Steuerhinterziehung und verdeckte Gewinnausschüttung – Tathandlung

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Bereits die Bezeichnung „verdeckte Gewinnausschüttung“ (vGA) könnte den Eindruck erwecken, dass in jeder vGA ein Element des Verheimlichens steckt, das steuerstrafrechtlich relevant ist. Dieser gedankliche Ansatz ist jedoch unzutreffend (vgl. BGH v. 01.12.2015 – 1 StR 154/15). Die bei einer vGA vorliegende Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung ist körperschaftsteuerlich bereits deshalb eine vGA, weil sie in keinem Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung steht.

1. Tathandlung

Das bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass mit dieser vGA eine Tathandlung i. S. d. § 370 vorliegt; erst recht nicht, dass es zu einer Steuerverkürzung kommt. Die Vornahme einer vGA wird strafrechtlich erst bedeutsam, wenn insoweit gegenüber den Finanzbehörden unrichtige und unvollständige Angaben gemacht werden (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder Angaben dazu pflichtwidrig unterlassen werden (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Der Schwerpunkt der relevanten Handlungen liegt in diesem Zusammenhang zumeist in der Umqualifizierung der Leistungsbeziehungen zwischen Körperschaft und Anteilseigner, indem z. B. Erlöse nicht erfasst, Aufwendungen vorgetäuscht und Kosten der privaten Lebensführung gewinnmindernd als Aufwand der Körperschaft behandelt werden. In der Praxis häufig anzutreffen sind auch Schwarzeinnahmen, die ein Gesellschafter durch Einsatz der GmbH erwirtschaftet hat, aber in deren Steuererklärung verschwiegen werden. Auch die Fälle, dass eine an einen Gesellschafter erfolgte vGA vom Steuerpflichtigen verschwiegen wird oder dass diese zugeflossene Einkünfte sowie deren Ausschüttung nicht mitteilt, sind hierunter zu fassen.

In der Praxis wird die Gestaltung jedoch häufig so gelagert sein, dass der Sachverhalt, der der vGA zugrunde liegt, gegenüber der Behörde nicht oder nur unvollständig dargelegt wird (durch Nichtangabe der vGA im dafür vorgesehenen Feld der Körperschaftsteuererklärung), sodass die in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorgesehene Korrektur des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens unterbleibt. Ist die unrichtige Angabe Folge einer von Rechtsprechung und Finanzverwaltung abweichenden, verdeckt zugrunde gelegten unvertretbaren Rechtsauffassung, sind nach Auffassung des BGH falsche Angaben im Sinne des § 370 Abs. 1 AO gemacht worden (BGH v. 04.05.1990 – 3 StR 72/90).

2. Täter

Als Täter kommen in erster Linie die gesetzlichen Vertreter der juristischen Person i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 AO, denen die Erfüllung der steuerlichen Pflichten auferlegt sind, in Betracht sowie die Verfügungsberechtigten i. S. d. § 35 AO.

3. Beginn des Versuchsstadiums

Die Vornahme der vGA ist tatbestandlich noch irrelevant. Auch im unrichtigen Buchen einer vGA liegt noch eine straflose Vorbereitungshandlung. Erst mit Abgabe der Körperschaft- oder Einkommensteuererklärung beginnt der Versuch einer Steuerhinterziehung.

4. Einkünftezurechnung

Mit Beschluss vom 6.9.2012– 1 StR 140/12 hat der BGH darauf hingewiesen, dass bei Scheingeschäften – wie der Zwischenschaltung einer Gesellschaft – genau zu prüfen ist, wem die Einkünfte zuzurechnen sind. So ist nicht ein etwaiges zivilrechtliches und steuerliches Scheingeschäft nach § 41 Abs. 2 AO der Besteuerung zu unterwerfen, sondern das verdeckte Geschäft.

Beispiel

A hält Anteile an einer GmbH aufgrund eines zivilrechtlich unwirksamen Treuhandvertrages für B. B trifft aber alle maßgeblichen Entscheidungen selbst und kann auch auf die Konten der GmbH Zugriff nehmen und der Geschäftsführer ist ihm gegenüber faktisch weisungsgebunden. Dann ist B wirtschaftlich als Eigentümer der GmbH anzusehen. Ggfs. erfolgte unangemessene oder unübliche Zahlungen an B sind daher als vGA an ihn (und nicht an A) zu werten.

Je nach Fallgestaltung sind die Einkünfte bei Zwischenschaltung einer Scheingesellschaft daher nicht der Gesellschaft, sondern direkt dem Gesellschafter ohne Einbindung der Gesellschaft zuzurechnen, was eine vGA entfallen lässt.

Verteidigungshinweis

Vor dem Hintergrund der schwierigen Einkünftezurechnung werden nicht selten die falschen Taten angeklagt. Stellt sich dies dann im Rahmen einer langen Hauptverhandlung heraus, ist daher wegen der falschen angeklagten Tat freizusprechen. Die Verfolgung der „richtigen“ Tat dürfte dann aber oft strafrechtlich verjährt sein.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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