Tesla Softwareupdate 2021.44.25.2: Schöne Bescherung, oder doch nicht?

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Es ist der 24.12.2021 und da ist es, das angekündigte Softwareupdate 2021.44.25.2. Eigentlich 2 Wochen zu früh, wie viele Tesla-Enthusiasten scherzhaft sagen würden. Per se eine rundum gelungene Weihnachtsüberraschung für alle Tesla-Fahrer. So beinhaltet das neue Update nicht nur eine - mehr oder weniger besinnlichen - Lichtershow, sondern auch nützliche Verbesserungen, wie eine Totwinkelkamera und die  Verfügbarkeit der Standheizungsfunktion bei niedrigem Akkustand. Daneben umfasst das Update jedoch noch ein weiteres Feature, mit welchem sich dieser Artikel vorrangig beschäftigen wird: die LIVE-Kamerafunktion via App. 


Der interessierte Leser und Teslabesitzer wird sich spätestens jetzt fragen, ob er die angebotene Funktion auch nutzen darf oder ob die Bildüberwachung für ihn ungewollte juristische Konsequenzen zeitigen kann.


Worum geht es?

Die Vorteile der Videoüberwachung - gleich ob diese live übertragen oder aufgezeichnet wird - liegen klar auf der Hand. Man kann sich über die Geschehnisse rund um das Fahrzeug informieren. Doch bereits an dieser Stelle sind wir am Kernproblem angelangt: Der Nutzer sammelt und verarbeitet Informationen und Daten. Überdies erfolgt die Liveübertragung anlasslos, soweit der Nutzer „Nur einmal schauen möchte, was das Auto sieht.“

Wieso aber genau das problematisch ist, wird an folgendem Beispiel deutlich: 

1.    Die Frontkamera Ihres Teslas zeichnet den Gehweg vor einem Wohnhaus Ihrer             Nachbarschaft auf und wie Sie sehen, sehen Sie nichts. 

2.    Die Frontkamera Ihres Teslas zeichnet den Gehweg vor einem Wohnhaus Ihrer             Nachbarschaft auf und Sie sehen, wie Ihr Nachbar mit seinem Hund das Haus             verlässt. Er hält hierbei einen bunten Regenschirm in der Hand und trägt einen             beigen Trenchcoat. Er verlässt den Blickwinkel der Kamera nach links.

In welchem der beiden Varianten wurden Daten erhoben? Richtig, in beiden! Während Sie im Beispiel 1 erfahren haben, hat Ihr Nachbar sein Haus nicht verlassen hat. Wissen Sie im Beispiel 2, dass er es verlassen. Auf die zusätzlich gestreuten Informationen muss insoweit gar nicht weiter eingegangen werden.

Um bei diesem plakativen Beispiel zu bleiben, kann es keinen Unterschied machen, ob Sie sich eine handelsübliche Sicherheitskamera in Ihren Vorgarten stellen und den Hauseingang Ihres Nachbars beobachten oder ob Sie dies - man gönnt sich ja sonst nichts - von Ihrem wunderschönen M3P in unauffälligem „Solid Black“ erledigen lassen. Auch ist es unerheblich, ob Sie dabei den Gehweg, die Straße oder den Hauseingang aufnehmen. 

Die Frage nach der Zulässigkeit von stationären Videoaufzeichnungen oder Live-Übertragungen des Nachbargrundstücks ist bereits hinlänglich geklärt. Ohne die rechtmäßig erteilte Einwilligung der betroffenen Person ist Ihnen dies nicht gestattet. Ebenso verhält es sich bei der Videoübertragung Ihres Tesla.


Aber was bedeutet das für Sie?

Erst in dem Moment, in welchem Sie die Livebildübertragung aktivieren, sehen Sie, ob, respektive wer hiervon erfasst und somit Betroffener ist. Problematisch ist bereits, dass Sie den oder die Betroffenen im Zeitpunkt der Datenerhebung proaktiv über die Selbige informieren müssen. Ihren Informationspflichten werden Sie gleichwohl nicht durch das Aufleuchten der Scheinwerfer genügen, da Sie gem. Art. 13 Abs. 1a DSGVO zumindest den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters benennen müssen, was Ihnen kaum gelingen dürfte. 

Fest steht auch, dass Sie durch die Datenverarbeitung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen eingreifen, indem Sie ihr Recht auf informationelle Selbst­bestimmung beeinträchtigen. 

Sie sehen sich latenten Unterlassungsansprüchen, materiellen und immateriellen („Schmerzensgeld“) Schadenersatzansprüchen und zu guter Letzt Bußgeldern ausgesetzt.


Genügt es, die Livebildfunktion nur nicht zu verwenden?

NEIN! Selbst wenn Sie keine Daten erhoben haben, werden Ihre Nachbarn der Presse entnommen haben, dass Tesla seine aktuellen Fahrzeuge mit dieser Funktion ausstattet. Ob Ihre Nachbarn bereits Betroffene waren oder nicht, wissen sie erst, nachdem Sie dieser hierüber informiert und Auskunft erteilt haben. Soweit Sie nicht bereit sind, Ihren Nachbarn Einblicke in die Videoaufzeichnungen oder den Datenlog zu gewähren, stellt dieses Verhalten eine endgültige Erfüllungsverweigerung betreffend des Auskunftsanspruchs dar. Die Einsicht kann in diesem Falle durchaus über ein anwaltliches Aufforderungsschreiben nebst Androhung und ggf. Einschaltung der zuständigen Datenschutz-Aufsichtsbehörde erreicht werden. Die Kosten der außergerichtlichen, anwaltlichen Vertretung sind zudem von Ihnen als Verzugsschaden zu ersetzen.


Lösungsansätze?

Ohne ein Update auf die Softwarevariante 2021.44.25.2 ist keine Livebildübertragung möglich. Ein entsprechender Hinweis, welcher gut sichtbar am oder im Fahrzeug angebracht wird, könnte Betroffene darüber informieren, dass dieses Fahrzeug nicht über die erforderliche Software verfügt und überdies keine Daten erhoben werden. Ob die Aktualisierung der Fahrzeugsoftware aus technischer Sicht oder aufgrund behördlicher Anweisung erforderlich ist, ist nicht Inhalt dieses Aufsatzes und bedarf der individuellen Prüfung des Einzelfalls durch den Leser.


Und nun?

Fakt ist, dass die neue Funktion Ihres Tesla die Geister scheiden wird. Vielleicht ist Tesla der Konkurrenz wieder einmal eine Nasenspitze voraus, vielleicht ist man aber auch doch über das Ziel hinausgeschossen. Das Ergebnis wird die Zukunft zeigen. Es ist zu erwarten, dass diese Frage auch Gegenstand gerichtlicher Überprüfung sein wird. Über den aktuellen Stand der Rechtsprechung werde ich die interessierten Leser informiert halten.


Ich helfe Ihnen! 

Sie sind Besitzer eines Tesla und haben Fragen rund um Ihr Fahrzeug, liegt Ihnen bereits ein Schreiben eines Rechtsanwaltes vor oder waren Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt, dann stehe ich Ihnen mit meiner seit 25 Jahren insbesondere dem Gebiet des Verkehrsrecht spezialisierten Kanzlei gern zur Verfügung. 


TIPP: Denken Sie daran, die Dashcam-Aufnahme zu sichern. Diese ist als Beweismittel im zivilprozessualen Verfahren zulässig. 

Sie erreichen uns jederzeit per E-Mail unter: verkehrsrecht@tutanota.de oder

telefonisch unter: 0371 / 5750.


Schlusswort

Wer es bis hierher geschafft hat, wartet sich auf die Beantwortung der eingangs aufgeworfenen Frage. Nach juristischer Manier und im Sinne der Diplomatie erlaubt sich der Autor, der ebenfalls leidenschaftlicher Teslaeigentümer ist, diese, mit leicht ironischem Unterton zu beantworten: 

Schöne Bescherung …, sowie ein erholsames Weihnachtsfest, einen erfolgreichen Start in das (Geschäfts-) Jahr 2022 und allzeit unfallfrei Fahrt wünscht 


Ihr Rechtsanwalt Schneegans.



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