Stimmrecht bei sog. „Geisterwohnungen“

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Ein Bauträger plante eine Mehrhausanlage mit mehreren Untergemeinschaften. Am Ende werden nur 2 der 4 geplanten Häuser errichtet. Das führt auf Grundlage der Teilungserklärung, die an die Wohnflächen anknüpft, dazu, dass dem Bauträger einschließlich der beiden nicht errichteten Häuser etwa 48 % der Stimmen zustehen. Einer der übrigen Eigentümer hält das für unbillig und klagt auf Änderung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG.

Vor dem Amtsgericht obsiegt dieser Kläger, das Stimmrecht des Bauträgers wird auf etwa 36 % herabgesetzt. Das Landgericht stützt diese Entscheidung in der Berufung. Die Unbilligkeit ergebe sich daraus, dass der Bauträger 48 % der Stimmrechte halte, ohne Eigentümer eines errichteten Wohnungseigentumsrechts zu sein. Grundsätzlich stehe dem Eigentümer von substanzlosen Miteigentumsanteilen ein Stimmrecht zu. Dies sei dann unbillig, wenn eine Vereinbarung das Stimmrecht nach der Wohnfläche berechne, der Bau dieser Flächen aber seit über 20 Jahren nicht zu Stande gekommen sei.

Die dagegen eingelegte Revision des Bauträgers zum BGH ändert dieses Ergebnis nicht.

Der Änderungsanspruch des klagenden Eigentümers ergebe sich aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG. Denn es sei unbillig, dass dem Bauträger nach über 20 Jahren nahezu die Hälfte aller Stimmen zukomme. Daran ändere auch die Bildung von Untergemeinschaften nichts. Denn die Verwaltung stehe den Wohnungseigentümern gemeinsam zu. Der Bauträger sei z. B. beim Beschluss über die Verwalterbestellung, über den (Gesamt-)Wirtschaftsplan und die (Gesamt-)Abrechnung zu beteiligen. Dabei komme es im Rahmen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auch nicht darauf an, ob der Bauträger seine Majorität rechtsmissbräuchlich ausübe. Unerheblich sei ferner, dass der Bauträger nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG künftig für Verbindlichkeiten mit der höheren Quote seiner Stimmanteile hafte, während seine Stimmkraft nur noch 36 % betrage.

(BGH, Urteil vom 18.01.2019 – V ZR 72/18)


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