erst nach Ablauf der strafrechtlichen Verjährungsfrist ab.

Wer muss Steuern nachzahlen?

Muss denn mein Mandant Steuern nachzahlen, denn die zehnjährige Festsetzungsfrist ist noch nicht abgelaufen? Wieder nein. Die verschwiegenen Einnahmen sind nach meiner Auffassung dem Sohn zuzurechnen. Dieser hatte heimlich ein eigenes Geschäft im Betrieb seines Vaters unterhalten. Demzufolge muss der Sohn auch die Nachversteuerung übernehmen. Die zehnjährige Festsetzungsfrist gilt auch für den Sohn und ist auch ihn betreffend noch nicht abgelaufen.

Fazit

Ob eine Steuerhinterziehung vorliegt und diese gegebenenfalls bestraft wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Selbst bei vollendeter vorsätzlicher Steuerhinterziehung kann die Straftat bereits verjährt sein. Manchmal sind nur wenige Tage entscheidend. Die Berechnung der Verjährungsfrist sollten Sie einem Fachanwalt für Steuerrecht überlassen.

Haben Sie Angst, dass das Finanzamt in der Vergangenheit verschwiegene Einnahmen aufdeckt und sie wegen Steuerhinterziehung bestraft werden? Oder läuft sogar schon ein Steuerstrafverfahren gegen Sie? Womöglich war schon die Steuerfahndung bei Ihnen? Dann kontaktieren Sie mich jetzt und lassen Sie sich hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise beraten.

Dr. Frank Rozanski

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht

Fachanwaltskanzlei Dr. Rozanski


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