Unterhalt anmahnen

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Besteht für Ihr Kind Anspruch auf Kindesunterhalt oder haben Sie selbst Anspruch auf Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, genügt es nicht, wenn Sie die Unterhaltszahlungen einfach nur einfordern. Bleiben die Unterhaltszahlungen aus, müssen Sie den Unterhalt anmahnen und dazu den unterhaltspflichtigen Elternteil oder Ex-Partner formell richtig in Verzug setzen. Nur mit der richtigen Inverzugsetzung bewahren Sie Ihre Ansprüche auf Unterhalt. Um die damit verbundenen typischen Risiken zu vermeiden, kann sich empfehlen, frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wann ist Unterhalt fällig und zahlbar?

§ 1612 BGB bestimmt, dass der Unterhalt durch „Entrichtung einer Geldrente“ (= Bargeld) zu gewähren und monatlich im Voraus zu zahlen ist. Daraus lässt sich ableiten, dass der Unterhalt spätestens beim Ersten eines Monats zur Verfügung stehen sollte. Grund ist, dass der Unterhalt den anstehenden Lebensbedarf für den kommenden Monat abdeckt. Unterhaltszahlungen sind insoweit nicht mit Mietzahlungen zu vergleichen, die spätestens bis zum dritten Werktag eines Monats zu entrichten sind.

Was tun bei unpünktlichen oder ausbleibenden Unterhaltszahlungen?

Gehen die Unterhaltszahlungen unpünktlich ein oder bleiben vollständig aus, müssen Sie aktiv werden. Dabei kommt es darauf an, ob Ihr Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich festgestellt und tituliert wurde oder nicht.

Ihr Unterhaltsanspruch ist rechtsverbindlich festgestellt und tituliert

Beruht Ihr Unterhaltsanspruch auf bislang freiwilligen Zahlungen des Unterhaltspflichtigen, haben Sie zwar rechtlich einen Anspruch auf Zahlung, können diesen Anspruch aber nicht durchsetzen, solange der Anspruch nicht rechtsverbindlich festgestellt ist. Dazu brauchen Sie einen Unterhaltstitel. Ein Unterhaltstitel ist eine Urkunde, die Sie berechtigt, den darin rechtsverbindlich festgestellten Unterhaltsanspruch gegebenenfalls auch zwangsweise gegen den Unterhaltspflichtigen geltend zu machen. Als Unterhaltstitel kommen

  • die Jugendamtsurkunde über die Anerkennung des Kindesunterhalts beim Jugendamt,
  • ein gerichtlicher Beschluss, in dem der Unterhaltsanspruch (Kindesunterhalt, Trennungs- oder Ehegattenunterhalt) rechtsverbindlich festgestellt wird
  • oder eine notariell beurkundete
  • oder gerichtlich protokollierte Scheidungsfolgenvereinbarung in Betracht.

Zahlt der Unterhaltspflichtige den rechtsverbindlich festgestellten Unterhalt nicht fristgerecht, empfiehlt sich zunächst eine höfliche Zahlungserinnerung, am besten in Verbindung mit einer Fristsetzung. Da Ihr Anspruch rechtsverbindlich tituliert ist, haben Sie auch Anspruch auf rückständige Unterhaltszahlungen in der Vergangenheit. Sie brauchen also nicht sofort befürchten, dass Sie Ihre Ansprüche verlieren.

Aber auch hier sollten Sie trotzdem zeitnah mahnen. Machen Sie Ihre rechtsverbindlich titulierten Ansprüche über einen längeren Zeitraum nicht geltend, obwohl Sie dies hätten tun können, riskieren Sie, dass Ihre Ansprüche „verwirken“. Verwirkung bedeutet, dass der Unterhaltspflichtige nach Ablauf einer gewissen Zeit nicht mehr damit rechnen muss, dass er wegen des Unterhalts noch immer in Anspruch genommen wird.

Bleiben die Unterhaltszahlungen nach Ihrer Mahnung und Erinnerung zur Zahlung dann noch immer aus, können Sie unter Vorlage des Titels einen Gerichtsvollzieher beauftragen, den Unterhalt per Hausbesuch beim Unterhaltspflichtigen zu vollstrecken. Oder Sie erwirken beim Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem Sie auf das Girokonto zugreifen oder das Gehalt beim Arbeitgeber pfänden.

Ihr Unterhaltsanspruch ist noch nicht rechtsverbindlich festgestellt

Tun Sie bei Zahlungsverzug des Unterhaltspflichtigen nichts, können Sie für vergangene Zeiträume keine Unterhaltszahlungen fordern. Rückwirkenden Unterhalt für die Vergangenheit bekommen Sie nur, wenn Sie den Unterhaltspflichtigen richtig in Verzug gesetzt haben (§ 1613 BGB). Allein an dieser Voraussetzung scheitern viele Unterhaltsansprüche.

Grund ist, dass sich der Unterhaltspflichtige darauf einstellen kann, dass er Unterhaltszahlungen tatsächlich auch leisten muss und vor einer stark belastenden Inanspruchnahme infolge des beständigen Anwachsens von Unterhaltsschulden für möglicherweise lange zurückliegende Zeiträume bewahrt werden soll.

Setzen Sie den Unterhaltspflichtigen hingegen ordnungsgemäß richtig in Verzug, ist klar, dass der Unterhalt auch noch rückwirkend für vergangene Zeiträume gezahlt werden muss. Ab dem Zeitpunkt der Inverzugsetzung kann und muss der Unterhaltspflichtige eventuell Rücklagen bilden.

Wie fordere ich andere zur Zahlung von Unterhalt auf – Zahlungserinnerung oder Mahnschreiben?

Fordern Sie den Unterhaltspflichtigen zur Zahlung von Unterhalt auf, geht es darum, richtig Verzug zu begründen. Sie haben folgende Optionen:

  • Sie fordern den Unterhaltspflichtigen auf, Unterhalt zu zahlen und zur Berechnung der Höhe des Unterhalts Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Es empfiehlt sich, deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass die Auskunft benötigt wird, um den Unterhaltsanspruch zu beziffern. Wichtig ist, dass Ihre Aufforderung dem Unterhaltspflichtigen zugehen muss. Dafür sind Sie im Streitfall beweispflichtig. Es empfiehlt sich, die Auskunftsaufforderung nicht nur mündlich vorzutragen, sondern schriftlich zu formulieren, gegen Quittung zu übergeben oder noch besser, einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin zu beauftragen, die den Unterhaltsanspruch in Ihrem Namen geltend macht.
  • Eine Inverzugsetzung ist auch dadurch möglich, dass Sie den Unterhaltspflichtigen dadurch mahnen, indem Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Geldbetrag fordern und dazu eine Zahlungsfrist setzen. Sie brauchen den Unterhaltsbedarf nicht konkret zu berechnen. Sie sollten jedoch keine Angaben ins Blaue hinein machen und Ihre Forderung im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen einigermaßen realistisch einschätzen.
  • Der Unterhaltspflichtige wird auch dadurch problemlos in Verzug gesetzt, dass Sie den Unterhaltsanspruch gerichtlich geltend machen und dazu eine Unterhaltsklage beim Familiengericht einreichen. Der Unterhaltsanspruch besteht dann ab dem ersten Tag des Monats, in dem die Klage zugestellt wird. Ihre Klage ist dann bei Gericht „rechtshängig“. Für die Unterhaltsklage beim Familiengericht benötigen Sie wegen des Anwaltszwangs auf jeden Fall einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin.

Sollten Sie den Unterhalt als Einmalzahlung akzeptieren?

Unterhalt ist im Voraus für den kommenden Monat zu zahlen. Er deckt den Lebensbedarf des kommenden Monats ab. Natürlich bleibt es Ihnen unbenommen, im Einvernehmen mit dem Unterhaltspflichtigen den Unterhalt für einen längeren Zeitraum als einen Monat entgegenzunehmen. Wegen der gesetzlichen Regelung, die auf die Deckung des Lebensbedarfs für den anstehenden Monat abstellt, riskiert der Unterhaltspflichtige jedoch, dass er insbesondere den Kindesunterhalt erneut bezahlen muss, sofern das Kind später erneut Geld für seinen Lebensunterhalt benötigt (§ 1614 BGB). Eine Einmalzahlung sollte daher allenfalls als Vorauszahlung für etwa drei Monate in Betracht gezogen werden.

Ist rückständiger Unterhalt zu verzinsen?

Ist der Unterhaltsschuldner in Zahlungsverzug, ist rückständiger Unterhalt zu verzinsen. Bestenfalls ist Ihr Unterhaltsanspruch samt Verzinsung rechtsverbindlich festgestellt. Dann sind die Unterhaltsrückstände während des Verzugs für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Basiszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank im Halbjahresrhythmus bekannt gegeben. Er betrug zum 1.1.2022 = -0,88 %. Dies führt dazu, dass der Verzugszins von fünf Prozentpunkten unter dem Wert von 5 % liegt und zum 1.1.2022 = 4,12 % betrug.

Fazit

Geht es um Unterhalt, gehen viele Forderungen ins Leere. Diese scheitern oft an formalen Voraussetzungen. Im Internet kursieren Begriffe wie „Mahnklage“ oder „negative Mahnung“, davon sollten Sie sich jedoch nicht beirren lassen. Es empfiehlt sich, Ihre Forderung anwaltlich prüfen zu lassen und einzufordern. Zahlt der Unterhaltsschuldner keinen Unterhalt, sind Sie wegen des Anwaltszwangs bei den Familiengericht ohnehin auf anwaltliche Unterstützung angewiesen. Um unnötige Fehlerquellen von vornherein zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin in Anspruch nehmen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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