Testament verschwunden – was nun?

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Durch die Abfassung eines Testamentes bestimmt der Erblasser, wer seinen Nachlass erben soll, bzw. wie dieser aufgeteilt wird (die sogenannte gewillkürte Erbfolge). Voraussetzung ist, dass nach dem Tode des Erblassers ein gültiges Testament gefunden wird.

Im  folgenden Rechtstipp erfahren Sie:

  • Unter welchen Voraussetzungen ein Testament gültig ist
  • Wo ein Testament verwahrt werden sollte
  • Was ist, wenn kein Testament gemacht wurde
  • Was ist, wenn ein Testament verschwunden ist
  • Was ist, wenn ein Testament nur in Kopie vorliegt
  • Was Sie tun sollten


Unter welchen Voraussetzungen ist ein Testament gültig?

Die Formvorgaben, die erfüllt sein müssen, damit ein Testament gültig ist, sind einerseits sehr einfach, andererseits aber auch streng. Zunächst einmal gibt es zwei mögliche Testamentsformen:

das notarielle Testament und das privatschriftliche Testament. Im Falle des notariellen Testamentes kümmert sich ein Fachmann darum, dass alle Formalia erfüllt und keine Fragen offen sind. Im Falle des privatschriftlichen Testamentes ist der Verfasser selbst allein dafür verantwortlich, dass das Testament formell gültig ist.

Hierzu muss es folgende Kriterien erfüllen:

  • Es muss eigenhändig verfasst und unterschrieben sein. Getippte Vordrucke mit Unterschrift sind nicht gültig!
  • Es muss leserlich sein. Bei Entzifferungsschwierigkeiten ist ein Testament ungültig.
  • Es muss klar verständlich und umsetzbar sein. Wenn etwa alles einem Alleinerben vermacht wird, der bereits verstorben ist, wird es schwierig. Ebenso bei schwammigen Formulierungen wie „Ich vermache alles der Kirche“.

Außerdem sollte das Testament das Ausstellungsdatum enthalten. Denn, falls mehrere Testamente vorliegen, ist nur das Letztgültige wirksam.


Wo sollte man ein Testament verwahren?

Es liegt in der Verantwortung des Erblassers, dafür zu sorgen, dass sein Testament nach seinem Tode zur Klärung der Erbfolge herangezogen werden kann. Dabei muss er einerseits im Blick haben, dass ein Zugriff darauf möglich sein muss, damit es gefunden und berücksichtigt wird, andererseits aber auch, dass es vor dem Zugriff Unbefugter geschützt werden sollte, damit es nicht gefunden, gelesen und verheimlicht werden kann. Notarielle Testamente werden (gegen Gebühr) immer beim zuständigen Amtsgericht verwahrt. Dies ist laut § 2248 BGB auch für privatschriftliche Testamente möglich. Einen „richtigen“ oder „falschen“ Ort der Aufbewahrung gibt es nicht, nur Schlaue und weniger Schlaue. So hat es beispielsweise keinen Sinn, ein Testament in einem Schließfach zu hinterlegen, zu dem nur der Erbe Zugriff erhalten kann, der im Testament vermerkt ist. Man kann natürlich ein Testament auch bei einer Person seines Vertrauens in Verwahrung geben. Diese ist nach § 2259 BGB verpflichtet, das Testament dem Nachlassgericht vorzulegen, sobald sie vom Tode des Ausstellers erfährt.


Was ist, wenn kein Testament errichtet worden ist?

Wenn, etwa bei einem überraschenden und vorzeitigen Sterbefall, kein Testament errichtet worden ist, und auch sonst keine Vereinbarungen, wie ein Erbvertrag, vorliegen, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Diese verteilt den Nachlass des Verstorbenen auf seine nächsten lebenden Angehörigen. Dies sind, abgesehen von Ehegatten, die Kinder, wenn es keine gibt, die Eltern, wenn diese nicht mehr leben, die nächste Verwandtschaft des Erblassers.


Was ist, wenn ein Testament nach dem Tod des Erblassers verschwunden ist?

Kompliziert wird es, wenn die Angehörigen eines Verstorbenen von einem Testament (eventuell auch von dessen Inhalt) wissen, dieses jedoch nicht mehr zu finden ist. Dann müssen, sofern möglich, andere Mittel herangezogen werden, anhand derer die Wünsche des Erblassers hergeleitet werden können. Man könnte freilich spekulieren, dass der Erblasser das Testament vielleicht vernichtet hat, um die darin getroffene Regelung zu widerrufen. Wenn außer dem Verschwinden des Testamentes hierauf nichts hindeutet, darf davon jedoch nicht einfach ausgegangen werden, da der Erbschleicherei Tor und Tür geöffnet würden, wenn man ein Testament nur als Erster zu finden und ein Streichholz dran zu halten bräuchte, um die gesetzliche Erbfolge zu erzwingen.

Das OLG München hat in einem Urteil von 2010 bestätigt, dass ein (zumindest in der Vergangenheit existentes) Testament, das nicht auffindbar ist, dadurch nicht als unwirksam betrachtet werden darf.

Andererseits können Inhalt und Gültigkeit eines nicht vorliegenden Testamentes nicht leichtfertig angenommen werden. Daher ist derjenige, der sich auf ein nicht vorliegendes Testament beruft (in aller Regel der dadurch begünstigte Erbe), verpflichtet, dessen Inhalt und Gültigkeit dem Nachlassgericht zu beweisen. Hierfür kommen Aussagen von Zeugen, die das Testament gelesen haben, oder bestätigen können, dass der Verstorbene davon gesprochen und seinen Willen entsprechend geäußert hat, infrage. Auch Lichtbildaufnahmen des Dokumentes können anerkannt werden.


Was ist, wenn ein Testament nur in Kopie vorliegt?

Nur ein handschriftliches Originaldokument kann als gültiges Tesament anerkannt werden (§ 2355 BGB). Allerdings können Kopien eines solchen Dokumentes in Ausnahmefällen, etwa wenn das Original nicht mehr aufzufinden ist, dessen Existenz bestätigen, und somit die Wahrscheinlichkeit der Anerkennung des verschwundenen Testamentes erhöhen.

Es wird allerdings nicht hinreichen, wenn ein Erbe die Kopie eines Testamentes vorlegt, das unauffindbar ist, und von dem niemand etwas weiß. Lediglich in Verbindung mit anderen Dokumenten, die auf dieses Testament verweisen, oder glaubhaften Zeugenaussagen, die sich an das Originaldokument, oder an entsprechende Äußerungen des Ausstellers erinnern, ist es möglich, dessen gerichtliche Anerkennung durchzusetzen.


Was kann man tun, wenn das Testament verschwunden ist?

Wie bei der Errichtung und Verwahrung, lohnt es sich auch hier, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Gerade, wenn man von einem Testament eines bestimmten Inhaltes weiß, womöglich sogar den Aufbewahrungsort gesagt bekommen hat, und dieses nicht mehr zu finden ist, sollte man im Sinne des Verstorbenen versuchen, für die Anerkennung und Durchsetzung dieses Testamentes zu kämpfen. Hierzu ist jedoch Eile geboten, da Erbangelegenheiten nicht ewig in der Luft schweben können, und daher alle Beteiligten auf eine zügige Lösung drängen werden. Um wirksam vorgehen zu können ist die Unterstützung durch einen Fachanwalt für Erbrecht, der die komplizierten Regelungen des BGB für Sie aufdröseln kann, unabdingbar.

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