Unzulässiger Behinderungswettbewerb: Marke in einer ASIN bei Amazon abändern und dann abmahnen

  • 6 Minuten Lesezeit

Für Verkäufer bei Amazon gilt der Grundsatz, dass das Produkt ausgeliefert werden muss, dass unter ASIN beschrieben ist. Gerade wenn ASINs schon länger existieren und eine Vielzahl von positiven Bewertungen eingesammelt haben, weckt dies bei Wettbewerbern Begehrlichkeiten. Häufig ist das Ziel, die ASIN so zu verändern, dass nur ein Verkäufer das dort angebotene Produkt exklusiv verkaufen kann. In diesem Zusammenhang spielen eigene Marken der Verkäufer eine immer größere Rolle. Wenn es für ein Produkt eine angemeldete Marke gibt, die auch bei Amazon registriert wurde und die Marke in die ASIN eingetragen wurde, handelt es sich um ein Markenprodukt. Folge ist, dass bei einer Bestellung auch das Markenprodukt des Markeninhabers ausgeliefert werden muss. Die eingetragene Marke ist bei Amazon häufig unterhalb der Artikelbeschreibung und in den Produktinformationen konkret aufgeführt.

Amazon-Seller mit Schreibrechten für eine ASIN könnten jetzt auf die Idee kommen, eine bereits vorhandene ASIN abzuändern, und zwar derart, dass ausschließlich dieser Verkäufer dann die dort beschriebene Ware bei Amazon verkaufen kann. Dies kann dadurch geschehen, indem eine bereits vorhandene Marke in der ASIN geändert wird oder bei einem generischen Produkt eine Marke hinzugefügt wird. Verkäufer, die sich an die ASIN angehängt haben, bekommen dann ein Problem. In der Regel wird nicht einmal bemerkt, dass eine weitreichende Änderung der ASIN erfolgte, nämlich durch das Hinzufügen oder das Ändern einer Marke.

Händler, die sich angehängt haben, können nach der Änderung der ASIN dann abgemahnt werden, sei es, wegen einer Markenrechtsverletzung oder wegen Irreführung, weil ein anderes, als das angebotene Produkt, ausgeliefert wird.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Angebotsmanipulation bei Amazon) sind sehr strenge Richtlinien für Amazon-Verkäufer aufgestellt worden. Händler haben eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen von ASINs. Diese Prüfungspflicht ist für sich genommen für jeden Amazon-Verkäufer eine erhebliche Belastung und mit viel Aufwand verbunden. Man könnte somit annehmen, dass Amazon-Verkäufer einer unbemerkten Änderung der ASIN schutzlos ausgeliefert sind.

LG Düsseldorf: Änderung einer ASIN kann Behinderungswettbewerb sein 

Das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Az: 38 O 2/21) hatte über folgenden Fall zu entscheiden, der bei Amazon eigentlich ein Klassiker ist:

Bei einer bereits existierenden ASIN wurde eine bereits eingetragene Marke in einer ASIN diese Marke durch die eigene Marke geändert. Der Seller nahm daraufhin einen Testkauf bei einem Wettbewerber vor, der sich angehangen hatte. Er ließ diesen dann wegen Irreführung abmahnen.

In der Entscheidung ging es darum, dass der abgemahnte Händler den Abmahner wiederrum abgemahnt hatte aufgrund eines Behinderungswettbewerbs, nämlich aufgrund der Abänderung der ASIN.

Diesen Anspruch sah das Landgericht als gegeben an:

„Die Einfügung der Produktmarke in die Produktdetailseite hatte zur Folge, dass das dieser Seite zugeordnete Angebot der Klägerin mit der Änderung der Seite im Katalog irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG wurde, da die Klägerin keine mit dieser Marke gekennzeichneten Produkte führt und ihre Tätigkeit nicht darauf ausgerichtet hat, solche Ware auf eingehende Bestellungen auszuliefern. Da Änderungen von Produktdetailseiten erfahrungsgemäß von Händlern, deren Angeboten der Seite zugeordnet sind, nicht sofort bemerkt werden, ist damit zu rechnen, dass – wie auf die von dem Beklagten veranlasste Testbestellung hin tatsächlich geschehen – die Klägerin auf eingehende Bestellungen weiterhin ihre (nun nicht mehr den Beschreibungen auf der Produktdetailseite entsprechenden) Waren ausliefert, dadurch mit ihr über die Plattform abgeschlossene Kaufverträge verletzt und sich Sachmängelansprüchen wegen Falschlieferung (§ 434 Abs. 5 BGB) aussetzt.

Das Verhalten des Beklagten verletzt schutzwürdige Interessen der Mitbewerber. Die Änderung steht mit den vom Marktplatzbetreiber vorgesehenen (und von den Parteien vorgelegten) Regularien, deren Befolgung für alle teilnehmenden Händler verpflichtend ist, die sie für ihre Zulassung auf dem Marktplatz zur Kenntnis nehmen müssen und auf deren Beachtung durch andere Händler sie im Grundsatz vertrauen dürfen, nicht in Einklang.“

Des Weitern nimmt das Gericht Bezug auf die „Richtlinien für Produktdetailseiten“ von Amazon, in der zwischen Markenware und generischen Produkten unterschieden wird.

 Bei der ASIN handelte es sich ursprünglich um eine markenfreie Detailseite für ein generisches Produkt. Generische Produkte gibt es bei Amazon eigentlich nicht mehr. Eigentlich, so unser Eindruck, ist bei jeder ASIN bei Amazon unterhalb der Artikelüberschrift eine Marke angegeben. So war es auch im vorliegenden Fall, es war dort jedoch keine Marke eingetragen, sondern – wie bei Amazon häufig vorzufinden – der Name des Verkäuferkontos des Händlers.

Ob es sich im Übrigen um die gleiche Ware handelt, die einmal unter den Markenschutz fiel, beim abgemahnten Wettbewerber wiederrum nicht, war für das Gericht unerheblich.

Für das Landgericht Düsseldorf stand jedenfalls im Vordergrund, dass die Abänderung der ASIN außerhalb der für Amazon vorgegebenen Regularien erfolgte. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass interne Regularien von anderen Plattformen von der Rechtsprechung in der Vergangenheit nicht als wettbewerbsrechtlich relevant angesehen wurden.

Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung wäre ebenfalls nicht berechtigt


Das Landgericht Düsseldorf hat ausdrücklich über eine aktive Abmahnung aufgrund eines Behinderungswettbewerbes wegen der Abänderung einer ASIN entschieden. Gewehrt hatte sich der ursprünglich abgemahnte Händler.

Die gleiche Argumentation kann jedoch nach der Rechtsprechung auch verwendet werden, um z. B. gegen eine markenrechtliche Abmahnung vorzugehen, wenn die ASIN abgeändert, insbesondere durch eine Marke ergänzt wurde. Wenn nachträglich ein Markenname in eine ASIN eingefügt wird, können markenrechtliche Ansprüche nach einer Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt wie aber auch des OLG Frankfurts nicht geltend gemacht werden. Dies gilt zumindest dann, wenn zum Zeitpunkt der Änderung der ASIN ein anderer Amazon-Verkäufer die ASIN durch das Anhängen nutzt, der möglicherweise die Änderung der ASIN gar nicht bemerkt. Das OLG Frankfurt sieht es jedenfalls als Rechtsmissbrauch im Rahmen von markenrechtlichen Ansprüchen an, wenn der Markeninhaber nach einer Änderung der ASIN nur kurze Zeit später durch eine Abmahnung den Abgemahnten „bewusst in die Falle laufen lässt“.

Dokumentation der geänderten ASIN

Wichtig für eine effektive Rechtsverteidigung ist der Nachweis, dass die betroffene ASIN geändert wurde. Teilweise ist dies durch Archivseiten möglich, teilweise kann sich die Änderung bereits daraus ergeben, dass die Artikelüberschrift regelmäßig Bestandteil der Bestellinformation ist. Ein Vorteil ist es auch, wenn der Abgemahnte die ASIN selbst angelegt hat.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie haben eine Abmahnung erhalten, weil sie sich bei Amazon an eine ASIN angehangen haben?

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, weil sie sich bei Amazon an eine ASIN angehangen haben und dadurch angeblich ein Markenrecht verletzt haben sollen oder sie irreführend gehandelt haben sollen, berate ich sie gerne. Sie können sich über die unten angegebenen Kontaktmöglichkeiten einfach mit mir in Verbindung setzen.

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.

Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Johannes Richard

Beiträge zum Thema