Ungesunde Beziehung - Totschlag nach psychischer Belastung

  • 3 Minuten Lesezeit

Minder schwerer Fall des Totschlags


Für denjenigen, der einen Totschlag nach § 212 Abs. 1 StGB begeht, ist normalerweise eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren vorgesehen. Einen Totschlag begeht gemäß § 212 StGB, wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein. Doch auch ein minder schwerer Fall des Totschlags ist möglich. Der Paragraph § 213 StGB stellt eine Strafzumessungsregel zu § 212 StGB dar und stellt einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren auf:


„War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.“


Zum einen liegt ein minder schwerer Fall also in Fällen einer Provokation vor, zum anderen in sonstigen Fällen. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung notwendig, um zu prüfen, ob das gesamte Tatbild auf die Anwendung eines Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.


Toxische Ehe


In seinem Beschluss vom 23. März 2021 musste der Bundesgerichtshof (1 StR 52/21) überprüfen, ob es sich um einen Totschlag handelt oder auch ein minder schwerer Fall des Totschlags in Betracht kommt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt herrschte zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau aufgrund der extremen Eifersucht der Ehefrau ein angespanntes Verhältnis. Dabei kam es mehrmals zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen. 


Als es schließlich zu einer Trennung kam, lebten die Ehepartner weiterhin zusammen und der Angeklagte hatte die Hoffnung, dass die Beiden wieder zueinanderfinden würden. An einem Abend warf die Ehefrau des Angeklagten ihm vor, dass er ihr fremdgegangen sei. Die Bitten des Angeklagten ihn in Ruhe zu lassen blieben erfolglos, woraufhin er ihr mit einem Messer ins Bein stach. Der Angeklagte rief nach der Tat einen Krankenwagen, die Geschädigte verstarb jedoch im Krankenhaus. Das Landgericht Kempten verurteilte den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren.


Entscheidung des Bundesgerichtshofes 


Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes erweist sich der Strafausspruch jedoch durchgreifend als rechtsfehlerhaft. Demnach wurde das Vorliegen des § 213 2. Alt. StGB allein aufgrund der allgemeinen Strafzumessungsregeln nicht tragfähig verneint. Der Bundesgerichtshof erklärt, dass zahlreiche wesentliche Gesichtspunkte wie die psychische Belastung des Angeklagten durch die schwere Eifersucht der Ehefrau, die spontane Tatbegehung sowie die Rettungsversuche zu unrecht mit der Begründung abgetan wurden, dass sich der Angeklagte bewusst wieder in diese Situation begab und mit dem Verhalten seiner Ehefrau rechnen musste. 


Weiterhin führt der Bundesgerichtshof aus, dass es dem Angeklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er Annäherung zu seiner Ehefrau suchte, in der Hoffnung seine Ehe und Familie retten zu können.  Demnach sei es nicht nur menschlich nachvollziehbar, sondern auch achtenswert, trotz der schwierigen Lebenssituation einen gemeinsamen Weg finden zu wollen. Jedenfalls sei es es kein  dem Angeklagten vorwerfbarer Gesichtspunkt Der Strafrahmen wurde somit nach Auffassung des Bundesgerichtshof nicht rechtsfehlerfrei gewählt.


Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht


Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Steffen Dietrich

Beiträge zum Thema