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Unfall wegen gefährlicher Bodenwelle: Wer haftet für den Schaden?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

An die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen hält sich längst nicht jeder. Nachdem es sich nicht um ein verbindliches Tempolimit handelt, ist schnelleres Fahren schließlich durchaus erlaubt.

Mit steigender Geschwindigkeit steigt allerdings auch das Unfallrisiko – besonders wenn die Straßen in einem schlechten Zustand sind. Aber wer haftet, wenn es – beispielsweise aufgrund einer erheblichen Bodenwelle – zu einem Unglück kommt?

Ferrari schnell auf der Autobahn unterwegs

Im Herbst 2013 befuhr ein Mann in seinem tiefliegenden Ferrari Modena Spider mit rund 200 km/h die Autobahn A44. Beim Überfahren einer quer zur Fahrbahn verlaufenden Bodenwelle verlor er die Kontrolle über seinen Wagen und krachte in die Leitplanke. Den entstandenen Schaden regulierte größtenteils die Kasko-Versicherung des Fahrzeughalters.

Offen blieben allerdings eine im Versicherungsvertrag vorgesehene Selbstbeteiligung in Höhe von 5000 Euro und die zukünftig höheren Versicherungsprämien durch Verlust des Schadenfreiheitsrabatts. Die verlangte das Unfallopfer vom Staat zurück und der Mann bekam vom Landgericht (LG) Aachen immerhin 50 Prozent davon zugesprochen.

Bodenwelle für den Fahrer nicht erkennbar

Die bis zu 18 Zentimeter hohe Bodenwelle war der zuständigen Autobahnmeisterei bereits einige Monate zuvor angezeigt worden. Außerdem hatte sich bereits im Sommer an derselben Stelle ein tödlicher Unfall ereignet. Das beklagte Land wusste also von der gefährlichen Bodenwelle.

Trotzdem wurden offenbar keine Maßnahmen ergriffen, um eine möglichst gefahrlose Nutzung der Autobahn sicherzustellen. Weder wurde die Bodenwelle fachmännisch beseitigt noch wurde eine Geschwindigkeitsbegrenzung verhängt. Mindestens das Aufstellen entsprechender Warnschilder wäre möglich und nötig gewesen, da die Bodenwelle laut Sachverständigengutachten für die Autofahrer nicht rechtzeitig erkennbar war.

Hohe Geschwindigkeit und geringe Bodenfreiheit

Dass es zu dem Unfall kam, lag aber nicht allein an der schadhaften Fahrbahn. Auch die hohe Geschwindigkeit und die geringe Bodenfreiheit des Sportwagens spielten eine erhebliche Rolle. Fahrzeuge mit normaler Bodenfreiheit von 15 bis 17 Zentimetern hätten laut Gutachten die Bodenwelle auch mit 200 km/h ohne größere Gefahr überqueren können.

Das entlastete die zuständige Straßenverkehrsbehörde aber nur zum Teil. Bei dem tiefliegenden Ferrari handelte es sich schließlich um ein ordnungsgemäß für den Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug. Auch für andere „tiefergelegte“ Automodelle stellte die Bodenwelle eine erhebliche Gefahr dar.

Autobahn nicht mit Feldweg vergleichbar

Ab wann Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind, hängt nicht allein von der Höhe der Bodenwelle ab. Auch die Art der Vertiefung oder Erhöhung, die Symmetrie und die anderen konkret vor Ort herrschenden Umstände spielen eine Rolle. Dabei sind an einen Autobahnabschnitt ohne Geschwindigkeitsbeschränkung natürlich andere Anforderungen zu stellen als an eine Landstraße oder einen Feldweg.

Die zuständigen Behörden haben aber grundsätzlich dafür zu sorgen, dass öffentliche Straßen möglichst sicher von allen Fahrzeugen befahren werden können, die ordnungsgemäß zugelassen und auf der konkreten Straße zu erwarten sind. Dabei muss insbesondere vor etwaigen, für die Fahrer nicht erkennbaren Gefahren, wie beispielsweise erheblichen Bodenwellen, gewarnt werden.

Im konkreten Fall hatten sowohl das nicht alltägliche Fahrzeug und dessen hohe Geschwindigkeit als auch die schadhafte Autobahn zum Unfall beigetragen. Dementsprechend nahm das Gericht eine Haftungsteilung vor – der verunfallte Ferrari-Fahrer bekam nur die Hälfte seines verbliebenen finanziellen Schadens von der zuständigen Behörde ersetzt.

Fazit: Straßen sollen grundsätzlich so beschaffen sein, dass alle zugelassenen und an dieser Stelle zu erwartenden Autos sie möglichst gefahrlos nutzen können. Darauf verlassen sollte man sich aber nicht, besonders wenn man mit einem schnellen und tiefliegenden Auto unterwegs ist.

(LG Aachen, Urteil v. 01.10.2015, Az.: 12 O 87/15)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

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