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Steuerhinterziehung, Steuerhehlerei und Tabaksteuer beim Betrieb einer Shisha-Bar

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In der jüngeren Zeit wird in der Presse vermehrt über Kontrollen von Shisha-Bars durch den Zoll berichtet, wobei es vorwiegend um den Verdacht der Steuerhinterziehung geht. Schenkt man einzelnen Pressemitteilungen des Zolls Glauben, werden in weit über der Hälfte der kontrollierten Shisha-Bars Verstöße gegen das Zoll- und Steuerrecht festgestellt und entsprechende Straf- und Bußgeldverfahren eingeleitet. Neben den Fällen, in denen dies eindeutig auf kriminelle Energie der Betreiber zurückzuführen ist, dürfte dies ansonsten vorwiegend auf die äußerst komplizierten Regelungen des Tabaksteuergesetzes (TabStG) zurückzuführen sein, welche selbst für gewillte Betreiber den rechtskonformen Betrieb einer Shisha-Bar erheblich erschweren.

Der vorliegende Beitrag gibt daher eine Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen und in welchen Konstellationen eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei droht und wie auf ein entsprechendes Strafverfahren zu reagieren ist:

[Ergänzung: Der Beitrag stammt ursprünglich aus dem Jahr 2020. Durch die umfangreichen Änderung des Tabaksteuergesetzes im Jahr 2022 stellen sich in der Praxis zahlreiche neue Fragen, die noch nicht abschließend gerichtlich geklärt sind. Der Artikel wurde insoweit aktualisiert und weist auf die relevantesten neuen Problemfelder hin.]

Grundsätzliche steuerrechtliche Einordnung von Shisha-Tabak


Shisha-Tabak unterfällt der Tabaksteuer und wird seit 2022 als Wasserpfeifentabak mit einer Zusatzsteuer belastet. Es kommt dabei nicht auf die konkrete Zusammensetzung des Shisha-Tabaks oder die Vermischung mit anderen Stoffen (beispielsweise mit Melasse, Trockenfrüchten oder Feuchthaltemitteln) an, entscheidend ist allein, dass sich das Gemisch ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet. Daher kann auch eine Mischung allein aus Trockenfrüchten und Melasse der Tabaksteuer unterfallen, obwohl überhaupt kein Tabak enthalten ist (vgl. § 1 Abs. 8 TabStG). Nach Auffassung des Zolls gilt dies auch für Ersatzprodukte wie Dampfsteine, Dampfkristalle und Wasserpfeifenwatte (sogenannte Shisha-Watte). Ob dies auch vor den Strafgerichten bestand haben wird, ist gegenwärtig noch nicht absehbar.

Somit muss für Shisha-Tabak und entsprechende Ersatzprodukte bei der Einfuhr nach Deutschland oder der Herstellung in Deutschland grundsätzlich Tabaksteuer abgeführt werden. Der jeweilige Steuertarif ergibt sich aus § 2 TabStG und ist unter anderem von der Höhe des Verkaufspreises abhängig.

Ob die Tabaksteuer ordnungsgemäß abgeführt worden ist, erkennt man üblicherweise an dem Steuerzeichen, welches auf die Packung von Tabakwaren aufgeklebt werden muss (§ 17 TabStG). Auf diesem Steuerzeichen ist unter anderem der Verkaufspreis der jeweiligen Packung vermerkt. Der angegebene Verkaufspreis darf nicht unter- oder überschritten werden.

Ebenfalls noch nicht abschließend geklärt ist, ob auch sogenannte Tabak-Strips (entrippte und/oder zerkleinerte Tabakblätter) der Tabaksteuer unterliegen: Während der Zoll dies pauschal bejaht und entsprechende Ermittlungsverfahren führt, hat der Bundesgerichtshof jüngst eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, weil sich das Landgericht nicht ausreichend mit dem Verarbeitungsgrad der Tabak-Strips auseinandergesetzt hatte.

[Ergänzung: Seit 2022 unterfallen auch Liquids für E-Zigaretten (sogenannte Vapes) der Tabaksteuer. Ob dies auch für Liquids gilt, die bereits vor dem 01.07.2022 in den Handel gelangt sind, ist gegenwärtig umstritten. Der Zoll geht hier aber regelmäßig davon aus, dass auch die Altbestände an Liquids der Tabaksteuer unterfallen und leitet beim Auffinden entsprechende Strafverfahren ein.]

Steuerhinterziehung beim Betrieb einer Shisha-Bar


Eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder Steuerhehlerei (§ 374 AO) kommt insbesondere in drei Konstellationen in Betracht:

 

Verkauf von unversteuertem Shisha-Tabak: Für Shisha-Tabak, Dampfsteine, Dampfkristalle und Wasserpfeifenwatte besteht mittlerweile ein florierender europaweiter Schwarzmarkt, auf welchem die Ware im Tonnenbereich den Besitzer wechselt. Gleiches gilt mittlerweile auch für Liquids für E-Zigaretten. Wenn der Tabak oder die Ersatzprodukte bei der Einfuhr oder der Herstellung nicht ordnungsgemäß versteuert worden sind (regelmäßig am fehlenden Steuerzeichen erkennbar), macht sich neben dem Zwischenhändler auch der Bar-Betreiber wegen Steuerhehlerei (§ 374 AO) oder Steuerhinterziehung (§ 370 AO) strafbar.

 

[Ergänzung: Seit 2022 darf Wasserpfeifentabak nur noch in 25g Packungen verkauft werden. Ob der Verstoß hiergegen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, ist gegenwärtig noch nicht geklärt. Daher hat die nachfolgende Problematik in der Praxis für klassischen Shisha-Tabak an Bedeutung verloren. Da aber insbesondere Dampfsteine und Dampfkristalle weiterhin in größeren Packungseinheiten am Markt erhältlich sind, besteht das Problem insoweit fort.]

Verkauf von Einzelportionen: Tabakwaren dürfen grundsätzlich nur in geschlossenen und verkaufsfertigen Kleinstverpackungen an den Kunden abgegeben werden (vgl. §§ 16, 25 TabStG). Auf der Verpackung ist das Steuerzeichen angebracht, auf welchem der Verkaufspreis für die jeweilige Packung angegeben ist. Der Verkauf von geöffneten Kleinstverpackungen kann als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 TabStG).

In vielen Shisha-Bars wird den Kunden der Shisha-Tabak aber in kleinen Portionen – häufig als rauchfertiger Shisha-Kopf – verkauft. Der Tabak hierfür wird in ordnungsgemäß versteuerten Paketen im Kilogrammbereich angekauft und anschließend entsprechend aufgeteilt, wobei sich die meisten Shisha-Köpfe im Bereich unter 20g bewegen. Damit sich der Betrieb einer Shisha-Bar wirtschaftlich aber überhaupt lohnt, wird hier regelmäßig nicht der auf dem Steuerzeichen der Großverpackung angegebene Verkaufspreis auf die jeweilige Menge heruntergerechnet, sondern die Shisha-Köpfe werden mit einem ordentlichen Preisaufschlag (oftmals mehrere hundert Prozent) verkauft. Ist beispielsweise auf dem Steuerzeichen einer 1kg-Packung ein Verkaufspreis von 60,00€ vermerkt, dürfte der Tabak für einen 20g-Shisha-Kopf eigentlich nur für 1,20€ verkauft werden. Tatsächlich werden für einzelne Shisha-Köpfe aber oftmals zwischen 6,00€ und 12,00€ verlangt.

Wie oben bereits erklärt wurde, richtet sich die Höhe der Tabaksteuer unter anderem aber auch nach dem Verkaufspreis. In dem Moment, in dem der Tabak also teurer verkauft wird, als auf dem Steuerzeichen angegeben, erhöht sich auch die Steuerlast entsprechend. Wird in dem obigen Beispiel also ein Shisha-Kopf für 6,00€ verkauft, erhöht sich der Verkaufspreis der 1kg-Packung von 60,00€ auf 300,00€. Tatsächlich wurde die Tabaksteuer aber nur für einen Verkaufspreis von 60,00€ abgeführt. Daher ist der Betreiber einer Shisha-Bar beim Verkauf von Tabak über dem auf dem Steuerzeichen angegebenen Verkaufspreis verpflichtet, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und die fehlende Steuer abzuführen (§ 28 Abs. 1 TabStG). Tut er dies nicht, macht er sich wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) strafbar.

 

Vermischen mit anderen Stoffen: Viele Shisha-Bars bieten „Hausmischungen“ an, bei denen der Betreiber einen handelsüblichen Shisha-Tabak mit weiteren Zutaten – beispielsweise Trockenfrüchten – mischt, um sich so durch einzigartige Geschmacksrichtungen ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen.

Wie bereits erklärt wurde, kommt es für das Vorliegen von Tabakerzeugnissen im Sinne des Tabaksteuergesetzes aber nicht auf die Zusammensetzung an, sondern allein darauf, dass sich das Gemisch ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet. Steuerrechtlich handelt es sich daher bei dem Anfertigen der „Hausmischung“ um die Herstellung von Tabakwaren ohne Erlaubnis, was zur sofortigen Entstehung der Tabaksteuer für die hergestellte Menge führt (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 TabStG). Der Betreiber der Shisha-Bar ist daher auch hier verpflichtet, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und die Steuer abzuführen. Tut er dies nicht, macht er sich wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) strafbar.

 

Welche Folgen drohen?


Steuerhinterziehung (§ 370 AO) und Steuerhehlerei (§ 374 AO) können jeweils mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. In bestimmten Fällen können beide Delikte jeweils auch mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraf werden. Bei der Steuerhinterziehung ist dies beispielsweise der Fall, wenn der Steuerschaden besonders hoch ist (über 50.000,00€) oder die Tat als Mitglied einer Bande (mindestens drei Leute arbeiten zusammen) begangen wurde. Bei der Steuerhehlerei ist dies der Fall, wenn die Tat gewerbsmäßig oder als Teil einer Bande begangen wurde. Gewerbsmäßig bedeutet, dass sich der Täter durch die wiederholte Begehung von Straftaten eine dauerhafte Einnahmequelle verschaffen wollte. Zudem droht auch die Einziehung der erlangten Taterträge (die ersparten Steuern) durch die Strafverfolgungsbehörden. Gerade wenn der Geschäftsbetrieb mehrere Jahre lief, kommen hier sehr schnell empfindliche Summen zusammen.

Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei sind aber nur strafbar, wenn der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Daher ist für eine Strafbarkeit erforderlich, dass der Täter überhaupt wusste, dass der Shisha-Tabak der Tabaksteuer unterliegt und seine Handlung zum Entstehen der Steuer führt. Dies eröffnet gerade im Bereich des Verkaufs von Einzelportionen oder dem Anfertigen einer „Hausmischung“ Verteidigungsmöglichkeiten, weil hier vielen Betreibern überhaupt nicht bewusst ist, dass ihr Handeln zum Entstehen der Tabaksteuer führt. Fehlt es an einem vorsätzlichen Handeln, kann aber der Tatbestand der Leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) erfüllt sein. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Ordnungswidrigkeit, welche lediglich mit einer Geldbuße geahndet werden kann.

Daneben stellt der Verstoß gegen zahlreiche weitere Pflichten des Tabaksteuergesetzes eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld belegt werden (vgl. §§ 36, 37 TabStG).

Abseits der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Folgen droht bei Verstößen gegen das Tabaksteuergesetz auch eine Inanspruchnahme für die nichtabgeführten Steuern durch einen Haftungsbescheid (§ 191 AO). Gegen einen Haftungsbescheid muss innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt werden, ansonsten wird er rechtskräftig und kann vollstreckt werden. Weil es sich bei Haftungsbescheiden um ein absolutes Massengeschäft der Zollverwaltung handelt und die Höhe der nichtabgeführten Steuern geschätzt werden kann (§ 162 AO), fallen Haftungsbescheide regelmäßig zu hoch aus oder sind aus anderen Gründen fehlerhaft. Ein Haftungsbescheid sollte daher unbedingt durch einen Anwalt geprüft werden.




Sie werden von den Strafverfolgungsbehörden der Steuerhinterziehung von Tabaksteuer beschuldigt oder haben einen Haftungsbescheid wegen nichtabgeführter Tabaksteuer erhalten? Dann wenden Sie sich gerne an mich. Ich vertrete Sie sowohl im Straf- als auch im Steuerstreitverfahren gegenüber den Behörden.

Sie können entweder über das Kontaktformular auf dieser Seite oder direkt über meine Kanzlei mit mir Kontakt aufnehmen:

Raoul Beth
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
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