The Social Chain AG: Anleihegläubiger müssen handeln - Insolvenzgericht beruft Anleihegläubigerversammlung ein

  • 5 Minuten Lesezeit

Mit Beschluss vom 16.10.2023 hat das Amtsgericht Charlottenburg eine Anleihegläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 SchVG i.V.m. der InsO einberufen.

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet und der Berichtstermin auf den 08.11.2023 bestimmt.

I. Anleihegläubigerversammlung

In dem nunmehr auch unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlichten Beschluss werden die Anleihegläubiger der Wandelschuldverschreibung (WKN: A3E5FE / ISIN DE000A3E5FE7) aufgefordert, darüber zu entscheiden, ob und wer zum gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger bestellt werden soll.

Die ausschließlich für die Gläubiger der Wandelanleihe einberufene Versammlung ist auf den 06.11.2023 um 10:30 Uhr im Saal 119/120 im 1. Stock des Amtsgerichts Charlottenburg bestimmt.

II. Tagesordnung

Die Tagesordnung sieht einen kurzen Bericht (ohne Beschlussfassung) der eigenverwaltenden Schuldnerin und des Sachwalters zum laufenden Insolvenzverfahren vor. Im Anschluss soll darüber abgestimmt werden, ob ein gemeinsamer Vertreter, der die Rechte der Gläubiger der Wandelanleihe im Insolvenzverfahren vertreten soll, gewählt wird.

III. Teilnahmeberechtigung

Teilnahme- und stimmberechtigt sind ausschließlich Gläubiger, welche zum Zeitpunkt der Abstimmung Teile der Wandelschuldverschreibung halten, so das Insolvenzgericht. Weitere Gläubiger und Gäste sind vom Insolvenzgericht nicht zugelassen worden, insofern handelt es sich um eine nicht-öffentliche Gläubigerversammlung.

IV. Was müssen Anleihegläubiger nun tun?

Sowohl die Teilnahme als auch die Ausübung von Stimmrechten hängt von der Inhaberschaft der Wandelanleihe ab. Einlass wird nur jenen Anleihegläubigern gewährt, die ihre Inhaberschaft nachweisen.

1. Nachweis

Dieser Nachweis kann in Form eines besonderen Nachweises des depotführenden Instituts oder des Clearingsystems über die Inhaberschaft der Gläubiger an der Wandelanleihe erfolgen oder aber durch die Vorlage eines sogenannten Sperrvermerks der depotführenden Bank. Regelmäßig erfolgt der Nachweis der Inhaberschaft über einen sogenannten Sperrvermerk, aus dem die Inhaberschaft und die fehlende Verfügbarkeit über die Position bis zum Ablauf der Gläubigerversammlung folgt. Der Nachweis sollte in jedem Fall den Namen des Inhabers und den Nennbetrag in Euro ausweisen.

2. Besonderheiten für juristische Personen und Personengesellschaften

Juristische Personen oder Personengesellschaften (also Aktiengesellschaften, GmbHs, Kommanditgesellschaften, offene Handelsgesellschaften, Unternehmergesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts) müssen einen aktuellen Auszug, der nicht älter als 14 Tage ist, der registerführenden Stelle vorlegen, um die Vertretung ihrer Organe nachzuweisen, so das Insolvenzgericht.

3. Vertretung

Gläubiger der Wandelanleihe können sich nach Maßgabe des § 79 ZPO vertreten lassen. Die Vertretung kann somit durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erfolgen.

4. Anmeldung

Eine Anmeldung zur Gläubigerversammlung ist nicht erforderlich, wird gleichwohl vom Gericht angeregt, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Der Einlass erfolgt bereits um 9:30 Uhr, um Verzögerungen zu vermeiden.

V. Kosten des gemeinsamen Vertreters

Bis zur Entscheidung des BGH im Jahr 2017 war die Qualifizierung der Kosten der gemeinsamen Vertretung als Kosten des Insolvenzverfahrens, § 54 InsO, oder Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 54 InsO fraglich. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass die Kosten für die gemeinsame Vertretung weder Kosten des Insolvenzverfahrens noch Massekosten sind.

Zudem hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der gemeinsame Vertreter die ihm entstehenden Kosten nicht unmittelbar von den Anleihegläubigern fordern kann. Regelmäßig werden die Kosten der gemeinsamen Vertretung, sofern keine Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter getroffen werden kann, von einer etwaig zu zahlenden Quote in Abzug gebracht. D. h., dass die Anleihegläubiger eine um die gemeinsame Vertretung reduzierte Insolvenzquote ausgezahlt bekommen.

VI. Das raten wir den Anleihegläubigern

Anleihegläubiger sollten als allererstes einen sogenannten Sperrvermerk bei ihrer depotführenden Bank beantragen, um sich die Teilnahmemöglichkeit, sei es selbst oder durch einen Vertreter, zu sichern.

Darüber hinaus sollten die Anleihegläubiger ihre Rechte im Rahmen dieser Anleihegläubigerversammlung wahrnehmen, da sie im Falle der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters an dem Berichtstermin wenige Tage später wohl nicht mehr teilnehmen können werden. Denn mit der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters ist allein dieser berechtigt, aber auch verpflichtet, die Rechte der Anleihegläubiger im weiteren Insolvenzverfahren geltend zu machen. Dem gemeinsamen Vertreter wird in dem Insolvenzverfahren eine zentrale Rolle zukommen. Daher sollte dieser nicht leichtfertigt ausgesucht werden. Der Vorschlag des gemeinsamen Vertreters sollte regelmäßig aus der Mitte der Anleihegläubiger kommen, da sie allein durch ihn vertreten werden.

VII. Müssen Anleihegläubiger bereits jetzt ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden?

Unseren Mandanten raten wir regelmäßig, den Ausgang der Anleihegläubigerversammlung abzuwarten. Sollte ein gemeinsamer Vertreter bestellt werden, ist auch nur dieser berechtigt, die Forderungen aus dem Papier selbst anzumelden. Eine Anmeldung der Anleihegläubiger selbst wäre mithin nicht zu berücksichtigen, sodass sich Anleihegläubiger die Kosten einer Forderungsanmeldung zunächst sparen können. Sollte kein gemeinsamer Vertreter gewählt werden, können die Anleihegläubiger ihre Forderungen auch noch nach der Versammlung anmelden.

Die Teilnahme an der Anleihegläubigerversammlung hängt auch nicht von der Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren ab, sondern bestimmt sich allein nach der Inhaberschaft der Papiere.

VII. Zur Person

Seit über 15 Jahren vertrete ich, Rechtsanwalt Sascha Borowski, als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie geprüfter ESUG-Berater (DIAI) und Partner der Wirtschaftskanzlei BBR Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte, erfolgreich Investoren sowohl bei der Durchsetzung als auch bei der Abwehr von Ansprüchen innerhalb und außerhalb des Insolvenzverfahrens.

In zahlreichen Verfahren wurde ich zum gemeinsamen Vertreter gewählt, so. u. a. im Fall der mybet SE, der blueplanet Investments AG. Im Fall der mybet SE konnten wir – auch in der Insolvenz – eine Befriedigung der Anleihegläubiger von über 80 % erreichen.

Zudem vertrete ich regelmäßig die Interessen der Gläubiger in Gläubigerausschüssen (bspw. in den Verfahren German Pellets GmbH, KGT Agrar SE, ADCADA GmbH sowie in einer Vielzahl von Industrieinsolvenzen).

Wir wurden mehrfach zum gemeinsamen Vertreter bestellt. Darüber hinaus habe ich vermehrt Fachvorträge zum Schuldverschreibungsgesetz, zu den Rechten von Anleihegläubigern sowie zur Durchsetzung ihrer Rechte gehalten und publiziere laufend zu diesen Themen, u. a. in Fachzeitschriften. Seit Ende letzten Jahres gehöre ich der Schriftleitung der im dfv erscheinenden Fachzeitschrift „Der SanierungsBerater“ an.

BBR Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte zählt zu den führenden Insolvenz- und Sanierungsberatern und wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. vom Handelsblatt mit den Qualitätssiegeln „Deutschlands Beste Anwälte im Kapitalmarktrecht“ und „Deutschlands Beste Anwälte im Bank- und Finanzrecht“ sowie vom FOCUS als TOP-Wirtschaftskanzlei im Bereich Insolvenz & Sanierung.


Setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung:

per E‑Mail: borowski@bbr-law.de

per Telefon: +49 (0)211- 828977 200

oder postalisch: Buchalik Brömmekamp Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Prinzenallee 15, 40549 Düsseldorf,

Besuchen Sie uns unter: https://www.buchalik-broemmekamp.de



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Sascha Borowski

Beiträge zum Thema