Textilhandel und Lebensmittelproduzenten in der Krise: Risiken, Tipps, Herausforderungen und Strategien

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I. Textilhandel in der Krise

ADLER war einer der größten Textilhändler Deutschlands (142 Märkte). Adler hat am 2021 einen Insolvenzantrag gestellt. Viele Einzel- und Großhändler folgten und folgen.
Die Ladenmieten, der Verwaltungsaufwand und die Steuerlasten sind hoch.
Risiken durch Marktentwicklungen sind nicht oder schwer kalkulierbar. Die Kunden kaufen vielfach online und nehmen in Kauf, dass der Fachhandel dadurch leidet. Es ist die Bequemlichkeit und die Auswahl über das Internet, die dem Textilfachhandel zusetzen.Der Verband befürchtet, dass Tausende von Modegeschäft mit 100.000 Beschäftigen gefährdet sind.


II. Lebensmittelproduzenten in der Krise

Der Lebensmittelproduzent Stute hat im April 2024 Insolvenzanträge für drei seiner operativen Gesellschaften in Eigenverwaltung gestellt, um die Sanierung und den Fortbestand der Unternehmensgruppe zu sichern. Die Restrukturierungsexperten  unterstützen die Geschäftsführung dabei, angeführt von einem Generalbevollmächtigten.

Die Insolvenz wurde aufgrund eines sich verändernden Marktumfelds und stark gestiegener Rohstoff-, Energie- und Personalkosten begründet. Trotzdem soll der Geschäftsbetrieb normal weiterlaufen.

Stute, ein Familienunternehmen mit einer Geschichte in der Lebensmittelindustrie seit 1885, spezialisierte sich auf die Verarbeitung von Obst und Gemüse. An den Produktionsstandorten in Paderborn werden Konfitüren, süße Brotaufstriche und Getränke hergestellt, wobei auch Discounter wie Aldi mit Konfitüre beliefert werden.

Im Jahresdurchschnitt 2021 beschäftigte Stute knapp 400 Mitarbeiter. Die Erlöse der Markus Stute Holding GmbH & Co. KG waren stark rückläufig, von einem Umsatz von 466 Millionen Euro im Jahr 2011 auf nur noch 234 Millionen Euro im Jahr 2021. Zudem verzeichnete das Unternehmen einen Verlust von 23 Millionen Euro im selben Jahr.

III. Herausforderungen und Strategien

1. Risiken in der Lebensmittelindustrie
    -Lebensmittelkontaminationen: Trotz strenger Qualitätskontrollen können Verunreinigungen auftreten, sei es durch Produktionsfehler, unzureichende Hygienepraktiken oder absichtliche Sabotage.
    - Risiken der Lieferkette: Globale Lieferketten machen die Branche anfällig für externe Störungen wie Naturkatastrophen, politische Unruhen oder wirtschaftliche Krisen.
    - Gesundheitskrisen: Die Auswirkungen von Pandemien und anderen Gesundheitskrisen können zu Produktionsausfällen, Arbeitskräftemangel und Vertrauensverlust bei Verbrauchern führen.

2. Strategien für ein effektives Krisenmanagement
    - Risikobewertung und Prävention: Unternehmen sollten umfassende Risikobewertungen durchführen, um potenzielle Krisenquellen zu identifizieren. Präventive Maßnahmen wie Schulungen für Mitarbeiter und fortlaufende Überwachung der Produktionsprozesse sind entscheidend.
    - Krisenkommunikation: Transparente und zeitnahe Kommunikation ist essenziell, um das Vertrauen der Verbraucher aufrechtzuerhalten. Unternehmen müssen klare Kommunikationspläne entwickeln und im Falle einer Krise schnell reagieren.
    - Partnerschaften und Zusammenarbeit: Eine enge Zusammenarbeit mit Behörden, Lieferanten und anderen Interessengruppen ist unerlässlich. Gemeinsame Anstrengungen können dazu beitragen, Krisen effektiver zu bewältigen.

3. Restrukturierungsantrag
    - Ein Restrukturierungsantrag ermöglicht Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorinsolvenzliche Stabilisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen. Seit dem 1. Januar 2021 können Unternehmen bestimmte Verfahrenshilfen gemäß dem Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) in Anspruch nehmen. Dazu gehören gerichtliche Planbestätigungen, individuelle Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und die Bestellung eines Sanierungsmoderators. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die keine umfassende Insolvenz benötigen.

4. Berater helfen
Fachberater ( Fachanwälte) organisieren, der die  Geschäftsleitung bei allen krisen- und insolvenzrechtlichen Fragen begleiten kann. Man kann soviel falsch machen in der Krise !
Die Kosten des Beraters und der Nutzen bei der Schadensvermeidung stehen in keinem Verhältnis. Der Schaden durch Fehler kann  mehr als das Hundertfache der Vergütung betragen.

5. Vermeidung strafbaren Handeln
-Insolvenzverschleppung ( trotz Insolvenzreife der GmbH erfolgt kein Insolvenzantrag)
-Eingehungsbetrug beim Kauf von Waren ohne Sicherheit der Zahlung bei Fälligkeit
-Buchführungsdelikte durch fehlende Handelsbilanzen
-Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen ua. (Löhne werden bezahlt aber keine SV Beiträge)

6. Monatliches Liquiditätsmanagement unerlässlich 
Liquiditätsmanagement (täglicher Überblich über die Liquidität: fällige Verbindlichkeiten und vorhandene liquide Mittel)

7. Rechtzeitige Absicherung für Krisensituationen 

a) D&O Versicherung (Haftpflichtversicherung für Geschäftsführer)
b) Rechtsschutzversicherung mit Strafrechtsschutz für Geschäftsführer
c) Nachweis der Erbringung des Stammkapitals ua. Vorsorge wegen Darlegungs- und Beweislast
d) Aktualisierung der Buchhaltung wegen Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung
e) Zeitnahe Erstellung der Jahresabschlüsse zur Vermeidung eines Bilanz- oder Bankrottdelikts
f) Veröffentlichung der Jahresabschlüsse zur Vermeidung von Strafen des Bundesamts
g) Private Absicherung: Ist das Privathaus bei einer Insolvenz betroffen durch Grundschulden oder Bürgschaften? Hat man am Ende einer Insolvenz der GmbH also noch einen Wohnsitz?
h) Haftet der Ehepartner auf Grund von Bürgschaften oä.?
i) Ist die Altersversorgung pfändungssicher ?  

8. Für den Fall, dass schon ein Insolvenzgrund ( z.B. Zahlungsunfähigkeit)  vorliegt: 

a) Rechtzeitige Einleitung eines Insolvenzverfahrens
b) Nutzung der insolvenzrechtlichen Werkzeuge zur Sanierung:
-- Antrag auf Eigenverwaltung
--Beantragung von Insolvenzgeld
-- Beendigung oder Anpassung ungünstiger Verträge
--Wahlrecht ausüben bei nicht erfüllten Verträgen uvm.
--Vorbereitung eines Insolvenzplanes
--Ziel: erfolgreiche Sanierung in 6 Monaten.


Für eine qualifizierte Beratung und Begleitung stehe ich Ihnen mit meinem Team gerne zur Verfügung.

Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (uni DIU)

kulzer@pkl.com



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