Einkommensteuer auf Leistungen schweizerischer Pensionskassen

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Im nachfolgenden Fachbeitrag wird die steuerliche Behandlung von Einkünften aus schweizerischen Pensionskassen bei der Rückkehr von deutschen Staatsbürgern nach Deutschland erörtert. Diese komplexe Materie ist insbesondere für Grenzgänger und Personen von Bedeutung, die in der Schweiz gearbeitet haben und wieder in Deutschland steuerpflichtig werden. Im Folgenden werden die verschiedenen Aspekte des Dreisäulensystems der schweizerischen Altersvorsorge beleuchtet. Zudem werden die aktuellen rechtlichen Entwicklungen unter Berücksichtigung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) dargelegt, die zu einer weiteren Klärung der steuerlichen Behandlung beigetragen haben.

Drei-Säulen-System der schweizerischen Altersvorsorge

Das schweizerische Altersvorsorgesystem ist in drei Säulen gegliedert:

1. Staatliche Vorsorge (1. Säule): Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ist mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar. Die Versicherungspflicht erstreckt sich auf erwerbstätige sowie nicht erwerbstätige Personen mit Wohnsitz in der Schweiz.

2. Berufliche Vorsorge (2. Säule): Die Durchführung obliegt den Pensionskassen, wobei die zusätzliche Absicherung des Lebensstandards im Fokus steht. Die Vorsorgeleistung setzt sich aus einem obligatorischen Teil - Obligatorium - für Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen über 22.050 Schweizer Franken (Stand Juni 2024) sowie einem überobligatorischen Teil - Überobligatorium - zusammen.

3. Private Vorsorge (3. Säule): Die private Vorsorge ist freiwillig und kann individuell gestaltet werden. Häufig werden hierfür Lebensversicherungen oder verzinsliche Bankguthaben genutzt.

Alle drei Säulen sind in der Schweiz steuerlich begünstigt, um eine umfassende finanzielle Absicherung im Alter zu gewährleisten.

Steuerliche Behandlung in Deutschland

Die steuerliche Behandlung der schweizerischen Altersvorsorge in Deutschland ist ein komplexes Thema, insbesondere wenn Leistungen an Personen mit unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland erbracht werden. Die steuerliche Einordnung erfolgt auf Basis der Vergleichbarkeit mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. In mehreren Urteilen hat der BFH klargestellt, dass insbesondere zwischen obligatorischen und überobligatorischen Beiträgen und Leistungen unterschieden werden muss.

Im Rahmen der obligatorischen Vorsorge (2. Säule) sind folgende Punkte zu beachten:

Das Obligatorium der beruflichen Vorsorge wird in Deutschland steuerlich wie die gesetzliche Rentenversicherung behandelt. Die Leistungen aus dem Obligatorium unterliegen gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Einkommensteuergesetz (EStG) der Steuerpflicht als sonstige Einkünfte. Diese Einkünfte unterliegen der sogenannten nachgelagerten Besteuerung, wobei der Besteuerungsanteil schrittweise auf 100 % anwächst. In der Einzahlungsphase können Beiträge in die Basisvorsorge steuerlich abgesetzt werden. Dies bedeutet, dass die Rente im Rentenalter entsprechend besteuert wird, während die Beiträge im Erwerbsleben die Steuerlast senken.

Auch Kapitalleistungen aus dem Obligatorium unterliegen in Deutschland der Steuerpflicht, insbesondere bei Einmalzahlungen. Der Bundesfinanzhof hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass solche Einmalzahlungen als andere Leistungen gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. 1 Doppelbuchst. aa EStG zu behandeln und mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern sind. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Tarifbegünstigung des § 34 EStG in Anspruch genommen werden, was zu einer niedrigeren Besteuerung führt.

Beim Überobligatorium (2. Säule) gelten folgende Regelungen:

Leistungen aus dem überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge werden in Deutschland als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG behandelt. Diese Leistungen unterliegen der Kapitalertragsteuer (Abgeltungssteuer), die derzeit 25 % beträgt (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Alternativ kann der individuelle Steuersatz angewendet werden, sofern dieser für den Steuerpflichtigen günstiger ist. Für Steuerpflichtige, die vor 2005 Beiträge eingezahlt haben, sind Einmalzahlungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei, sofern die Zugehörigkeit zur Pensionskasse mindestens zwölf Jahre bestanden hat.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Einmalzahlungen aus dem Überobligatorium seit einem Grundsatzurteil des BFH als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden. Die frühere Rechtsauffassung, wonach solche Leistungen unter die sonstigen Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) fielen, ist somit überholt.

Aktuelle Rechtsprechung des BFH

Die steuerliche Behandlung der schweizerischen Pensionskassen war bereits mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Das richtungsweisende BFH-Urteil vom 12.10.2023 - VI R 46/20 bestätigt die bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Beiträgen und Leistungen der beruflichen Vorsorge. Der BFH hat klargestellt, dass eine Differenzierung zwischen obligatorischen und überobligatorischen Beiträgen erforderlich ist, da nur die obligatorischen Beiträge mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind.

Das Urteil bestätigt zudem, dass die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG für die überobligatorische Vorsorge nicht anwendbar ist, da diese nicht mit der inländischen betrieblichen Altersversorgung vergleichbar ist. Die Möglichkeiten der Kapitalauszahlung vor Eintritt des Versorgungsfalls sprechen gegen eine Vergleichbarkeit mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.

Ein Thema, zu dem sich der BFH noch nicht klar positioniert hat, ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 EStG für Kapitalabfindungen aus dem Obligatorium. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2007 hatte der Gesetzgeber die Regelung erweitert, sodass seitdem auch Rentenabfindungen und Beitragserstattungen steuerfrei sind, sofern sie mit der deutschen Rentenversicherung vergleichbar sind. Die Steuerbefreiung ist insbesondere für Personen von Bedeutung, die vorzeitig aus der schweizerischen Altersvorsorge ausscheiden und ihr Altersguthaben ausgezahlt bekommen möchten.

Fazit und Empfehlungen

Für Personen, die in der Schweiz gearbeitet haben und beabsichtigen, nach Deutschland zurückzukehren, ist eine umfassende steuerliche Beratung im Vorfeld empfehlenswert. Dadurch lassen sich steuerliche Nachteile vermeiden und mögliche Gestaltungsspielräume können genutzt werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Entscheidung, ob Leistungen aus der Pensionskasse als Rente oder als Einmalzahlung bezogen werden sollen. Die Entscheidung hat wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Steuerlast.

Eine rechtzeitige steuerliche Planung ermöglicht die Optimierung der Steuerlast, beispielsweise durch die Wahl des richtigen Zeitpunkts für den Leistungsbezug. Bei beabsichtigter Aufgabe des Wohnsitzes in der Schweiz ist zu prüfen, ob eine Auszahlung des überobligatorischen Guthabens vor oder nach der Rückkehr nach Deutschland sinnvoller ist. Dies hat Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Obligatorium der schweizerischen Pensionskasse mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist, während das Überobligatorium steuerlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt wird.

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie durch meinen Fachbeitrag „Schweizerische Pensionskassen – Aktuelles zur steuerlichen Behandlung in Deutschland“ im steueranwaltsmagazin sowie auf meiner Kanzlei-Homepage.

Gern berate ich Sie zu diesem Thema, kontaktieren Sie mich:

Dr. Frank Rozanski
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwaltskanzlei Dr. Rozanski
https://dr-rozanski.de

Foto(s): Dr. Frank Rozanski


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