Taktik im Gesellschafter-Geschäftsführerstreit: Die Abberufung des Geschäftsführers durch den Mitgesellschafter.

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1. Einführung

Die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist ein gravierender Schritt, der in Situationen wie Zerwürfnissen oder Pflichtverletzungen im Verhältnis Gesellschafter-Geschäftsführer in der GmbH notwendig werden kann. 

Bevor diese Maßnahme ergriffen wird, sollte sie gründlich durchdacht sein. Denn einmal ausgelöst, können die eingeleiteten Maßnahmen nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Insbesondere ist die Verfügbarkeit eines neuen Geschäftsführers zu prüfen und zu bedenken, um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu gewährleisten, falls es sich um einen Alleingeschäftsführer handelt.

Die streitige Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist komplex, da das "Abberufungsprozedere" genau einzuhalten ist. Denn jeder Fehler wird hierbei durch die Gegenseite genutzt, um über eine Anfechtungsklage die Abberufung torpedieren zu können.

Im Falle eine streitigen Abberufung ist daher - zur Vermeidung von rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteilen bei der Gesellschaft und den Gesellschaftern - dringend die Hinzuziehung eines fachkundigen Rechtsanwalts anzuraten.


2. Möglichkeiten der Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann ordentlich oder außerordentlich erfolgen.

a. Ordentliche Abberufung

Die ordentliche Abberufung erfolgt ohne spezifischen Grund und basiert auf § 38 Abs. 1 GmbHG. Sie ist der "Normalfall" in der GmbH. 

Wichtig ist, dass die Abberufung nicht durch die Satzung ausgeschlossen sein darf. 

In einer 2-Personen-GmbH kann die erforderliche Stimmenmehrheit eine Herausforderung darstellen.

b. Außerordentliche Abberufung

Die außerordentliche Abberufung erfolgt aus „wichtigem Grund“ gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG. Hierbei genügt oft eine einfache Mehrheit. Wichtige Gründe können Pflichtverletzungen oder Unfähigkeit sein. Parallel dazu ist oft auch ein Beschluss über die Kündigung des Geschäftsführervertrags notwendig.


3. Zuständigkeit für Abberufung

In der Regel werden die Geschäftsführer durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen. Dies gilt sowohl für die Bestellung als auch für die Abberufung. Die Gesellschafterversammlung ist somit das primäre Organ, das für die Abberufung zuständig ist.

Die Satzung der GmbH kann Sonderregelungen enthalten, die die Zuständigkeit für die Abberufung betreffen. Beispielsweise kann festgelegt werden, dass ein Beirat oder Aufsichtsrat für die Abberufung zuständig ist. Solche Regelungen haben Vorrang vor den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen.

Ebenso können gesetzliche Bestimmungen bestehen, die eine Zuständigkeit für die Geschäftsführerabberufung verschieben.


4. Richtige Vorbereitung und Ladung zur Gesellschafter-versammlung

Die Einberufung erfolgt durch den Geschäftsführer oder bei Weigerung durch Minderheitsgesellschafter gemäß § 50 GmbHG. Die Formvorschriften des § 51 GmbHG sowie eventuelle Sondervorschriften der Satzung sind zu beachten, um Anfechtungsklagen zu vermeiden. Die Tagesordnungspunkte sollten konkretisiert sein.

Die ordnungsgemäße Vorbereitung und Ladung zur Gesellschafterversammlung ist insbesondere bei Gesellschafterstreitigkeiten elementar wichtig. Denn wegen fehlerhaften Beschlüssen können schlimmstenfalls die gesamten Folgehandlungen unwirksam sein.

Hier muss daher sorgfältig gearbeitet werden.

a. Einladung zur Gesellschafterversammlung

Die Einladung zur Gesellschafterversammlung muss formal korrekt erfolgen, da ansonsten die Beschlüsse der Versammlung unwirksam sein können. Die Einladung ist in der Regel schriftlich zu versenden und sollte alle relevanten Informationen enthalten.

b. Inhalt der Einladung

Die Einladung sollte folgende Punkte beinhalten:

  • Datum, Uhrzeit und Ort der Versammlung
  • Eine klare und präzise Tagesordnung
  • Hinweise auf eventuelle Besonderheiten der Versammlung (z.B. Abstimmungsmodalitäten)

c. Tagesordnungspunkte

Die Tagesordnungspunkte müssen konkretisiert und den Gesellschaftern im Vorfeld mitgeteilt werden. Dies ermöglicht eine angemessene Vorbereitung auf die Versammlung und gewährleistet, dass alle relevanten Themen behandelt werden.

d. Formvorschriften

Die Einladung muss den Formvorschriften entsprechen, die im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung festgelegt sind. Dies kann beispielsweise die Schriftform oder bestimmte Fristen betreffen.

e. Fristen

Die Einberufung der Gesellschafterversammlung muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen. Diese Frist ist in der Regel in der Satzung festgelegt und soll den Gesellschaftern genügend Zeit geben, sich auf die Versammlung vorzubereiten.

f. Einberufung durch den Geschäftsführer

In der Regel wird die Gesellschafterversammlung durch den Geschäftsführer einberufen. Bei Weigerung des Geschäftsführers kann die Einberufung auch durch Minderheitsgesellschafter erfolgen, wie in § 50 GmbHG geregelt.

g. Beachtung von Sonderregelungen

Es ist wichtig, eventuelle Sonderregelungen in der Satzung zu beachten, die die Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung betreffen.


5. Richtige Durchführung der Gesellschafterversammlung

Die korrekte Durchführung einer Gesellschafterversammlung ist für die Rechtswirksamkeit der getroffenen Entscheidungen ebenso von Bedeutung wie die Vorbereitung und Ladung zur Gesellschafterversammlung.  

a. Leitung der Versammlung

Die Gesellschafterversammlung wird in der Regel von einem Vorsitzenden geleitet, der häufig der Geschäftsführer oder ein von den Gesellschaftern bestimmter Leiter ist. Die Aufgabe des Versammlungsleiters umfasst die Eröffnung der Versammlung, die Leitung der Diskussion, die Durchführung der Abstimmungen und die Schließung der Versammlung.

b. Beschlussfassung

Die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erfolgt in der Regel durch Abstimmung. Die Abstimmungsmodalitäten, wie das erforderliche Quorum und die Mehrheitserfordernisse, sind in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Es ist wichtig, dass diese Vorgaben genau eingehalten werden, um die Gültigkeit der Beschlüsse zu gewährleisten.

c. Protokollierung

Die in der Gesellschafterversammlung getroffenen Entscheidungen müssen protokolliert werden. Das Protokoll sollte den Ort und das Datum der Versammlung, die Namen der anwesenden Gesellschafter, die Tagesordnungspunkte, die gefassten Beschlüsse und die Abstimmungsergebnisse enthalten. Das Protokoll muss von dem Versammlungsleiter und einem weiteren Gesellschafter oder einem Protokollführer unterschrieben werden.

d. Neubestellung eines Geschäftsführers

Falls in der Versammlung die Abberufung eines Geschäftsführers beschlossen wird, ist es wichtig, gleichzeitig über die Neubestellung eines Geschäftsführers zu entscheiden, um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten. Die Bestellung eines neuen Geschäftsführers erfolgt ebenfalls durch Beschluss der Gesellschafterversammlung.


6. Ordnungsgemäße Bekanntgabe des Abberufungsbeschlusses

Die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Beschlusses über die Abberung hat zwingend gegenüber dem betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer zu erfolgen.


7. Kündigung des Geschäftsführervertrags

Die Kündigung des Geschäftsführervertrags ist ein separater, aber oft parallel laufender Prozess, der häufig vergessen wird.

Mit Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers sollte gleichlaufend auch die Kündigung des Geschäftsführervertrages erfolgen.


8. Anmeldung der Abberufung beim Handelsregister

Die Abberufung des Geschäftsführers muss notariell beglaubigt beim Handelsregister angemeldet werden. Zudem sind Kunden und Mitarbeiter zu informieren und gegebenenfalls ist die Kontovollmacht zu entziehen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub

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