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Unfall mit Pistenraupe - Wann haften Skifahrer und Pistenbetreiber?

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Elf Menschen, darunter sechs Deutsche, wurden nun im österreichischen Skigebiet Saalbach verletzt, als eine Pistenraupe eine Böschung hinabstürzte. Ein Skihüttenmitarbeiter wurde unter der Raupe eingeklemmt und erlitt schwere Kopfverletzungen. Die im Anhänger der Pistenraupe mitfahrenden Personen hatten dagegen Glück im Unglück und kamen mit Prellungen davon. Wie es zum Unfall kam, ist noch unklar. Pistenraupen und andere Pistenfahrzeuge sind gefährlich, und Unfälle mit ihnen leider keine Seltenheit. Was für die Schuldfrage entscheidend sein kann, zeigt folgender Rechtstipp.

Kilometerlange Seile nach Pistenschluss

Sind die Pisten geschlossen, ist die Zeit der Pistenraupen. Sie präparieren den Schnee für den nächsten Tag. Wer nach Pistenschluss abfährt, begibt sich in besondere Gefahr. Auch mit genügend Abstand zum Pistenfahrzeug ist es nicht getan. Denn Pistenraupen können zur eigenen Sicherheit und Bewältigung extremerer Steigungen an Seilwinden hängen. Bei dieser Seilwindenpräparierung können die Drahtseile mehr als 1 Kilometer lang sein. Dabei nehmen Fahrer das Seil nur wenn nötig zur Hilfe, sodass es vorübergehend im Schnee liegt. Bei Nutzung schnellt es dann plötzlich in die Höhe und kann dabei auch seitlich ausschlagen.

Das Seil ist in beiden Fällen kaum zu sehen. Wer es übersieht, den reißt es daher regelrecht von den Beinen mit entsprechender Verletzungsgefahr. Die Alleinschuld einer über ein solches Seil nach der Pistensperre verunglückten Snowboarderin hat der Oberste Gerichtshof (OGH) als höchstes Zivilgericht Österreichs dabei für rechtens erklärt (OGH, Urteil v. 30.07.2013, Az.: 2 Ob 99/13t). Absicherung und Gefahrenhinweise hatte der Pistenbetreiber in diesem Fall ordnungsgemäß befolgt.

Mitschuld bei Alkoholisierung & Co.

Eine weitere Gefahr späterer Abfahrer ist der Alkohol. Dieser kann sich im Nachhinein erheblich bei der Schuldverteilung auswirken. So traf einen Skifahrer eine Haftungsquote von 75 Prozent. Der Mann hatte sich nachts nach dem Aufenthalt in einer Skihütte am Faschingssonntag mit abgesägten Ski auf die Abfahrt begeben. Hinter einer vor ihm fahrenden Pistenraupe stürzte er. Deren Fahrer legte in diesem Moment den Rückwärtsgang ein, um eine Mulde in der Piste auszubessern. Dabei überfuhr er den oberhalb der 30-prozentigen Steigung liegenden Skifahrer, der schwerste Verletzungen erlitt (OLG München, Urteil v. 08.07.2011, Az.: 10 U 5433/08). Zwar hätte der Fahrer der Raupe wegen der bekanntermaßen stattfindenden Faschingsfeier mehr Vorsicht als sonst walten lassen müssen. Dies überwog aber nicht die Alkoholisierung und insbesondere den nicht ausreichend vom Skifahrer zur Pistenraupe eingehaltenen Abstand.

Abstandsregel gegenüber Pistenraupen

In dieser Hinsicht besagen die DSV-Tipps zum Verhalten gegenüber Pistenraupen, dass Pistenbenutzer einer Pistenraupe, egal ob sie fährt oder steht, niemals zu nahe kommen dürfen. Pistenbenutzer müssen immer damit rechnen, dass die Pistenraupe plötzlich die Fahrtrichtung ändert, anhält oder rückwärts fährt. Der Sicherheitsabstand darf deshalb zur Vorder- und Rückseite 15 Meter und zu den Seiten 3 Meter nicht unterschreiten. Kann ein Pistenbenutzer nicht ausweichen, z. B. aufgrund von Sturz oder Materialdefekt, muss er sich dem Fahrer durch möglichst deutliche Zeichen bemerkbar machen. Wenn nötig, sollen andere Pistenbenutzer den Lenker warnen. Des Weiteren warnt der DSV davor, sich an die Fahrzeuge anzuhängen und vor der Gefahr, dass sie an Steilhängen abrutschen können. Wer auf der Piste unterwegs ist, sollte außerdem auf Sicht fahren und den Pistenraupen den Vorrang einräumen. Eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Haftungsfrage spielt zudem eine mögliche Verletzung der Regeln der Fédération Internationale de Ski - kurz FIS-Regeln, die dieser Rechtstipp vorstellt.

Unfälle mit Fahrzeugen während Liftbetrieb

Während des Skibetriebs müssen Ski- und Snowboardfahrer erheblich weniger mit Pistenfahrzeugen rechnen. Kommt es dann zu einem Unfall, muss der Pistenbetreiber laut österreichischem OGH beweisen, dass der Einsatz notwendig war und er davor gewarnt hat (OGH, Urteil v. 27.01.2011, Az.: 2 Ob 30/10s). Beispielsweise können Pistenfahrzeuge während des Liftbetriebs zu Rettungseinsätzen oder Ausbesserungsarbeiten auf der Piste unterwegs sein.

Fazit: Abstand halten zu Pistenfahrzeugen ist oberstes Gebot.

(GUE)

 

Foto(s): ©Fotolia.com

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