Überstunden - wirklich geleistet oder war der Mitarbeiter nur anwesend?

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Durch Arbeitnehmer geleistete Mehrarbeit ist ein idealer Nährboden für Streitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitarbeiter. Sind Überstunden nur des Geldes wegen geleistet worden oder erhofft sich der Arbeitnehmer Anerkennung für seinen Fleiß und damit Wertschätzung seiner Person? Natürlich ist bei diesem Thema auch die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes wichtig.

Das LAG Köln hat einen Fall entschieden (11.09.2015 4 Sa 425/15), der sich mit den arbeitsrechtlichen Fallstricken für die Parteien des Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Diese heißen Darlegungs- und Beweislast.

Ort der Streitigkeiten war ein First-Class-Hotel. Einer der Mitarbeiter wollte geleistete Mehrarbeit vergütet haben. Der Arbeitgeber glaubte der Darstellung des Kollegen nicht. Er vertrat die Ansicht, dass der Mitarbeiter, der im Hotel wohnte, lediglich anwesend war. Da das Hotel nicht gut besucht war, hätte es für ihn nichts zu tun gegeben. Im Arbeitsvertrag war hinsichtlich der Beantragung und tatsächlichen Ableistung von Überstunden eine Schriftformklausel vorgesehen. Danach hätte der Arbeitnehmer die betriebliche Notwendigkeit von Überstunden schriftlich begründen und deren schriftliche Anordnung abwarten müssen. Es gab aber auch Zeitnachweise, die vom Hoteldirektor unterschrieben waren. Diese konnte der Kläger vorlegen. Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass der Geschäftsführer die Überstunden hätte anordnen und auch abzeichnen müssen.

Das Arbeitsgericht und dann auch das LAG gaben dem Arbeitnehmer recht. Das LAG trug in der Urteilsbegründung vor, dass der Arbeitgeber zu den vom Arbeitnehmer vorgelegten und vom Vorgesetzten unterschriebenen Tätigkeitsnachweisen nicht detailliert vortragen konnte, inwieweit es sich um Arbeits- oder Anwesenheitszeit handelte. Es genügte nicht, vorzutragen „Aber er wohnt ja dort und ist daher auch anwesend“. Der Arbeitgeber hätte genauso exakt beweisen müssen, wann der Arbeitnehmer wirklich gearbeitet hatte und wann er nur die Füße hochgelegt hatte. Die vom Arbeitnehmer geleisteten Überstunden waren vom Vorgesetzten genehmigt und damit war die Rechtsprechung des BAG erfüllt, die besagt:

„Überstunden müssen vom Arbeitgeber
- angeordnet,
- gebilligt,
- geduldet oder
- jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sein“ (BAG, 5 AZR 122/12)

Die Abzeichnung der Überstunden durch den Vorgesetzten reicht jedoch aus. Die Billigung kann hinterher erfolgen. Im weiteren Verlauf der Urteilsbegründung legte das LAG dar, dass der Kläger davon ausgehen konnte, dass der Hoteldirektor kraft seines Amtes berechtigt war, den Zeitnachweisbogen zu unterschreiben und somit die Überstunden zu genehmigen.

Die vom Mitarbeiter vorgelegten Zeitnachweise waren – wie der Arbeitgeber selbst einräumte – keine bloßen Anwesenheitslisten. Diese Zeitnachweise beinhalteten den Beginn und das Ende der geleisteten Arbeitszeit ganz genau. Das war bei allen Mitarbeitern so, egal ob sie im Hotel wohnten oder nicht. Der Arbeitgeber räumte ein, dass Anwesenheitslisten bei einem Mitarbeiter, der im Hotel wohnt, unsinnig seien. Die Schriftformklausel im Arbeitsvertrag war unwirksam, weil dort die nachträgliche Billigung der Mehrarbeit außen vor blieb. (Siehe Rechtsprechung des BAG) Revision des Urteils war nicht zugelassen.

Fazit: Vor der Unterschrift auf einem Zeitnachweis sollte der Vorgesetzte mit dem Mitarbeiter sprechen, ob das, was da steht, tatsächlich geleistet wurde.


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