Tipps Vorladung bzw. Anklage wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger nach § 180 StGB

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Die Beschuldigten erlangen in der Regel erst dann Kenntnis von einem gegen sie laufenden Ermittlungsverfahren, wenn sie eine polizeiliche Vorladung erhalten. Oft läuft dieses Verfahren jedoch schon seit einiger Zeit, weshalb es auch Fälle gibt, bei denen dieses bereits abgeschlossen ist und die Beschuldigten erst mit Zustellung einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft von ihrer Situation erfahren. 

Die Beschuldigten reagieren dann schockiert und betroffen, was in Kombination mit mangelndem strafrechtlichem Wissen zu ungünstigen Verhaltensweisen führen kann, die es unbedingt zu vermeiden gilt. Hier erfahren Sie Näheres zum Tatbestand des § 180 StGB, seinen Konsequenzen und wie Sie sich im Falle einer Beschuldigung verhalten sollten. 

Tatbestand zur Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger

Wenn man sich den § 180 StGB durchliest, kann dieser für einen Laien unglaublich kompliziert klingen. Setzt man sich näher damit auseinander, ist die Lage klar. Unter Strafe wird gestellt, wenn der Schutz der ungestörten sexuellen Entwicklung Jugendlicher verletzt wird oder ganz allgemein gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht verstoßen wird und dies eine Fehlentwicklung der Sexualmoral zur Folge hat. Doch welche Handlungen werden konkret unter Strafe gestellt? Der Paragraf setzt sich aus vier Abschnitten zusammen, in denen jeweils eine abweichende Fallkonstellation geschildert wird.

§ 180 Abs. 1 StGB: Förderung sexueller Kontakte von Personen unter 16 Jahren

Der erste Abschnitt geht von Betroffenen unter 16 Jahren aus, die gefördert werden, an oder vor Dritten sexuelle Handlungen zu praktizieren. Außerdem wird unter Strafe gestellt, wenn man die sexuellen Handlungen durch Dritte an den betroffenen Minderjährigen unter 16 Jahren fördert. Achtung: Der Täter und die dritte Person können ebenfalls minderjährig sein! Wenn die dritte Person allerdings an sich selbst sexuelle Handlungen vor den Augen des Betroffenen unternimmt, hat dies in § 180 StGB keine strafrechtlichen Folgen. 

Die konkreten Förderungshandlungen in § 180 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB sind als Vermittlung sowie als das Gewähren oder Verschaffen von Gelegenheit beschrieben, die alle dazu führen, dass der Täter sexuellen Handlungen des Betroffenen Vorschub leistet. Unter der Vermittlung versteht man die Kontaktvermittlung zwischen dem Betroffenen und einem Dritten oder auch nur das Drängen darauf, sich einen Sexualpartner zu suchen. Auch wenn man einem unter 16-Jährigen die Adresse eines Bordells o. Ä. gibt, macht man sich strafbar. 

Willigt der Täter auf einen Vorschlag eines Dritten in die Nutzung von Räumlichkeiten zum Zwecke sexueller Handlungen ein oder reserviert für den Betroffenen und den Dritten ein Hotelzimmer für denselben Zweck, erfüllt er den Tatbestand des Gewährens oder Verschaffens von Gelegenheit zu sexuellen Handlungen. 

Aufgrund des weiten Tatbestands ist ein sog. Erzieherprivileg eingebaut worden, nach welchem die Erziehungsberechtigten sich in den Fällen von § 180 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht strafbar machen. Es liegt im Ermessen der Erziehungsberechtigten, ihren Kindern eine sexuelle Betätigung zu ermöglichen bzw. zu erlauben, sofern diese eine solche wollen. Selbstverständlich ist im Einzelfall abzuwägen, ob nicht doch eine grobe Verletzung der Erziehungspflicht vorliegt. Das kann im Unterlassen einer angemessenen Kontrolle liegen, im Vorschubleisten bei Minderjährigen unter 14 Jahren oder auch im Verschaffen zu Anstellungen im pornografischen Bereich. 

§ 180 Abs. 2 StGB: Förderung zu entgeltlichen sexuellen Handlungen von Personen unter 18 Jahren

Der zweite Abschnitt geht von Minderjährigen unter 18 Jahren aus und stellt zum einen unter Strafe, wenn man den Betroffenen dazu bestimmt, gegen Entgelt sexuelle Handlungen an oder vor einem Dritten vorzunehmen bzw. von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen. Zum anderen wird bestraft, wer dieser Prostitution durch Vermittlung Vorschub leistet. Bei der Bestimmung muss der geldwerte Vorteil auch ein Motiv des Opfers sein, wobei auch die ersatzweise Abgabe von Betäubungsmitteln darunter zählt. Das Vorschubleisten zur Vermittlung entspricht dem Inhalt nach dem oben erklärten Tatbestand des § 180 Abs. 1 StGB. 

§ 180 Abs. 3 StGB: Missbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen

Im dritten Abschnitt geht es um den Missbrauch aus einem Abhängigkeitsverhältnis heraus zu sexuellen Handlungen an Dritten. An dieser Stelle sei § 174 StGB in Abgrenzung zum § 180 Abs. 3 StGB erwähnt, da es sich dort auch um den Missbrauch von Schutzbefohlenen handelt. Der Unterschied liegt darin, dass in § 174 StGB die sexuellen Handlungen am und durch den Täter selbst (!) bestimmt sind. In § 180 StGB jedoch geht es insgesamt um das individuelle Sexualverhalten der Betroffenen gegenüber Dritten und die dahingehende Manipulation durch den Täter. 

Es muss laut dem dritten Abschnitt ein Abhängigkeitsverhältnis bestehen. Dieses kann die Form eines Arbeits-, Dienst-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder Erziehungsverhältnisses annehmen. Der erfolgte Missbrauch muss im direkten kausalen Zusammenhang zum Abhängigkeitsverhältnis stehen. Das heißt, dass ohne dieses Verhältnis die sexuelle Handlung in ihrer konkreten Form nicht vorgenommen worden wäre. 

Für Fälle aus den Absätzen 2 und 3 ist laut § 180 Abs. 4 StGB außerdem bereits der Versuch strafbar. Ein Täter kann sich auch nicht auf eine Einwilligung des Opfers berufen, da diese im Zweifel unter dem Aspekt eines Missbrauchs keinen Rechtfertigungsgrund darstellt. 

Strafrechtliche Konsequenzen des Sexualstraftatbestandes

Im Falle einer Verurteilung muss der Täter mit Freiheits- oder Geldstrafen rechnen. Dabei beträgt das Höchstmaß der Freiheitsstrafe in Abs. 1 drei Jahre und in den Abs. 2 und 3 fünf Jahre. Das Gericht kann nur entweder eine Freiheits- oder eine Geldstrafe verhängen, eine Kombination ist bei § 180 StGB nicht vorgesehen. 

Sollte allerdings eine Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren verhängt worden sein, kann diese zur Bewährung zu einem Zeitraum von mindestens zwei und maximal fünf Jahren ausgesetzt werden. Darüberhinausgehende Strafen können nicht mehr gem. § 56 StGB behandelt werden. Der Strafverteidiger muss bei Verurteilungen, die über ein Jahr Freiheitsentzug hinausgehen, dem Gericht in besonderem Maße beweisen, dass kein Grund zur Annahme einer weiteren Straftatbegehung vorliegt. Dies kann mit der Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit oder mit Verpflichtungen gegenüber einer eigenen Familie begründet werden. Der Täter muss ebenso mit seiner Persönlichkeit überzeugen, indem er sich beispielswiese besonders reumütig zeigt. 

Bei einer Aussetzung gem. § 56 StGB kann das Gericht Auflagen und Weisungen erteilen, die in den §§ 56b, 56c StGB normiert sind und im Einzelfall entsprechend angewendet werden. 

Konsultieren Sie einen Fachanwalt für Strafrecht und lassen Sie sich verteidigen

Zusammenfassend ist bei einer Vorladung oder Anklage wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger gem. § 180 StGB in jedem Fall dringend zu empfehlen, einen Rechtsanwalt für Strafrecht zu konsultieren und dessen Rat zu befolgen. Bis zum Zeitpunkt einer Mandatsannahme sollten Sie außerdem von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und keiner polizeilichen Vorladung nachkommen. Sie dürfen die Vorladung jedoch auf keinen Fall ignorieren, eine Anklage erst recht nicht. 

Wenden Sie sich schnellstmöglich an einen Fachanwalt für Strafrecht. Es handelt sich selbsterklärend um einen empfindlichen Straftatbestand, weshalb eine wohl durchdachte Verteidigungsstrategie vom Fachanwalt essenziell ist.


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